Erschienen in:
15.04.2019 | Psychoanalyse | Originalarbeit
Psychoanalytiker im Alter
verfasst von:
Prof. Dr. med. Michael Ermann
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
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Ausgabe 2/2019
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Zusammenfassung
Altern bedeutet Rückblick und Abschied nehmen. Die Begegnung mit Einschränkungen und eventuell mit Krankheit und Verfall ist eine Herausforderung, die das narzisstische Gleichgewicht angreift. In dieser Lebensphase geht es um die Anerkennung der Endlichkeit – oder um Resignation.
Die Berufswahl als Psychoanalytiker ist bei vielen mit der Vorstellung von Alterslosigkeit verknüpft. Umso härter kann die Realität der Endlichkeit sie treffen, wenn sie mit dem Älterwerden erfahren, dass sie weniger gesucht und gefragt werden. Altersbedingte Einschränkungen mentaler, für den Beruf unabdingbarer Funktionen werden zu Herausforderungen, die leicht in Resignation münden oder der Verleugnung anheimfallen. Diese Herausforderung erfordert eine Art von Trauerarbeit, die zur Anerkennung der Realität des Alterns führen kann, und eine veränderte Identität, die Altersweisheit ermöglicht. Wenn sie misslingt, droht die Gefahr, aus eigenen Interessen an Patienten festzuhalten und ihre zu vernachlässigen. Interkollegiale Gespräche und Prozessbegleitung oder auch eine Alterspsychotherapie können den Übergang und den Ruhestand erleichtern sowie neue Perspektiven auf das Altern eröffnen.