„Rare Land“ – ein Film lenkt den Blick auf seltene Erkrankungen

Mehr Bewusstsein für seltene Erkrankungen, das soll nun ein Spielfilm schaffen. „Rare Land“ erzählt die Geschichte eines griechischen Jungen, der an Alpha-Mannosidose erkrankt. Das Schicksal eines Kindes mit der seltenen Erbkrankheit Alpha-Mannosidose wird zum Thema eines Spielfilms gemacht – kann das gelingen? Der griechischstämmige US-Regisseur Efthimis Hatzis hat sich dieser Herausforderung gestellt. „Rare Land“ heißt der Film, der jetzt in Rom vorgestellt worden ist. Er löst Beklemmung und Hilflosigkeit aus. Am Ende aber siegt die Hoffnung. In einem kleinen und idyllischen Ort an der griechischen Küste sind der zwölfjährige Alexander und sein älterer Bruder auf einer Pier mit Fahrrädern unterwegs. Am Ende der Pier verliert Alexander die Orientierung. Ihm wird schlecht und schwarz vor Augen, er stürzt ins Meer. Viele Menschen eilen herbei, Alexander wird gerettet, aber dieser Tag verändert sein Leben. Nichts bleibt so, wie es war. „Der Moment, in dem der Junge in den Tiefen des Wassers versinkt, ist Startpunkt für eine Odyssee“, erläutert Regisseur Hatzis, der in der New Yorker Bronx aufwuchs und in Griechenland lebt. „Das ist ein Monster“ Alexanders Schwindelattacken wiederholen sich. Worunter leidet er? Ärzte tappen zunächst im Dunkeln. Schließlich wird Alpha-Mannosidose diagnostiziert. Weltweit ist derzeit schätzungsweise einer von 1.000.000 Menschen von dieser Erbkrankheit betroffen. Bei Alexander weiten sich die Symptome in den Wochen danach immer stärker aus, er klagt über motorische Störungen und Hörprobleme. „Das ist ein Monster“, lästern die Kinder in seinem Heimatdorf. Die Auswirkungen der Krankheit bringen das Leben der Familie ins Wanken. Der Berufsalltag von Alexandros Mutter Maria verläuft eigentlich leise und strukturiert. Sie ist Museumswärterin, bewacht griechische Statuen. Maria kann und will die neue unberechenbare Situation nicht akzeptieren, sie reagiert wütend und hilflos und beginnt zunehmend, ihren Sohn abzulehnen. Der Vater arbeitet als Minenarbeiter buchstäblich im Dreck. Er sieht sich in der Pflicht und versucht mehr schlecht als recht, sich den mit Alexanders Krankheit verknüpften Herausforderungen zu stellen und den zerstörerischen Dreck zumindest aus dem Familienleben herauszuhalten. Suche nach Orientierung Der Alltag der Familie wird mit minimalen Kamerabewegungen erfasst. Nichts wirkt gestellt, die Zusammenhänge sind einfach nachzuvollziehen – und zunehmend stellt sich beim Betrachter Bedrückung ein, denn Alexanders Not wird immer größer. Vier Menschen suchen nach Orientierung und sind völlig überfordert. Ein alter Arzt mit viel Erfahrung übernimmt Alexanders Behandlung. Er hat in den USA eine vielversprechende medizinische Karriere aufgegeben und sich bewusst für eine Arbeit in einem griechischen Provinzhospital entschieden. Er weiß, dass es für diese Krankheit durchaus Medikamente gibt, in Griechenland aber sind sie noch nicht verfügbar. In der Familie steigt die Hoffnung, doch alle Versuche, diese Arzneimittel zu bekommen, scheitern, sie sind für Alexanders Eltern unerschwinglich. Liebenswert, einzigartig und zugleich kampfbereit Der Junge resigniert nicht, er kämpft mit großer Energie gegen wachsende Ängste. Alexander will leben. Sein unbändiger Wille entfaltet eine positive Wucht. Die Mutter, die ihren Sohn lange beschützen und damit seiner Freiheit berauben wollte, erfährt eine Läuterung. Sie schafft es, Alexander so anzunehmen, wie er ist – von der Krankheit gezeichnet, unvollkommen, liebenswert, einzigartig und zugleich kampfbereit, weil Aufgeben für ihn keine Option ist. Alpha-Mannosidose Alpha-Mannosidose ist eine seltene, genetisch bedingte Erkrankung aus der Gruppe der lysosomalen Speicherkrankheiten. Es wird angenommen, dass etwa einer von 1.000.000 Menschen erkrankt ist. Den Patienten fehlt das Enzym Alpha-Mannosidase, welches die Mannose, eine bestimmte Zuckerart, in den Lysosomen der Zellen abbaut. Durch das Fehlen des Enzyms reichert sich der Zucker in den Zellen an und stört ihre Funktionsfähigkeit. Hierbei sind Zellen verschiedenster Gewebe und Organe betroffen, wie Muskeln, Nerven, Knochen oder Gelenke. Je nach Ausprägung fallen die Kinder schon in jungen Jahren mit einer Hörstörung, einer erhöhten Infektanfälligkeit, einer auffälligen Gesichtsform, Knochendeformierungen und/oder Lernschwierigkeiten auf. Später können Schwierigkeiten beim Gehen, Muskel- und Gelenkschmerzen und psychische Auffälligkeiten hinzukommen. Generell sind die Symptome sehr vielfältig, was die Diagnosestellung erschwert. Alpha-Mannosidose ist eine fortschreitende Erkrankung. Die meisten Patienten werden derzeit rein symptomatisch behandelt. Seit 2018 gibt es jedoch einen neuen Therapieansatz, die sogenannte Enzymersatztherapie. Diese ersetzt bei Patienten mit Alpha-Mannosidose das fehlende oder nicht funktionsfähige Enzym Alpha-Mannosidase. Die Enzymersatztherapie kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Je früher die Patienten diagnostiziert und therapiert werden, desto höher ist die Chance, von der Therapie zu profitieren. Das italienische Pharmaunternehmen Chiesi hat das Filmprojekt finanziert, ohne dabei Vorgaben für das Produktionsteam zu machen. Stavros Theodorakis , Präsident von Chiesi Hellas, hatte die Idee für die Geschichte. Er ließ sich inspirieren vom Schicksal des ersten Patienten in Griechenland mit der Diagnose Alpha Mannosidosis, dem es nicht gelang, innovative Medikamente zu bekommen. Medizinischer Fortschritt sollte allen zugänglich sein Giacomo Chiesi, Leiter von Chiesi Global Rare Diseases, lässt vor diesem Hintergrund keinen Zweifel, dass der medizinische Fortschritt ausnahmslos für alle Betroffene gesichert werden muss – und das bedeute insbesondere auch für Menschen mit seltenen Erkrankungen Chancengleichheit beim Zugang zu Diagnostik und Therapien: „Not one single person should be left behind!“, stellt Chiesi klar. Je größer und präsenter das Wissen um Alpha-Mannosidose ist, umso eher werden die Symptome im richtigen Kontext eingeordnet. Der Film soll dazu beitragen, insbesondere Eltern und Ärzte für Anzeichen der Erkrankung zu sensibilisieren. So kann die Chance auf eine frühere Diagnose und Behandlung vergrößert werden. Was kann ein Film beitragen? Aber ist ein (Kurz-)Spielfilm tatsächlich geeignet, diese Botschaften zu transportieren? „Unbedingt“, sagt Pädiater Dr. Carlo Dionisi-Vici vom Bambino Gesù Children’s Research Hospital in Rom, der das Filmteam beraten hat. Er setzt darauf, dass mit diesem Konzept Menschen angesprochen werden, die sonst gar nicht erst erreicht würden. „Wir können auf diese Weise Wissen über Bereiche der Medizin verbreiten, die allzu oft wegen ihrer Komplexität vernachlässigt werden, die aber eigentlich eine viel größere Aufmerksamkeit verdient haben – gerade auch mit Blick auf Weiterentwicklungen in der medinischen Forschung und den damit verbundenen positiven Folgen für Patienten“, stellt Dionisi-Vici klar. Chiesi setzt darauf, dass der Film seine positive Wirkung nicht verfehlt. „Rare Land“ soll jetzt weltweit zur Teilnahme an Filmfestivals eingereicht werden. Zum Trailer von „Rare Land“: https://www.efthimioshatzis.com/film-work/rare-land Quelle: Ärzte Zeitung

Springer Medizin

„Rare Land“ – ein Film lenkt den Blick auf seltene Erkrankungen

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet Pädiatrie

Neuer Typ-1-Diabetes bei Kindern am Wochenende eher übersehen

Neue Studienergebnisse zur Myopiekontrolle mit Atropin

Spinale Muskelatrophie: Neugeborenen-Screening lohnt sich

Fünf Dinge, die im Kindernotfall besser zu unterlassen sind

Update Pädiatrie