Diabetischer Fuß: Ohne Nekrose greifen nur Standard-Pauschalen

Die Behandlung von Patienten mit diabetischem Fuß hat ihre Tücken - auch in der Abrechnung. Der Aufwand zur Versorgung der Wunden ist hoch, und nicht immer lässt er sich über Positionen im EBM adäquat abbilden. Doch es gibt Auswege aus dem Dilemma. Eigentlich scheint alles ganz einfach: Für die Behandlung von Patienten mit diabetischem Fuß kann nach EBM neben den üblichen Pauschalen die GO-Nr. 02311 berechnet werden. Das Problem mit dieser Gebühr ist jedoch vielschichtig, bedingt durch die vielen Rahmenbedingungen, die beachtet und eingehalten werden müssen. Der Leistungsinhalt der Gebühr nach GO-Nr. 02311 ist zunächst klar formuliert: "Behandlung des diabetischen Fußes", berechnungsfähig je Sitzung und je Bein. Mit 140 Punkten bewertet, ergibt diese Leistung 14,38 Euro, also 28,76 Euro pro Sitzung, bei Versorgung beider Beine. Doch so einfach, wie sie auf den ersten Blick aussieht, ist die Behandlung des diabetischen Fußes dann doch nicht, die Liste der Ausschlüsse ist lang: Nur mit Genehmigung Die Berechnung der EBM-Nr. 02311 bedarf der Genehmigung durch die KV. Das bedeutet, dass die Genehmigung zur Abrechnung beantragt werden muss. Voraussetzung für die Beantragung ist der Nachweis darüber, dass im Durchschnitt der letzten 4 Quartale vor Antragstellung je Quartal die Behandlung von mindestens 100 Patienten mit Diabetes mellitus stattgefunden hat. Der beantragende Arzt muss zudem die Qualifikation zur Durchführung von programmierten Schulungen für Diabetiker nachweisen können. Für Fachärzte für Chirurgie, Orthopädie und Dermatologie entfällt dieser Nachweis. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, stolpert man über die nächste Hürde, den obligaten Leistungsinhalt. Darin sind zwei Punkte zwingend gefordert: Zum einen die Abtragung ausgedehnter Nekrosen der unteren Extremität beim diabetischen Fuß und zum anderen die Überprüfung und/oder Verordnung geeigneten Schuhwerks. Kurzum: Ohne Nekrose kein diabetischer Fuß und damit auch keine Voraussetzung zur Berechnung der GO-Nr. 02311. Ohne Nekrose läge nur ein diabetisches Fußulkus vor - oder einfach eine Wunde am Fuß. Die Behandlung des diabetischen Fußulkus‘ als solches ist nun zwar auch recht aufwändig. Allerdings sucht man im EBM vergebens nach einer Gebühr, die dafür anzusetzen wäre. Viele denken vielleicht an die GO-Nr. 02312: "Behandlungskomplex eines oder mehrerer chronisch venöser Ulcera cruris". Diese Gebühr scheidet jedoch aus, da es sich beim diabetischen Fußulkus eben nicht um ein venöses Ulkus handelt. Zur Behandlung eines diabetischen Fußulkus wird gegebenenfalls auch ein Kompressionsverband angelegt, womit die Abrechnung der GO-Nr. 02313 ("Kompressionstherapie bei der chronisch venösen Insuffizienz, beim postthrombotischen Syndrom, bei oberflächlichen und tiefen Beinvenenthrombosen und/oder beim Lymphödem") naheliegend scheint. Leider ist aber der Legende zufolge die Kompressionstherapie eindeutig an die Diagnosen "chronisch venöse Insuffizienz", "postthrombotisches Syndrom", "oberflächliche und tiefe Beinvenenthrombosen" und/oder "Lymphödem" gebunden. Ernüchterung folgt auf dem Fuße Wie sieht die Sache aus, wenn das diabetische Fußulkus als sekundär heilende Wunde betrachtet wird? Die Behandlung einer sekundär heilenden Wunde ist nach EBM-Nr. 02310 zu berechnen. Bei der Behandlung eines Patienten mit diabetischem Fuß wäre auch der obligate Leistungsanteil dieser GOP erfüllt. Doch die Ernüchterung kommt sofort beim Studium der Anmerkungen zur GOP 02310. Dort heißt es schon in der ersten Anmerkung: "Die Gebührenordnungsposition 02310 kann nicht berechnet werden beim diabetischen Fuß, beim chronisch venösen Ulcus cruris, bei der chronisch venösen Insuffizienz, beim postthrombotischen Syndrom, beim Lymphödem und bei oberflächlichen sowie tiefen Beinvenenthrombosen." Es zieht also keine der auf den ersten Blick sinnvollen Abrechnungsalternativen. Doch heißt das nicht, dass der Aufwand beim diabetischen Fuß häufig gar nicht abbildbar wäre. Denn: Nicht jede kleine Wunde am Fuß muss gleich zum Symptomenkomplex "Diabetischer Fuß" gehören. Insofern sind hier teilweise durchaus noch die kleinchirurgischen Leistungen (EBM-Nrn. 02300-2) zu verwenden. Eine entsprechende Dokumentation der erbrachten Leistung ist dann natürlich wichtig. Hinzu kommt, dass bei diesen Patienten besonders darauf geachtet werden muss, die möglichen hausärztlichen Leistungskomplexe wie die Vorhaltepauschale (GO-Nr. 03040, wird automatisch zugesetzt), die Chronikerpauschalen (GO-Nrn. 03220 und 03221) und die hausärztlich geriatrische Versorgung (GO-Nrn. 03360 und 03362) zu berücksichtigen und die Patienten entsprechend zu steuern. Denn mittels dieser Leistungskomplexe kann der Fallwert so gesteigert werden, dass der Mehraufwand durch die Wundversorgung jedenfalls teilweise abgedeckt ist. Dr. Dr. Peter Schlüter ist niedergelassener Allgemeinarzt in Hemsbach an der Bergstraße. Seit mehr als 20 Jahren hält er Abrechnungsseminare für niedergelassene Ärzte.

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