Erschienen in:
31.01.2022 | Hormonsubstitution | Arzneimitteltherapie
Differenzierter Einsatz von Gestagenen in der kombinierten Hormonersatztherapie – Einfluss auf das Mamma- und Endometriumkarzinomrisiko
verfasst von:
Prof. Dr. Clemens Tempfer, MBA
Erschienen in:
Gynäkologische Endokrinologie
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Ausgabe 2/2022
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Zusammenfassung
Gestagene werden im Rahmen einer Hormonersatztherapie (HRT) eingesetzt, um den proliferativen Effekt der Östrogenkomponente auf das Endometrium zu antagonisieren. Gestagene induzieren allerdings auch Effekte, die das Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil der kontinuierlich-kombinierten oder sequenziellen HRT gegenüber der Östrogenmonotherapie signifikant verändern. Die Anwendung einer kontinuierlich-kombinierten oder sequenziellen HRT mit synthetischen Gestagenen wie Medroxyprogesteronacetat erhöht das Brustkrebsrisiko in geringem, aber statistisch nachweisbarem Ausmaß. Absolut entspricht dies 8 zusätzlichen invasiven Mammakarzinomen pro 10.000 Frauen pro Anwendungsjahr. Ob es sich um eine Tumorpromotor- oder Tumorinitiatorwirkung handelt, ist unklar. Prospektive und retrospektive Kohortenstudien zeigen, dass das erhöhte Brustkrebsrisiko unter einer kontinuierlich-kombinierten HRT von der Art des verwendeten Gestagens abhängig ist. Während das relative Risiko bei kombinierter Therapie mit synthetischen Gestagenen wie Medrogeston, Chlormadinonacetat und Cyproteronacetat signifikant anstieg, wurde für Östrogene in Verbindung mit Dydrogesteron und mikronisiertem Progesteron keine signifikante Zunahme des Brustkrebsrisikos nachgewiesen. Die Anwendung von Progesteron im Rahmen einer HRT ist daher empfehlenswert. Neben dem Mammakarzinom ist auch das Endometriumkarzinom als gestagenabhängige Nebenwirkung einer HRT zu betrachten. Das Risiko eines Endometriumkarzinoms kann bei Anwendung von synthetischen Gestagenen nicht nur gegenüber einer Östrogentherapie reduziert, sondern sogar gegenüber Nichtanwenderinnen im Sinne eines Präventionseffekts aktiv gesenkt werden. Dieser Effekt ist zeit- und dosisabhängig und bei synthetischen Gestagenen stärker ausgeprägt als bei Progesteron.