Real-World-Daten sprechen für subkutane Immuntherapie (SCIT)

Albertsen Foto / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell) × Die allergenspezifische Immuntherapie ist gegenwärtig die einzige kausale Therapie für Immunglobulin(Ig)E-vermittelte allergische Erkrankungen, vorausgesetzt, sie wird über mindestens drei Jahre kontinuierlich durchgeführt. Ob sie erfolgreich ist, hängt wesentlich auch von der Adhärenz der Patientinnen und Patienten ab, die wiederum eng an die Art der Verabreichung geknüpft ist. Im Falle der Pollenallergie gibt es zwei verschiedene Therapieoptionen: Die subkutane (SCIT) und die sublinguale (SLIT) Immuntherapie. Eine aktuelle Analyse langfristig erhobener Real-Wold-Daten hat gezeigt, dass die SCIT im Hinblick auf Langzeiteffekte und Adhärenz gegenüber der SLIT Vorteile hat. Real-World-Daten unterstützen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte bei Therapieentscheidungen und gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie ergänzen randomisierte klinische Studien, die nach wie vor als Goldstandard der evidenzbasierten Medizin nicht in Frage stehen: Für randomisierte Studien spricht der Einschluss einer spezifischen, definierten Patientenpopulation unter kontrollierten standardisierten Bedingungen, die doppelblind und Placebo-kontrollierte Durchführung und die dadurch valide Beurteilung von Wirksamkeit und Sicherheit. Real-World-Daten dagegen basieren auf sehr großen Patientenzahlen und haben eine hohe statistische Aussagekraft. Anders als in klinischen Studien werden auch Subpopulationen berücksichtigt, d.h. die Praxisrealität abgebildet, sodass auch der Schweregrad der Erkrankung einfließt und z.B. auch Patientinnen und Patienten mit Rhinitis plus Asthma oder Polyallergiker separat analysierbar sind. Wertvoll für die Wahl einer Therapie sind zudem Aussagen über die Adhärenz im Praxisalltag und Langzeitdaten. Da es bislang an verlässlichen Daten aus dem Praxisalltag mangelt, hat die European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) ein systematisches Review über Beobachtungsstudien zur Allergenimmuntherapie (AIT) initiiert. Im Interesse einer besseren Patientenversorgung fordert die Fachgesellschaft deshalb z.B. mehr Register zur Allergenimmuntherapie, die auf Basis standardisierter Protokolle aussagekräftige Real-World-Evidence generieren und Therapieentscheidungen im klinischen Alltag erleichtern [1]. AIT ist Therapie der Wahl Allergische Rhinitis (AR) ist seit Jahren auf dem Vormarsch [2], schränkt die Lebensqualität der Betroffenen massiv ein und ist zudem mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines allergischen Asthmas verbunden [3]. Therapie der Wahl bei AR und allergischem Asthma ist die Allergen-Immuntherapie (AIT), die als einzige der verfügbaren Optionen die zugrundeliegende Krankheit modifizieren und ggf. eine Remission der Symptomatik über mehrere Jahre ohne weitere AIT bewirken kann – vorausgesetzt, sie wird über mindestens drei Jahre hinweg durchgeführt [4, 5]. Der Erfolg der Therapie ist deshalb direkt an die Adhärenz der Patientinnen und Patienten gekoppelt. Für die Therapie kommen mit der subkutanen (SCIT, z.B. mit Allergovit®) und sublingualen (SLIT) Immuntherapie zwei Optionen in Frage. Die SCIT-Injektion ist in der Regel dem Arzt oder der Ärztin vorbehalten. Vor allem während der Induktionsphase sind damit regelmäßige Arztbesuche und eine Überwachung nach der Injektion erforderlich. Die SLIT jedoch kann nach einer ersten Einweisung zu Hause von den Betroffenen selbst eingenommen werden. Auf den ersten Blick könnten das manche Patientinnen und Patienten bevorzugen. Inwieweit sie die Therapie jedoch tatsächlich so regelmäßig, wie es für den Therapieerfolg nötig wäre, anwenden, bleibt offen. Wie es um die Adhärenz bei SCIT und SLIT bestellt ist, können Real-World-Daten zeigen. Eine aktuelle Untersuchung ging dieser Frage bei Betroffenen mit Gräser- und Baumpollen-induzierter allergischer Rhinitis und Asthma nach [6]. Langzeitdatenanalyse spricht für SCIT In die retrospektive Kohorten-Analyse flossen Daten aus der IMS LRx® Datenbank (IQVIA, Frankfurt a.M.) ein. Bei der Datenerhebung (die nach Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes stattfand) handelt es sich um Verschreibungsdaten aus deutschen Apotheken, die etwa 60% aller GKV-Rezepte enthalten, d.h. einen Pool von >40 Mio. Patientinnen und Patienten darstellen. Die Analyseperiode umfasste die Jahre 2008 bis 2017, das Follow-up betrug bis zu sechs Jahre und die Medikation wurde über die Pharmazentralnummer (PZN) zugeordnet. Für die Analyse wurden AR- bzw. Asthma-Erkrankte mit AIT mithilfe von „Matching“ mit denjenigen verglichen, die nur symptomatische AR- bzw. Asthma-Therapien erhalten hatten. Studienendpunkte waren Therapie-Adhärenz, Progression einer allergischen Rhinitis und Progression eines allergischen Asthmas. Die Effekte von SCIT oder SLIT wurden nach Adjustierung von Störfaktoren wie Demographie und Verordnung mittels multivariater Regressionsanalyse ermittelt. Bessere Adhärenz unter SCIT Die Auswertung ergab deutliche Vorteile für die SCIT hinsichtlich der Adhärenz. Für beide untersuchten Pollentypen war die Adhärenz in den ersten beiden Therapiejahren bei der SCIT gegenüber der SLIT besser: Für Gräser- und Baumpollen wurde unter SCIT nach zwei Jahren eine Adhärenz von 60,1–61,8% und unter SLIT 29,5–36,5% erzielt. Ein Vergleich zwischen verschiedenen Altersgruppen ergab, dass Kinder die höchste Adhärenz zur SCIT zeigten, gefolgt von Jugendlichen und Erwachsenen. Die Adhärenz zur SLIT bei Jugendlichen war dagegen schlechter als bei Erwachsenen. Bestätigt wurden diese Ergebnisse auch durch die Analyse der Therapietage (DOT) für die SCIT-Gruppe, die mehr als doppelt so lange in der Therapie waren als die der SLIT-Gruppe (Abb.1) [6]. Dieses Ergebnis lässt den Schluss zu, dass die subkutane Immuntherapie mit Allergovit® Gräser- und Getreidepollen und Allergovit® Baumpollen bezüglich der Adhärenz einfacher und letztlich effektiver ist. Abb. 1 Statistische Auswertung, mittlere Anzahl der Tage unter Therapie (DOT) für perenniale SCIT versus SLIT-Tabletten bei Gräser- und Baumpollenallergikern (mod. nach [6]) Springer Medizin Verlag GmbH × SCIT: Verhinderung der Verschlechterung von AR und allergischem Asthma Inwieweit die in der Analyse berücksichtigten Patientinnen und Patienten von der jeweiligen AIT profitierten, zeigte die Abnahme der symptomlindernden Medikationen in den jeweiligen Gruppen, wobei SCIT über alle Gruppen hinweg überlegen war. Beide Optionen reduzierten den Bedarf an Medikation für allergische Rhinitis. Unter der SCIT (mit Allergovit® Gräser- und Getreidepollen) wurde sogar eine Reduktion der symptomatischen Rhinitis-Medikation um −64,8% beobachtet. Aber auch die Asthma-Medikation konnte im Follow-up nach der SCIT deutlich reduziert werden, während sie bei der Baumpollen-SLIT sogar anstieg (Abb.2) [6]. Abb. 2 Rückgang der Medikation in der Follow-up-Periode nach SCIT und SLIT (Gräser- und Baumpollen-Produkte) im Vergleich zur Kontrollgruppe (mod. nach [6]) Springer Medizin Verlag GmbH × Real-World-Daten rücken in den Fokus Geht es darum, den Nutzen von Arzneimitteln in der Praxis zu bestimmen, sind klinische Studien ungeeignet. Dass Real-World-Daten hier unverzichtbar sind, haben inzwischen auch Zulassungsbehörden (European Medicines Agency [EMA] und Food and Drug Administration [FDA]) und Kostenträger erkannt und sind zunehmend daran interessiert, zur Verbesserung der Patientenversorgung die Evidenz aus klinischen Studien durch Real-World-Evidenz zu ergänzen. Diesem Trend folgend wurde auch diese Langzeitdatenanalyse in der soeben erschienenen Leitlinie zur AIT aufgenommen [7]. Literatur Paoletti G et al., Allergy 2021Sep, 76:2663–2672 Goksor E et al., Eur Res J 2018, 52 Supp1 Ozdoganoglu T et al., Ther Adv Respir Dis 2012, 6:25–39 Roberts G et al., Allergy 2018, 73:765–798 Halken S et al., Pediatr Allergy Immunol 2017, 28:728–745 Vogelberg Ch et al., Patient Prefer Adherence 2020, 14:817–827 Pfarr O et al., Allergologie 2022, 9:643–702 Allergovit® Pollenpräparate Zusammensetzung: Allergoide in Depotform aus Pollenallergenen zur spezifischen subkutanen Immuntherapie, standardisiert in Therapeutischen Einheiten (TE), an Aluminiumhydroxid adsorbiert, mit Phenol konserviert und in physiologischer Kochsalzlösung mit Natriumhydrogencarbonat suspendiert; Wasser für Injektionszwecke. Stärke A: 1.000TE/ml, Stärke B: 10.000TE/ml. Anwendungsgebiete: Kausale Behandlung allergischer (IgE-vermittelter) Krankheiten, wie allergisch bedingtem Schnupfen (Rhinitis), allergisch bedingter Entzündung der Augenbindehaut (Konjunktivitis), allergischem Asthma bronchiale usw., die durch Exposition von nicht vermeidbaren Allergenen ausgelöst werden. Allergovit wird angewendet bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab 5 Jahren. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen einen der sonstigen Bestandteile, unkontrolliertes Asthma, irreversible Veränderungen des Reaktionsorgans, entzündliche/fieberhafte Erkrankungen, schwere akute oder chronische Erkrankungen (auch Tumorerkrankungen, aktive Tuberkulose), klinisch relevante Herz-Kreislaufinsuffizienz (bei kardiovaskulären Erkrankungen erhöhtes Risiko von Nebenwirkungen nach Adrenalingabe), Erkrankungen des Immunsystems (Autoimmunerkrankungen, immunkomplexinduzierte Immunopathien, Immundefekte, Multiple Sklerose etc.), schwere psychische Störungen. Nebenwirkungen: Lokal- und/oder systemische Reaktionen (bis zum anaphylaktischen Schock), dann sofort die Allergenzufuhr unterbrechen. Vertigo; Tachykardie; Palpitationen; Herzrasen; Bindehautödem; Konjunktivitis; Konjunktivitis allergisch; Augenjucken; Augenreizungen; Mydriasis; okuläre Hyperämie; Schwellung des Augenlids; Lippenschwellung; oraler Pruritus; Glossodynie; Gastrointestinale Erkrankung; Hypersalivation; Übelkeit; Erbrechen; Diarrhoe; an der Injektionsstelle: Erythem, Juckreiz, Schwellung, Schmerz, Reaktion, Urtikaria, Bläschen, Wärme, Überwärmung, Beschwerden, Ekzem, Erosion, Hämatom, Blutung, Überempfindlichkeit, Hypästhesie, Verhärtung, Knötchen, Ödem, Parästhesie, Granulom; Unwohlsein; Unbehagen; Schmerz; periphere Schwellung; Angioödem; peripheres Ödem; Gesichtsödem; Schwellung; Fieber; Hitzegefühl; Müdigkeit; Schlafstörung; Brustkorbbeschwerden; Harninkontinenz; Asthenie; anaphylaktische Reaktion; anaphylaktischer Schock; Bewusstlosigkeit; Synkope; Appetit erhöht; Gewichtszunahme; Angstgefühl; Tremor; Nasopharyngitis; Rhinitis; allergische Rhinitis; nasaler Pruritus; Rhinorrhoe; Niesen; Nasenverstopfung; Asthma; Husten; Pseudokrupp; Dyspnoe; Schmerzen im Oropharynx; vermehrte Sekretion im Bereich der oberen Luftwege; nasaler Juckreiz; Rachenreizung; Giemen; Engegefühl des Halses; Dysphagie; Blutdruck erniedrigt; Blutdruck diastolisch erhöht; Blutdruck systolisch erhöht; orthostatische Hypotension; forciertes Exspirationsvolumen erniedrigt; exspiratorischer Spitzenfluss erniedrigt; Arthralgie; Schmerz in einer Extremität; Kopfschmerzen; Schwindelgefühl; Parästhesie; Überempfindlichkeitsreaktion; Migräne; Somnolenz; Unruhe; Zyanose; Kaltschweißigkeit; Dermatitis atopisch; Dermatitis allergisch; Ekzem; Neurodermitis; Verschlechterung einer Neurodermitis; Erythem; generalisiertes Erythem; Hautgranulom; Pruritus; Ausschlag; generalisierter Ausschlag; Urtikaria; Hämatom; Lymphödem. Bei der Anwendung des Dosierungsschemas mit verkürzter Aufdosierung (4 Injektionen, nur bei Gräser- und Getreidepollen und Baumpollen) können häufiger Nebenwirkungen auftreten als bei der Einleitungsbehandlung nach dem Standardschema. Die Nebenwirkungen treten überwiegend erst 30 Minuten nach der Injektion auf. Die systemischen Reaktionen sind mild und im Schweregrad nicht höher ausgeprägt als beim Standardschema. Bei der Anwendung des Ein-Stärken-Aufdosierungsschemas (3 Injektionen, nur bei Gräser- und Getreidepollen) können häufiger Nebenwirkungen auftreten als bei der Aufdosierung nach dem Standardschema. Zudem treten diese im Vergleich zur Aufdosierung mit dem Standardschema zu einem früheren Zeitpunkt in der Aufdosierungsphase auf. Die systemischen Reaktionen sind im Schweregrad nicht höher ausgeprägt als im Standardschema. Weitere Hinweise zur Dosierung, Anwendungsweise etc. siehe Gebrauchs- und Fachinformation. Verschreibungspflichtig. Stand der Information: Mai 2021. Allergopharma GmbH & Co. KG, Hermann-Körner-Str. 52, 21465 Reinbek Impressum „SCIT oder SLIT bei Pollenallergie? Real-World-Daten sprechen für subkutane Immuntherapie (SCIT)“ Literaturarbeit Bericht: Ute Ayazpoor, Mainz Artikel gedruckt in: HNO Nachrichten 5/2022 und Allergo Journal 7/2022 Mit freundlicher Unterstützung der Allergopharma GmbH, Reinbek Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Teresa Windelen Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführung: Fabian Kaufmann, Dr. Cécile Mack, Dr. Hendrik Pugge Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF-Download: SCIT oder SLIT bei Pollenallergie? - Real-World-Daten sprechen für subkutane Immuntherapie (SCIT)

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten