Aut-idem-Kreuz: Nicht nur auf die Quote schauen!

Unwirtschaftlich verordnet – dieser Vorwurf wird Ärzten oft gemacht, wenn sie auf Aut-idem-Quoten von 30, 40 oder mehr Prozent kommen. Dabei zeigt ein aktuelles Projekt, dass hohe Quoten für die Arzneitherapiesicherheit sogar erforderlich sind. Eine Aut-idem-Quote von über 40 Prozent ist in einer Praxis, die einen hohen Anteil chronisch kranker, multimorbider Patienten betreut keine Seltenheit, sagt Thomas Rampoldt, Geschäftsführer der Ärztegenossenschaft Nord eG. Zumindest dann, wenn es sich bei diesen Patienten überwiegend um Senioren handelt. Zu diesem Ergebnis sei die Ärztegenossenschaft Nord eG im Rahmen eines gemeinsamen Projekts mit der Barmer GEK gekommen. Das Projekt, an dem das Ärztenetz Neumünster sowie rund 100 dort eingeschriebene Patienten beteiligt sind, läuft zwar noch und hat zum Ziel, die Arzneimittelbehandlung bei multimorbiden Patienten besser zu strukturieren – eine Arbeitsgruppe hat genau dazu aber bereits erste Maßnahmen erarbeitet. Dabei habe sich gezeigt, dass es für die Patienten wichtig ist, dass sie sich auf ihre individuellen Arzneimittelpläne, die die Praxis mit ihnen erstellt, auch langfristig verlassen können. „Die rosafarbene Tablette sollte also auch in drei Jahren noch rosa sein“, so Rampoldt. Packungsschwankung birgt Risiko Hier gehe es um die Frage der Arzneimittelsicherheit – genauer, die Vermeidung von Verwechslungen der Tabletten. Gerade bei älteren Patienten dürften vorhandene Verhaltensmuster nicht permanent geändert werden. „Auch Schwankungen bei Packungsinhalten – etwa N1 mit 6 oder 9 Tabletten – von Hersteller zu Hersteller können der Grund für ein Aut-idem-Kreuz sein“, sagt er. Rampoldt reagiert damit auf die jüngsten Berichte aus Bremen: Dort wollen mehrere Kassen Ärzte der Region überprüfen, weil insgesamt bei einem Fünftel der Verordnungen in Bremen ein Aut-idem-Kreuz gesetzt wurde. Rampoldt: „Wir dürfen ja in der ganzen Diskussion nicht außer Acht lassen, dass am Ende der Arzt für die richtig umgesetzte Arzneimitteltherapie verantwortlich ist und weder der Apotheker – der gegen ein Rabattpräparat austauschen soll – noch die Krankenkasse – die Rabattverträge schließt – hier in der Verantwortung stehen.“ Belohnung für gesetztes Kreuz? Rampoldt räumt auch mit dem immer wieder vorgebrachten Argument der Unwirtschaftlichkeit auf. Wer das Kreuzchen auf der Verordnung setzte, verordne deshalb noch nicht „unwirtschaftlich“. Denn das Setzen des Aut-idem-Kreuzes selbst löse ja keine Kosten aus, sondern lediglich das verordnete Präparat. Das hätten auch die Kassen in einigen Verträgen der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) erkannt. Dort gebe es zum Teil eine „Grün-Klick-Quote“, das heißt die Kassen belohnen das Setzen des Aut-idem-Kreuzes, wenn der Arzt die Rabattpräparate der jeweiligen Kasse verordnet, sogar durch zusätzliches Honorar. „Es kann nicht sein, dass das eine in Ordnung ist, das andere aber pauschal als unwirtschaftlich deklariert wird“, sagt Rampoldt. Freilich, für den einzelnen Arzt ist es oft nicht einfach, gegen die Argumente der Kassen anzukommen, wenn die ersten Briefe in die Praxis flattern – selbst wenn es sich noch nicht um ein Prüfverfahren handelt, das weiß auch Rampoldt. Eine Null-Quote wäre aus seiner Sicht mit Blick auf die Arzneimittelsicherheit jedoch fatal. Der Fall in Bremen Bei fast 21 Prozent aller Verordnungen setzten Bremens Ärzte im vergangenen Jahr das Aut-idem-Kreuz. Das zeigte kürzlich eine Auswertung des Beratungsunternehmens IMS Health. Damit liegen sie bundesweit an der Spitze. Bei einzelnen Praxen lag die Quote sogar bei 75 bis 100 Prozent. Manipulation im Spiel? Es kam die Vermutung auf, dass per Praxissoftware die Kreuze automatisch auf die Rezepte gedruckt werden. Belegt ist das bislang jedoch nicht. Mehrere Bremer Kassen kündigten an, Ärzte des Landes überprüfen zu wollen.

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