Neue Empfehlungen zur MS-Therapie

Die beiden europäischen Fachgesellschaften ECTRIMS und EAN haben ihre Leitlinien zur MS-Therapie aus dem Jahr 2018 aktualisiert. Im Fokus stehen ein schnellerer Wechsel zur hochwirksamen Therapien und das Therapiemanagement bei Schwangeren. Auszüge stellte Professor Xavier Montalban von der Universität in Barcelona vorab auf dem aktuellen ECTRIMS-Kongress vor: Patienten mit klinisch isoliertem Syndrom (CIS) und einer hohen Wahrscheinlichkeit, eine MS zu entwickeln, sollten Ärzte eine Behandlung mit Interferonen oder Glatirameracetat anbieten. Bei schubförmiger MS sind Arzneien aus dem gesamten Spektrum der zugelassenen MS-Mittel zu wählen und dabei Faktoren wie Krankheitsaktivität, Patientenpräferenzen, Familienplanung und Begleiterkrankungen zu berücksichtigen. Bei sekundär progredienter MS mit noch bestehender entzündlicher Aktivität (Schübe, MRT-Läsionen) raten die Experten zu Siponimod. Alternativ kommen auch andere, gegen schubförmig MS zugelassene Arzneien in Betracht, wobei deren Wirksamkeit, die Erwartungshaltung der Patienten sowie Sicherheit und Verträglichkeit zu berücksichtigen sind. Haben Patienten eine sekundär progrediente MS ohne entzündliche Aktivität, raten die Fachgesellschaften, eine Behandlung mit Siponimod oder CD20-Antikörpern zu erwägen, vor allem bei sehr jungen Patienten und solchen mit einer erst kürzlich begonnenen sekundären Progression. Für MS-Kranke mit einem primär progredienten Verlauf empfehlen die Gesellschaften das dafür zugelassene Ocrelizumab, vor allem bei einer sehr frühen und aktiven Erkrankung. Was die Wahl der Medikamente betrifft, sollten Ärzte bei aktiver schubförmiger MS früh an hochwirksame Mittel denken. Solche Arzneien sind auch immer dann anzubieten, wenn die Patienten unter der bisherigen Therapie Zeichen einer Krankheitsaktivität aufweisen. Vertragen die Patienten das hochwirksame Medikament nicht oder ist die Wirksamkeit nicht ausreichend, ist ein Wechsel auf ein anderes hochwirksames MS-Medikament zu erwägen. Beim Wechsel von Natalizumab und S1P-Modulatoren ist auf Reboundeffekte zu achten Sind die Patienten unter einer Medikation stabil und frei von Krankheitsaktivität, sollte die Therapie fortgeführt werden, sofern Sicherheit und Verträglichkeit nicht dagegensprechen. Ein Stopp oder Wechsel ist auch dann zu vermeiden, wenn bei langwirksamen Therapien die Behandlung noch nicht abgeschlossen ist und neue Schübe oder MRT-Läsionen auftreten, etwa zwischen dem ersten und zweiten Zyklus mit Alemtuzumab. Hier ist zunächst das Ende der Therapie abzuwarten. Einen Schwerpunkt setzt die Leitlinie beim Management von Schwangeren. Sofern möglich, sollte eine geplante Schwangerschaft vor dem Beginn einer krankheitsmodifizierenden Therapie (DMT) erfolgen. Jüngere Frauen mit MS müssen von Ärzten darüber informiert werden, dass mit Ausnahme von Interferonen und Glatirameracetat keine DMT in der Schwangerschaft zugelassen sind. Planen Frauen mit MS eine Schwangerschaft, sollte ihnen eine Therapie mit Interferonen und Glatirameracetat angeboten werden. Die Behandlung kann dann auch in der Schwangerschaft erfolgen. Dimethylfumarat kann bis zur Bestätigung der Schwangerschaft verabreicht werden, anschließend möglichst nicht mehr. Planen Frauen mit hochwirksamen DMT eine Schwangerschaft gibt es mehrere Optionen: Ärzte können auf langwirksame Mittel wie Alemtuzumab oder Cladribin setzen, die Schwangerschaft sollte dann mit einem Mindestabstand von vier bis sechs Monaten zur letzten Dosis erfolgen. CD20-Antikörper sind möglichst zwei bis sechs Monate vor der geplanten Schwangerschaft abzusetzen. Kommt es während einer solchen Behandlung zur Schwangerschaft, sollten Ärzte die B-Zell-Werte der Neugeborenen überprüfen. Solange die Werte niedrig sind, ist auf Lebendimpfstoffe zu verzichten. Natalizumab kann über einen Sechswochenzyklus bis zum Enden des zweiten Trimesters, maximal bis zur 34. Schwangerschaftswoche verabreicht werden. Während der Stillzeit sind derzeit nur Interferone und Ofatumumab zugelassen Quelle: 37th Congress of the European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS); 13.–15. October 2021. ECTRIMS-EAN Session. Empfehlung der Redaktion Aktuelle News & Übersichten Themenseite Multiple Sklerose Auf der Themenseite Multiple Sklerose halten wir Sie über die häufigste chronisch-entzündliche ZNS-Erkrankung bei jungen Erwachsenen auf dem Laufenden.

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