Die TI-Pauschale – für Praxen ein Zuschussgeschäft?

Für die Höhe der TI-Pauschale gibt es viele Determinanten: Praxisgröße, technische Ausstattung, nutzbare TI-Anwendungen. Fragt man bei den Anbietern nach den Preisen, wird es noch komplizierter. Ein Vergleich kann sich dennoch lohnen. Komplex – komplexer – TI-Pauschale: Noch komplizierter als die Regeln der Pauschale, die Praxen dafür bekommen, dass sie sich an die Telematikinfrastruktur (TI) anschließen, geht es kaum. 237,78 Euro im Monat sollen Praxen mit bis zu drei Vertragsärztinnen oder -ärzten (oder -psychotherapeuten) als TI-Pauschale I erhalten, wenn sie ihre Erstausstattung vor dem 1. Januar 2021 bekommen haben oder sich erstmals anschließen, wenn ihr Konnektor noch nicht getauscht wurde oder ein Tausch vor dem 1. Januar 2021 erfolgte und wenn alle Pflichtanwendungen installiert sind. Alles klar? Tatsächlich bleiben noch viele Fragen offen, denn: Um 50 Prozent auf 118,89 Euro im Monat reduziert wird die Pauschale, wenn Praxen mit bis zu drei Ärzten eine der Pflichtanwendungen Kommunikation im Medizinwesen (KIM), Notfalldatenmanagement, eAU, E-Rezept oder E-Medikationsplan (eMP) oder E-Arztbrief (ab März 2024) nicht nutzen. Wenn mehr als eine dieser Anwendungen fehlt, gibt es überhaupt kein Geld. Bei vier bis sechs Ärzten und Nutzung aller Anwendungen steigt die monatliche TI-Pauschale auf 282,78 Euro im Monat, bei sieben bis neun Ärzten auf 323,90 Euro und so weiter. Außerdem gibt es noch eine reduzierte TI-Pauschale II und eine TI-Pauschale III, je nach Installationszeitpunkt des Konnektors – und jeweils mit denselben Variationen nach Zahl der Ärzte und der genutzten Pflichtanwendungen. Vielfältige Preismodelle Doch selbst das ist noch nicht alles, denn bisher ging es „nur“ um die Einnahme- oder Kostenerstattungsseite für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowie -psychotherapeuten. Noch unübersichtlicher wird die Sache beim Versuch, einen Überblick darüber zu gewinnen, ob diese TI-Pauschale(n) die Kosten überhaupt tragen, die in Praxen durch den Anschluss an die TI entstehen. Denn die Preismodelle sind so vielfältig wie die TI-Pauschale selbst. Eine Umfrage bei den größeren Anbietern von Praxisverwaltungssystemen (PVS) und bei TI-Zugangsdiensten hat schnell gezeigt, dass es schlichtweg unmöglich ist, eine Tabelle zu erstellen mit klar definierten Preisen, die alle Eventualitäten berücksichtigen: zu viele Spalten für die verschiedenen TI-Pauschalen, und auch zu viele Zeilen, um darüber den Überblick zu gewinnen. CGM: „Keine allgemeingültige Aussage“ Selbst eine eindeutige Antwort auf die wichtigste Frage – ob die TI-Pauschale(n) ausreichen, um die entstehenden Kosten für den Anschluss an die TI und die Anwendungen zu tragen –, ist nicht ganz einfach und hängt vom Anbieter ab. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Faktoren in jeder einzelnen Praxis „lässt sich hierzu keine allgemeingültige Aussage treffen“, heißt es beispielsweise von Marktführer CompuGroup Medical (CGM); der Preis für den TI-Anschluss und die Anwendungsmodule für die TI-Funktionalitäten könne „in Summe die vom BMG festgelegte Förderhöhe übersteigen“. Das Unternehmen kann deshalb auch „vollkommen verstehen“, dass sich Ärztinnen und Ärzte eine höhere Erstattung gewünscht hätten. „Bei allen bleibt etwas übrig“ Die Idee des Wettbewerbs unter den Anbietern, der über die TI-Pauschale angefacht werden sollte, scheint allerdings zu funktionieren. Denn andere Anbieter lehnen sich bei dieser Frage ziemlich weit aus dem Fenster: „Aktuell bleibt bei allen etwas übrig von der Pauschale, bei größeren Praxen oder standortübergreifenden BAG sogar erhebliche Beträge“, so Jan Meincke vom Unternehmen Medisoftware. Medisoftware nehme pauschal 105 Euro plus Mehrwertsteuer für TI-Anschluss und -Anwendungen. Sollten zusätzliche verpflichtende Anwendungen hinzukommen, werde die TI-Pauschale von den KVen, die letztlich von den Krankenkassen finanziert wird, nicht mehr ausreichen, prognostiziert der Kieler Anbieter. 3 Monate zum Quartalsende ist die kürzeste angebotene Laufzeit für Verträge zur TI-Pauschale. 72 Monate ist die längste, allerdings als Option angebotene Laufzeit. Ein anderes Preismodell bietet T2med an: Weder für die Bereitstellung des TI-Anschlusses noch für die der TI-Pflichtanwendungen „erheben wir eine einmalige oder wiederkehrende Gebühr“, alles werde ohne Lizenzkosten „über die allgemeingültige Software-Pflegegebühr allen Anwendern“ zur Verfügung gestellt. Diese hätten dann einen „ausreichend großen Puffer“ für die Schaffung der Hardware-Voraussetzungen der TI, so Peter von der Burchard von T2med auf Anfrage. Ein Dreivierteljahr zur Amortisation In einer Beispielrechnung führt er an, dass sich bei einer Pauschale von 237,78 Euro „einmalige Bereitstellungskosten und -installationspauschale auf Hardwareseite innerhalb eines „knappen Dreivierteljahres amortisiert hätten“. RED Medical, Cloud-Anbieter für Praxissoftware, bringt noch einen anderen Aspekt in die Debatte. Die Pauschalen könnten zwar die direkten Kosten für TI-Anschluss und -Anwendungen abdecken, aber „die indirekten Kosten (technische Probleme, Ausfälle der TI, Mehraufwand usw.)“ würden nicht vergütet, so Geschäftsführer Jochen Brüggemann. Die Kosten bei RED für den TI-Anschluss inklusive aller Zusatzkosten für TI-Anwendungen, Praxiskarte SMC-B, eHBA und KIM liegen laut Brüggemann bei 140,33 Euro brutto. Damit verblieben in Praxen mit bis zu drei Ärzten monatlich 97,45 Euro, bei größeren Praxen mehr. Zahlungsbeginn erst Anfang 2024? Auch duria liegt bei den Preisen für TI-Anschluss und Anwendungen „ganz, ganz deutlich“ unter den 237,78 Euro im Monat für kleine Praxen, heißt es auf Anfrage. Wenn große Umstellungen anstünden oder zusätzliche Pflichtanwendungen kämen, könnten die Rechnungen aber auch wieder höher ausfallen. Psyprax meldet, dass Praxen 22,69 Euro im Monat übrig hätten, wenn sie das Abo-Modell wählen. Auf 54,81 Euro monatliche Ersparnis kommen laut Eigenauskunft Anwender von Medatixx, der Nr. 2 im Markt, wenn sie 72 Monate Laufzeit wählen, also sechs Jahre. Voraussetzung sei eine vorhandene „gut gepflegte und moderne IT-Ausstattung“. Philipp Winklhofer von Zollsoft (System Tomedo) weist darauf hin, dass viele KVen offenbar erst zum Januar 2024 die erste Erstattung der TI-Pauschale schafften, weil die Entscheidung zu den Pauschalen im Sommer so kurzfristig gekommen sei. Aber „zum jetzigen Zeitpunkt sind die Kosten für Anschluss und Anwendungen durch die TI-Pauschale kostenneutral für unsere Praxen“, schreibt er auf Anfrage. Die TI-Pauschale werde in Höhe von 169 Euro plus Mehrwertsteuer erhoben – so dass die Praxen TI-Komponenten wie eHBA und SMC-B, die nicht über Zollsoft zu beziehen seien, dennoch kostenneutral erhielten. Kompatibel oder nicht? Wettbewerbsfördernd soll bekanntlich die Spezifikation der Schnittstellen sein, die dafür sorgen soll, dass Hard- und Software aller Anbieter vollständig kompatibel miteinander sind. Funktioniert das? Es sei „wichtig, dass alle Komponenten und Dienstleistungen aus einer Hand kommen, ansonsten besteht das Schwarze-Peter-Risiko“, und am Ende sei viel Geld für unnötige Fehlersuche zu zahlen, heißt es dazu von Medisoftware. Nach den Erfahrungen von RED medical dagegen „funktionieren die Anwendungen problemlos herstellerübergreifend“. Der eigene TI-Anschluss werde „mit quasi jeder relevanten Praxissoftware“ eingesetzt. Unterschiedlich ist offenbar auch die Stabilität der Programme. Nach einer Umfrage des Zi in Berliner Praxen sind vor allem ältere Programme offenbar deutlich fehleranfälliger als jüngere. „Häufig“ über Probleme mit Prozessen in der IT klagen bei manchen Systemen nur zehn Prozent der Umfrageteilnehmer, in anderen sind es bis zu 76 Prozent. Trend zu TI as a Service Ganz klar ist der Trend hin zur „TI as a Service“, also dem Miet- oder Abo-Modell. Der Konnektortausch wird kaum noch empfohlen. Teils bevorzugen Hersteller für den Übergang eine Zertifikatsverlängerung, teils gehen sie direkt über zum Mietmodell, das Praxen das Vorstrecken der Hardwarekosten erspart. Auch wenn ein Vergleich schwerfällt, weil der Markt so unübersichtlich ist: Der Blick über den Tellerrand der eigenen Systemwelt nützt. Die unterschiedlichen Laufzeit- und Preismodelle zu kennen hilft bei der Auswahl. Auch bei TI-Anschlüssen und Anwendungen gilt immer noch: Konkurrenz belebt das Geschäft. Quelle:

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