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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 15.06.2022

Morbus Renander

Verfasst von: Thilo Hotfiel und Martin Engelhardt
Der Morbus Renander (Sesamoidnekrose der Großzehe) beschreibt die avaskuläre und aseptische Osteonekrose des Os sesamoideum mediale (tibiale) oder laterale (fibulare). Die Bezeichnung geht auf Axel Renander (Karlsgrund, Schweden) zurück, der die Erkrankung im Jahr 1924 erstmalig unter dem Begriff der „osteochondropathy“ publizierte. Epidemiologisch sind vor allem junge Frauen mit einem Altersgipfel zwischen dem 18. und 30. Lebensjahr betroffen. Berichtet werden persistierende plantare Schmerzen unter dem MTP-I-Gelenk, die sich besonders beim Gehen während der Abstoßphase („toe off/push-off“) manifestieren. In der Untersuchung imponiert eine plantarseitige Druckdolenz, die unter Extension der Großzehe typischerweise verstärkt wird. Als Ursachen werden verschiedene Pathomechanismen auf dem Boden einer mechanischen Überlastung und/oder einer (transienten) ossären Perfusionsstörung diskutiert. Aufgrund der vielfältigen Differenzialdiagnosen des schmerzhaften Sesambeins ist die Diagnostik herausfordernd und umfasst neben der klinischen Diagnostik die Anwendung bildgebender Verfahren. Unter konservativen Maßnahmen kann das Beschwerdebild in der Regel gelindert werden. Bei Beschwerdepersistenz unter Ausschöpfung der konservativen Therapie ist die Indikation einer Sesamoidektomie zu erwägen.

Einleitung

Die avaskuläre/aseptische Osteonekrose der Ossa sesamoidea hallucis wird als Morbus Renander bezeichnet. Erstmals wurde die Erkrankung im Jahre 1924 unter dem Begriff „osteopathy“ durch Axel Renander (Karlsgrund, Schweden) beschrieben (Renander 1924). Auf der Grundlage röntgenologischer, klinischer und histopathologischer Charakteristika, die sich mit den bis dahin publizierten Krankheitsbildern zum Morbus Köhler oder Morbus Schlatter ähnelten, ordnete Renander die Erkrankung „a disease sui generis“ zum Formenkreis der Osteochondropathien (Renander 1924).
Der Morbus Renander gilt als Differenzialdiagnose des schmerzhaften Sesambeins. In Anbetracht der Geschlechterverteilung sind vornehmlich junge Frauen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren betroffen (Kalweit und Frank 2003; Bartosiak und McCormick 2019). Eine weitere Häufung wird bei 13- bis 16-jährigen, männlichen Jugendlichen beschrieben (Waizy et al. 2008). Sesambeine weisen in ihrer Form, Größe, Gestalt und Anzahl große inter- und intraindividuelle Unterschiede auf. Normvarianten reichen von geteilten Knöchelchen (Partita) bis hin zum vollständigen Fehlen eines Sesambeins (Brossmann et al. 2000). Nicht nur die bildmorphologische, heterogene Erscheinung der physiologischen Normvarianten, sondern auch die große Anzahl an Differenzialdiagnosen (u. a. Fraktur, Stressreaktion, Osteomyelitis, Sesamoiditis, Bursitis) erschweren die Diagnostik und Diagnosestellung. Kenntnisse über den physiologischen Ossifikationsprozess der Sesambeine, einschließlich Normvarianten, sind unerlässlich, um das Krankheitsbild unter sorgfältiger Diagnostik und Therapie behandeln zu können.

Entwicklung und Funktion des Ossa sesamoidea

Sesambeine finden sich regelhaft an der Plantarseite des Vorfußes. Am Capitulum ossis metatarsalis (MT) I und in direkter Verbindung zum 1. Metatarsophalangealgelenk (MTP-I-Gelenk) befindet sich die häufigste Lokalisation von 2, jeweils medial (12–15 mm) und lateral (10–12 mm) gelegenen Sesambeinen (Waizy et al. 2008; Brossmann et al. 2000). Häufig finden sich weitere singuläre Sesambeine am Capitulum MT II und V, selten auch an weiteren Lokalisationen. Röntgenologisch treten sie beim weiblichen Geschlecht zwischen dem 9. und 10. Lebensjahr (frühestens im 7. Lebensjahr) und beim männlichen Geschlecht zwischen dem 11. und 12. Lebensjahr (frühestens im 10. Lebensjahr) in Erscheinung (Brossmann et al. 2000). Die Ossifikation kann von einem singulären Ossifikationszentrum, aber auch von mehreren Zentren als multizentrische Ossifikation erfolgen (Brossmann et al. 2000). Morphologisch erscheinen die Sesambeine typischerweise rundlich-oval, seltener auch länglich oder blumig. Bezüglich der Anzahl, Symmetrie und Form der Sesambeine sind zahlreiche Varianten bekannt. Je nach Literaturangabe besteht in bis zu einem Drittel aller Fälle ein geteiltes Os sesamoideum als sog. Os sesamoideum partitum (vornehmlich MTP-I-Gelenk, medial, weibliches Geschlecht) (Ribbans und Hintermann 2016). Neben den geläufigen zweigeteilten Varianten (Bipartita) sind Sesambeine aus bis zu 3 (Tripartita), 4 und mehr Teilen (Multipartita) bestehend beschrieben worden (Brossmann et al. 2000).
Die Sesambeine des MT I befinden sich in unmittelbarer Verbindung zum MTP-I-Gelenk (Abb. 1) innerhalb der verstärkten Gelenkkapsel der Lamina fibrocartilaginea. Sie artikulieren über ihre dorsalen, bikonkaven hyalinen Knorpeloberflächen mit den am Capitulum MT I gelegenen konkaven Facetten, die von einer Crista voneinander getrennt sind (Ribbans und Hintermann 2016; Stukenborg-Colsman et al. 2017; Srinivasan 2016). Neben der Funktion als mechanische Schutzstruktur des MTP-I-Gelenks stellen sie aus biomechanischer Sicht relevante Insertionsstellen von ortsständigen Sehnen und Ligamenten dar (Ribbans und Hintermann 2016; Cohen 2009). Der mediale Kopf des M. flexor hallucis brevis inseriert gemeinsam mit dem M. abductor hallucis am medialen, der M. adductor hallucis zusammen mit dem lateralen Kopf des M. flexor hallucis brevis am lateralen Sesambein (Srinivasan 2016). Zwischen den Sesambeinen besteht eine straffe ligamentäre Verbindung durch ein intersesamoidales Band (Stukenborg-Colsman et al. 2017; Srinivasan 2016); weiterhin bestehen in der Kapsel eingebettete Bandverbindungen zur Phalanx. Die arterielle Blutversorgung des medialen und lateralen Sesambeins erfolgt vornehmlich über die 1. plantare metatarsale Arterie mit u. a. geschlechterabhängiger Anzahl von 1–3 terminalen Arterien (Waizy et al. 2008; Rath et al. 2009; Pretterklieber und Wanivenhaus 1992).

Ätiopathogenese

Der Morbus Renander wird als Osteonekrose des in der Regel ausgereiften und damit adulten Knochens verstanden. Ursächlich werden verschiedene Pathomechanismen und Risikofaktoren diskutiert. Als lokalisationsspezifischer Risikofaktor gilt eine erhöhte mechanische Belastung mit repetitiven Mikrotraumen/Mikrokontusionen, wie sie beispielsweise bei vorfußbelastenden Aktivitäten (Sprinten, Tanzen, Ballett, Gymnastik/Kunstturnen etc.) vorzufinden sind (Bartosiak und McCormick 2019; Rodrigues-Pinto et al. 2010).
Axiale Belastungen unter Dorsalextension des MTP-I-Gelenks (z. B. Zehenspitzenstand oder Sprünge auf dem Vorfuß) resultieren sowohl in einer erhöhten mechanischen Druckbelastung als auch in einer Traktionsbelastung durch eine Lastübertragung umliegender Weichteile. Die terminologische und pathogenetische Unterscheidung zwischen einer Stressreaktion/Stressfraktur, die prinzipiell in dieser Region als „High-grade“-Stressfraktur klassifiziert wird (Walther und Stäbler 2007; Carmont 2015), und der Manifestation einer Knochennekrose als Morbus Renander ist zumindest im fortgeschrittenem Stadium kaum noch möglich, und Übergänge einer Stressreaktion zu einem Morbus Renander werden diskutiert (Bartosiak und McCormick 2019). Wie auch an anderen Lokalisationen von Osteonekrosen scheint eine (transiente) ossäre Perfusionsstörung mit konsekutiv gestörtem Knochenstoffwechsel ursächlich zu sein.
Die Erkrankung führt im fortgeschrittenen Stadium zu typischen Knochenumbaustörungen mit charakteristischen Kondensations- und Fragmentationsprozessen. Aufgrund der vornehmlich überlastungsbedingten Kausalität der Sesamoidnekrose betrifft die Erkrankung hauptsächlich Personen, die den o. g. Belastungen ausgesetzt sind. Als Manifestationsort sekundärer Nekrosen ist der Befall der Ossa sesamoidea eher untypisch. Eine Koprävalenz von Überlastungsreaktionen im umliegenden Weichteil- und Sehnengewebe wird klinisch regelhaft beobachtet. Ein Zusammenhang zwischen unphysiologischen Achsverhältnissen des Fußes (z. B. Pes adductus) bzw. funktionelle Imbalancen und dem Auftreten einer Sesamoidnekrose wird angenommen – ist allerdings nicht endgültig geklärt.

Klinik und Diagnostik

Anamnestisch wird regelhaft von persistierenden, plantaren Schmerzen unter dem MTP-I-Gelenk berichtet, die sich typischerweise beim (Barfuß-)Laufen während der Abstoßphase („toe off/push-off“) manifestieren (Stukenborg-Colsman et al. 2017; Ozkoç et al. 2005). Eine Vollbelastung des medialen Vorfußes ist während dieser Phase schmerzbedingt oftmals nicht möglich und kann zu einer Lateralisation der Schrittabwicklung mit verkürzter Standzeit führen (Waizy et al. 2008; Ozkoç et al. 2005). Hieraus können funktionelle Fehlbelastungen mit typischen Transfermetatarsalgien resultieren. In der klinischen Untersuchung imponiert eine, unmittelbar auf Höhe der Ossa sesamoidea gelegene, plantarseitige Druckdolenz, die sich unter Extension der Großzehe verstärkt (Stukenborg-Colsman et al. 2017). Die Beweglichkeit des MTP-I-Gelenks ist in Richtung der Dorsalextension häufig eingeschränkt. Überlastungsreaktionen der umliegenden Weichteilgewebe äußern sich in Druckschmerzen und einer eingeschränkten Kraftentfaltung der Großzehenbeugung.

Bildgebende Verfahren

Eine projektionsradiografische Aufnahme des MTP-I-Gelenks in 3 Ebenen (dorsoplantar, lateral sowie axial als „Sesamoid axial“ oder „Sprinteraufnahme“) (Abb. 2) sollte obligat erfolgen (Waizy et al. 2008; Taylor et al. 1993; McCormick und Anderson 2009; Ashimolowo et al. 2018). Vergleichende Aufnahmen mit der Gegenseite können aufgrund o. g. intraindividueller Unterschiede bzgl. Lage, Morphologie und Partitaformen irreführend sein.
Radiologisch sieht man die typischen Zeichen der Knochennekrose mit inhomogener Struktur, schollenartigem Zerfall, vakuolige Kondensationen und Verdichtungsbezirken. Unter dem Nekroseprozess kann es zur Fragmentation kommen. Zu diesem Zeitpunkt kann bei Erstdiagnostik die Unterscheidung zur physiologischen Partitavariante schwierig erscheinen. Die MRT besitzt eine hohe Sensitivität sowie Spezifität und erlaubt eine frühe und akkurate Diagnosestellung (Waizy et al. 2008; Srinivasan 2016; Taylor et al. 1993; McCormick und Anderson 2009; Ashimolowo et al. 2018). Neben einem periostalen Ödem findet sich in T2-gewichteten Sequenzen mit Fettunterdrückung häufig ein begleitendes Knochenmarködem (gesteigerte Signalintensität), jedoch ohne korrespondierenden Signalabfall in T1-gewichteten Sequenzen. In fortgeschrittenem Stadium lässt sich neben einem periostalen Ödem ein Knochenmarködem in den T2-gewichteten Sequenzen mit Fettunterdrückung als Signalsteigerung und in den T1-gewichteten Sequenzen als Signalabfall (Abb. 3) erkennen. Eine Fragmentation kann als hypointense (signalarme) Linie in T1- oder T2-gewichteten Sequenzen erkennbar sein (Srinivasan 2016; Taylor et al. 1993).
Die Knochenszintigrafie (Szintigrafie/Technetium 99m, Spect-CT, 18F-Fluoride PET-MRT) bietet die Möglichkeit, Osteonekrosen bereits im Frühstadium zu detektieren (Srinivasan 2016), weist jedoch eine deutlich eingeschränkte Spezifität auf (Waizy et al. 2008). So kann es beispielsweise bei Sprintern zu einer vermehrten Tracer-Speicherung in hoch beanspruchten Knochenarealen als Zeichen einer vermehrten Durchblutung kommen (Hotfiel et al. 2016). Die entsprechenden Knochenbereiche können missinterpretiert werden und somit zu einer Fehldiagnose führen (Hotfiel et al. 2016, 24). Kriterien der Sonografie sind prinzipiell unspezifisch und beinhalten eine inhomogene und unscharfe Kortikalis, oftmals mit begleitenden Weichteilreaktionen (z. B. Bursitis) (Abb. 4).
Differenzialdiagnostik des schmerzhaften Sesamoids
(Nach Kalweit und Frank 2003; Waizy et al. 2008; Ribbans und Hintermann 2016; Srinivasan 2016; Cohen 2009; Taylor et al. 1993)
  • Stressreaktion/Stressfraktur
  • Fraktur
  • Partitaformen
  • Bursitiden
  • Arthritis, Sesamoiditis
  • Degenerative Veränderungen
  • Kongenitale Fehlanlage (Fehlen, Malposition)
  • Kapsel-/Bandverletzungen des MTP-I-Gelenks (z. B. „turf toe“)

Therapie

Die Erkrankung der Sesamoidnekrose kann stadienhaft fortschreiten und bis zur vollständigen Fragmentation führen. Auch wenn der Prozess der Osteonekrose oftmals nicht aufzuhalten ist, kann unter konsequenter konservativer Therapie eine Symptomlinderung erreicht werden.
Evidenzbasierte Therapieempfehlungen mit Einschluss methodisch hochqualitativer Studien liegen aus der Literatur nicht vor. Konservative Therapiemaßnahmen haben das Ziel, eine Beschwerdelinderung zu erreichen und das Aktivitätsverhalten der Betroffenen positiv zu beeinflussen. Es gilt, die auf das Sesamoid einwirkende Belastung zu reduzieren und dabei potenziell auslösende Trainings- und Bewegungsformen und die Summe der Lasteinwirkungen zu reduzieren (Bartosiak und McCormick 2019). Weiterhin können lokal antiphlogistische Maßnahmen, wie z. B. die Anwendung von lokalen Salbenumschlägen, erfolgen. Im Akutstadium kann im Einzelfall der Einsatz von oralen, nicht steroidalen Antiphlogistika unter Abwägung des Nebenwirkungsprofils diskutiert werden.
Eine komplette Ruhigstellung im Unterschenkelgips oder Unterschenkelcastwalker ist nur sehr selten notwendig. In der Akutphase kann ein immobilisierender Tapeverband angebracht werden, um die schmerzhafte Dorsalextension der Großzehe einzuschränken. Aufgrund der unmittelbaren Nähe der Ossa sesamoidea zur plantaren Fußfläche ist diese Region für orthopädietechnische Verfahren durchaus zugänglich. Es gilt, eine Einlagenversorgung oder orthopädieschuhtechnische Schuhänderung anzustreben, die zu einer Limitation der Dorsalextension des MTP-I-Gelenks führt. Durch die Einarbeitung versteifender Elemente unter dem 1. Fußstrahl (wie sie auch bei anderen Erkrankungen des MTP-I-Gelenks Anwendung finden, z. B. Hallux rigidus, „turf toe“) kann in der Abstoßphase des Schrittzyklus gezielt die Extensionsfähigkeit des MTP-I-Gelenks eingeschränkt werden (plantare Versteifung z. B. durch Einarbeitung einer Rigidus-Feder, Tieferlegung des Endglieds) (Hotfiel et al. 2016). Lokal schmerzhafte Regionen können durch Weichbettungen und Aussparungen entlastet werden.
Erfolgreich durchgeführte physikalische Maßnahmen (z. B. extrakorporale Stoßwellentherapie) sind in der Literatur in Einzelfällen beschrieben worden (Thompson et al. 2017). Aus funktioneller Sicht können detonisierende Maßnahmen (Dehnung, myofasziale Releasetechniken) der Flexorenloge erfolgen.
In den letzten Jahren wird in der Literatur zunehmend die Infusionstherapie mit Prostazyklinen als Therapieform beschrieben. Aus anderen Lokalisationen ist durch die Off-Label-Anwendung ein Rückgang des Ödems und somit eine, für die Reparation notwendige, Wiederherstellung der vasomotorischen Regulation beschrieben worden (von Stillfried und Weber 2014). Inwieweit durch Anwendung von Vasodilatatoren eine Reparation erreicht werden kann, ist nicht bekannt.
Bei Beschwerdepersistenz unter Ausschöpfung konservativer Therapiemaßnahmen ist die Indikation zum operativen Vorgehen zu prüfen. Bei erhaltener knöcherner Integrität und zumindest partiell erhaltener Vitalität des Sesamoids ist – wie auch bei Osteonekrosen an anderen Lokalisationen – die Anbohrung als knochenmarkstimulierendes Verfahren zu nennen. Klinische Daten liegen hierzu allerdings nicht vor.
Im fortgeschrittenen Stadium ist eine Sesamoidektomie zu erwägen, die in der Literatur gute klinische Ergebnisse zeigt (Bartosiak und McCormick 2019; Ribbans und Hintermann 2016; Cohen 2009; Ozkoç et al. 2005). Die Indikation zur Sesamoidektomie sollte aus Sicht der Autoren prinzipiell streng geprüft werden, und der Patient sollte über die verbundene Entnahmemorbidität (biomechanische Folgen bei Verlust des Sesamoids, Verletzungen der plantaren Platte, sekundäre Großzehenfehlstellungen) aufgeklärt werden (Waizy et al. 2008; Stukenborg-Colsman et al. 2017; Carmont 2015). Sofern eine Sesamoidektomie bei Vorliegen einer Partitaform erfolgt, sollte versucht werden (wie auch bei der Sesamoidfraktur), vitale Fragmente zu erhalten.

Zusammenfassung

Der Morbus Renander (Sesamoidnekrose der Großzehe) beschreibt die avaskuläre und aseptische Osteonekrose des Os sesamoideum mediale (tibiale) oder laterale (fibulare). Die Bezeichnung geht auf Axel Renander (Karlsgrund, Schweden) zurück, der die Erkrankung im Jahr 1924 erstmalig unter dem Begriff der „osteochondropathy“ publizierte.
Epidemiologisch sind vor allem junge Frauen mit einem Altersgipfel zwischen dem 18. und 30. Lebensjahr betroffen. Berichtet werden persistierende plantare Schmerzen unter dem MTP-I-Gelenk, die sich besonders beim Gehen während der Abstoßphase („toe off/push off“) manifestieren. In der Untersuchung imponiert eine plantarseitige Druckdolenz, die unter Extension der Großzehe typischerweise verstärkt wird. Als Ursachen werden verschiedene Pathomechanismen auf dem Boden einer mechanischen Überlastung und/oder einer (transienten) ossären Perfusionsstörung diskutiert. Aufgrund der vielfältigen Differenzialdiagnosen des schmerzhaften Sesambeins ist die Diagnostik herausfordernd und umfasst neben der klinischen Diagnostik die Anwendung bildgebender Verfahren. Unter konservativen Maßnahmen kann das Beschwerdebild in der Regel gelindert werden. Bei Beschwerdepersistenz unter Ausschöpfung der konservativen Therapie ist die Indikation einer Sesamoidektomie zu erwägen.
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