Aggressive Volumentherapie bei akuter Pankreatitis vermeiden!

Aggressive Flüssigkeitszufuhr in der Frühphase einer akuten Pankreatitis erhöht das Risiko einer Volumenüberladung, ohne die Gefahr von lokalen Komplikationen oder Organversagen zu senken. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. In der Frühphase einer akuten Pankreatitis ist die Flüssigkeitstherapie von zentraler Bedeutung, da bei Hypovolämie die Häufigkeit von Pankreasnekrosen und die Mortalitätsrate zunehmen. Strittig ist allerdings das richtige Maß des Volumenersatzes, kleinere randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit teilweise sehr spezifischen Aufnahmebedingungen sind hier zu widersprüchlichen Ergebnissen gelangt. Klarheit schafft nun die WATERFALL-Studie, ein Vergleich von zielgerichteter aggressiver und moderater Volumentherapie in einer multizentrischen RCT mit breiten Einschlusskriterien. In die Studie sollten eigentlich über 700 Patienten und Patientinnen aufgenommen werden, eine geplante Interimsanalyse der ersten 249 Teilnehmer brachte aber das vorzeitige Aus. Der Grund: Die Gruppe mit der aggressiven Therapie hatte im Sicherheitsendpunkt signifikant schlechter abgeschnitten, ohne dass bei der Wirksamkeit ein Vorteil zu erkennen war. Kein Unterschied in der Wirksamkeit Alle Teilnehmenden hatten seit maximal acht Stunden die Diagnose einer milden akuten Pankreatitis (nach der revidierten Atlanta-Klassifikation) und seit maximal 24 Stunden Beschwerden; ausgeschlossen waren u. a. Patienten mit Herzinsuffizienz, unkontrollierter Hypertonie, Hypo- oder Hypernatriämie, chronischer Pankreatitis oder chronischem Nierenversagen. 122 wurden der aggressiven Volumentherapie zugewiesen, bestehend aus einem Bolus von 20 ml/kg KG Ringer-Laktat-Lösung in den ersten zwei Stunden, gefolgt von einer Flüssigkeitsgabe von 3 ml pro kg KG und Stunde. Die moderate Volumentherapie, der 127 Patienten zugeteilt wurden, beinhaltete nur im Fall einer Hypovolämie einen initialen Bolus von 10 ml/kg KG, die anschließende Flüssigkeitszufuhr erfolgte mit 1,5 ml pro kg KG und Stunde. Nach 12, 24, 48 und 72 Stunden wurden Untersuchungen und Laborkontrollen durchgeführt und die Flüssigkeitszufuhr entsprechend angepasst. Im Median erhielten die Patienten in den ersten 72 Stunden 8,3 bzw. 6,6 l Ringer-Laktat-Lösung. Primärer Studienendpunkt war die Entwicklung einer moderaten bis schweren Pankreatitis während des stationären Aufenthalts, mit Raten von 22,1% bei aggressiver und 17,3% bei maßvoller Volumengabe bestand kein signifikanter Unterschied. Statistisch bedeutungslos waren auch die Differenzen beim Organversagen (7,4% vs. 3,9%) und bei lokalen Komplikationen (20,5% vs. 16,5%). Fast dreimal so viele Hypervolämien In der aggressiv behandelten Gruppe kam es jedoch signifikant häufiger zu einer Flüssigkeitsüberladung, eine Rate von 20,5% gegenüber 6,3% entsprach fast einer Verdreifachung des Risikos. „Das heißt, die aggressive Flüssigkeitstherapie führte zu einem höheren Risiko der Volumenüberladung und zeigte nicht den postulierten Nutzen bei den krankheitsspezifischen Ergebnissen“, konstatiert die internationale Studiengruppe um Enrique de-Madaria von der Universitätsklinik im spanischen Alicante. "Frage endgültig beantwortet" Laut dem Verfasser eines begleitenden Editorials wird die Frage, wie viel Ringer-Laktat-Lösung zu viel ist, durch die WATERFALL-Studie „endgültig“ beantwortet, die Ergebnisse der Studie seien „eindrucksvoll und nicht zu widerlegen“, so Timothy Gardner vom Dartmouth-Hitchcock Medical Center in New Hampshire (https://doi.org/10.1056/NEJMe2209132). Für die Klinik bedeute das, dass die Flüssigkeitszufuhr mit nicht mehr als 1,5 ml pro kg KG und Stunde erfolgen und ein Bolus von 10 ml nur im Fall einer Hypovolämie gegeben werden solle. Außerdem sei in den ersten 72 Stunden eine sorgfältige klinische und hämodynamische Überwachung nötig, um die Patienten normovolämisch zu halten und eine Hypervolämie zu vermeiden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Ist eine aggressive einer maßvollen Volumentherapie in der Frühphase einer akuten Pankreatitis überlegen? Antwort: Nein. Mit der aggressiven Therapie steigt das Risiko einer Hypervolämie, ohne dass dies positive Auswirkungen auf den Verlauf der Pankreatitis hätte. Bedeutung: Die Volumentherapie sollte zielgerichtet und nicht aggressiv erfolgen. Einschränkung: Studie vorzeitig abgebrochen, daher keine definitive Aussage zum primären Endpunkt möglich.

Springer Medizin

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