18.04.2024 | Myotonie | Leitlinie
Myotone Dystrophien, nichtdystrophe Myotonien und periodische Paralysen
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
Erschienen in: DGNeurologie | Ausgabe 3/2024
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Im Dezember 2018 ließ die europäische Kommission Mexiletin zur Behandlung erwachsener Patienten mit nichtdystropher Myotonie zu. Seit Februar 2019 ist Mexiletin mit dieser neuen Indikation in Deutschland als verschreibungsfähiges Medikament verfügbar. Die Einzeldosis beträgt 167 mg.
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In der Schweiz und in Österreich gelten für die Verordnung von Mexiletin abweichende Bedingungen.
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Zukünftige Therapieoptionen (aktuelle klinische Studien):
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Myotone Dystrophie Typ 1: Neben symptomatischen Therapien werden einige ursächliche therapeutische Ansätze im Rahmen von klinischen Studien der Phasen 1/2 getestet.Besonders erwähnenswert sind Therapien mit ASO oder „small molecules“, die eine Degradierung (Abbau) oder reduzierte Expression von DMPK-mRNA erzielen (ACHIEVE-Studie Phasen 1/2 und MARINA-Studie Phasen 1/2). Für die kongenitale myotone Dystrophie (CDM) befindet sich das Präparat Tideglusib (GSK3B-Hemmer) in der Phase 3 (REACH-CDM).
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Myotone Dystrophie Typ 2, nichtdystrophe Myotonien: aktuell keine laufenden Studien zu neuen ursächlichen Therapien.
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Eine neue Studie zu dem Karboanhydrasehemmer Dichlorphenamid zeigte, dass er sowohl bei hypokaliämischer als auch bei hyperkaliämischer periodischer Paralyse die Attackenfrequenz senkt, allerdings war der Unterschied bei der hyperkaliämischen Lähmung nicht signifikant [48]. Bei dieser Studie handelt es sich um die Kombination zweier randomisierter Untersuchungen über 9 Wochen, kombiniert mit einer 1‑jährigen Extensionsphase, bei der alle Teilnehmer Dichlorphenamid erhielten. Die Studie wurde gegen Placebo durchgeführt; der ursprünglich geplante Vergleich mit Azetazolamid wurde abgebrochen, weil die an der Studie teilnehmenden Patienten/Patientinnen Dichlorphenamid aufgrund subjektiv besserer Wirksamkeit vorzogen und deshalb keine Gruppe für einen Vergleich Dichlorphenamid/Azetazolamid gebildet werden konnte. Die Hauptnebenwirkungen waren Parästhesien, Nierensteinbildung und eine Verlangsamung des Denkens. Die Studie erlaubte keine Rückschlüsse auf die Beziehung zwischen Wirksamkeit und Genotyp; die häufigste Mutation war T704M (Nav1.4) bei der hyperkaliämischen Lähmung und R528H (Cav1.1) und R1239H (Cav1.1) bei der hypokaliämischen Lähmung. Ein Patient in der hypokaliämischen Gruppe mit der pathogenen Variante pR222W (Nav1.4) verschlechterte sich. Dichlorphenamid ist inzwischen als Keveyis in den USA im Handel. In der Europäischen Union ist Dichlorphenamid (noch) nicht zugelassen; es hat aber den Status einer „orphan drug“ und ist somit verordnungsfähig.