Was leistet die Private Krankentagegeldversicherung
§ 1 (1) 1 MB/KT (Musterbedingungen Krankentagegeld)*
„Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfallfolgen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird.“
Die Private Krankentagegeldversicherung
, Teil der Privaten Krankenversicherung (§§ 196- 208 VVG), schützt in der konkret ausgeübten Tätigkeit vor Verdienstausfall, ausgelöst durch vorübergehende Funktionseinbußen, verursacht durch einen Unfall oder Krankheit. Es handelt sich um eine Summenversicherung
. Versichert ist also eine konkret vereinbarte Summe pro Tag der Arbeitsunfähigkeit für eine vorübergehende Zeit (§ 1 (3) MB/KT). Die Leistungspflicht endet mit Berufsunfähigkeit
. Elemente einer Schadenversicherung sind nur insofern enthalten, als das Krankentagegeld grundsätzlich begrenzt ist durch das „Nettoeinkommen“ des Versicherten (§ 4 (2) MB/KT 2009).
Dem zwischen dem Versicherer und der versicherten Person bestehenden Vertragsverhältnis liegen Musterbedingungen zugrunde, Allgemeine Geschäftsbedingungen, die jedoch den Kundenwünschen konkret angepasst werden können und von Versicherer zu Versicherer unterschiedlich angepasst werden.
Wann liegt Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankentagegeldversicherung vor?
§ 1 (3) MB/KT
„Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.“
Entscheidend sind also weder der „Allgemeine Arbeitsmarkt“, wie ihn die Gesetzliche Rentenversicherung als Erfordernis für die Rente wegen Erwerbsminderung voraussetzt (§ 43 (1) Satz 2 SGB VI), noch die „Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens“, wie sie Grundlage für die Einschätzung der MdE in der Gesetzlichen Unfallversicherung sind (§ 56 (2) Satz 1 SGB VII), noch die „Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben“ die im Dienstunfallrecht zu beurteilen ist (§ 35 (2) BeamtVG), noch berufskundliche Erkenntnisse. Identisch ist die Formulierung mit dem Begriff der Arbeitsunfähigkeit in § 2 (1) und (2) „Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie“ der Gesetzlichen Krankenversicherung, wobei einschränkend § 2 keine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit voraussetzt, wie dies § 1 (3) MB/KT verlangt – „in keiner Weise“. Die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie enthält zudem vor dem sozialen Hintergrund der Gesetzlichen Krankenversicherung zahlreiche Einschränkungen und Erweiterungen des Begriffs „Arbeitsunfähigkeit“, die für den Anspruch auf Krankentagegeld ohne Belang sind.
Maßgeblich ist, wie die Tätigkeit
vor der Arbeitsunfähigkeit
konkret ausgestaltet war. Ein Verkäufer in einem Schmuckgeschäft muss in der Lage sein, Gespräche mit Kunden zu führen, diese zu beraten und zum Kauf zu motivieren. Er muss zudem über eine gewisse Wachsamkeit verfügen und Krisensituationen meistern können. Ein Verkäufer in einem Obstgeschäft, der seine Ware selbst einkaufen und transportieren muss, um sie dann an den Kunden zu verkaufen, bedarf dieser Fähigkeiten nicht. Er muss jedoch Autofahren sowie Lasten heben und tragen können. Dies sind die Fähigkeiten, auf die die Krankentagegeldversicherung – jeweils unterschiedlich – bei dem Schmuck- und Obstverkäufer abstellt. Auf deren konkret ausgeübten Beruf kommt es an, wenn Arbeitsunfähigkeit zur Diskussion steht.
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Arbeitsunfähigkeit zu 100 % – „in keiner Weise“ (§ 1 (3) MB/KT) – setzt nicht voraus, dass alle berufsbezogenen Fähigkeiten weggefallen sind. Es reicht aus, dass die verbliebenen Fähigkeiten zu keinem wirtschaftlich messbaren Arbeitserfolg mehr führen können.
Wenn die versicherte Person z. B. noch die halbe Stundenzahl der zuvor geleisteten Stunden erbringen kann, ist sie nicht arbeitsunfähig im Sinne der Musterbedingungen, es sei denn, die halbe Stundenzahl ist wirtschaftlich nicht verwertbar. Wenn der Obstverkäufer zwar nicht mehr Lasten heben und/oder tragen kann und auch nicht mehr Auto fahren kann, aber im Geschäft seine Kunden und die Kasse bedienen kann, ist er nicht arbeitsunfähig, es sei denn, diese Tätigkeit ist ohne den Einkauf der Ware ohne wirtschaftlichen Wert. Ohne wirtschaftlichen Wert ist die Tätigkeit des Schmuckverkäufers, der nur noch Büroarbeiten verrichten kann, weil er nach einem schweren Unfall nicht mehr gehen und stehen kann und unter schweren
Sprachstörungen leidet.
Arbeitsunfähigkeit zu 100 % liegt auch vor, wenn
1.
der wesentliche Teil der konkret vor Arbeitsunfähigkeit ausgeübten beruflichen Tätigkeit entfällt oder
2.
der prägende Teil der beruflichen Tätigkeit der versicherten Person entfällt,
Zu 1.
Zu 2.
Das sind Fälle, in denen der Arbeitserfolg nur durch eine Vielzahl von Hilfeleistungen Dritter oder nur unter überobligationsmäßigem Einsatz der Kräfte der versicherten Person erzielt werden kann. Bleibt die versicherte Person unter diesen Voraussetzungen, die von ihr nicht abverlangt werden können, arbeitsfähig, so erhält sie dennoch keine Leistungen. Denn es fehlt die Voraussetzung, dass die versicherte Person die berufliche Tätigkeit „auch nicht ausübt“
(§ 1 (3) MB/KT). Es fehlt zudem der Verdienstausfall, den die Krankentagegeldleistung ersetzen soll.
Es kommt also nicht darauf an, ob Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung weitergezahlt werden oder Lohn oder Gehalt gezahlt wird. Entscheidend ist, dass die „berufliche Tätigkeit“ „auch nicht ausgeübt“ wird (§ 1 (3) MB/KT).
Wenn in der Coronakrise wegen einer öffentlich-rechtlichen Quarantäneverpflichtung keiner Arbeit nachgegangen werden kann, besteht kein Anspruch auf Krankentagegeld. Wenn Arbeitsunfähigkeit gegeben ist, weil der versicherten Person der Führerschein entzogen wurde, ist dies für den Anspruch auf Krankentagegeld irrelevant. Irrelevant ist auch, wenn der konkret vor Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Beruf nicht mehr verfügbar ist, weil zwischenzeitlich z. B. Maschinen die Arbeit übernommen haben und es keine Arbeit mehr in dem konkret vor „Arbeitsunfähigkeit“ ausgeübten Beruf mehr gibt, wie dies z. B. für den Beruf der Schriftsetzer im vorigen Jahrhundert der Fall war. Versichert als Ursachen der Arbeitsunfähigkeit sind allein „
Krankheit oder Unfall“.
Der Anspruch auf Krankentagegeld beginnt und endet mit der „medizinisch notwendigen Heilbehandlung“. Sie ist Voraussetzung für den Anspruch. Diese ist durch einen „niedergelassenen approbierten Arzt oder Zahnarzt“ zu erbringen bzw. durch ein Krankenhaus (§ 4 (5) MB/KT), wobei die versicherte Person die freie Arztwahl zwischen den „approbierten Ärzten“ hat (§ 4 (6) MB/KT). Eine Behandlung durch einen Heilpraktiker oder Psychologen reicht nicht.
Ein Versicherter, der zwar zu 100 % arbeitsunfähig ist, aber keinen Arzt aufsucht, sich also der „notwendigen Heilbehandlung“ entzieht, erhält kein Krankentagegeld (§ 1 (2) 2 MB/KT). Die versicherte Person kann in aller Regel seiner Verpflichtung (Obliegenheit, § 9 (4) MB/KT), „für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu sorgen“, nur nachkommen, wenn sie sofort einen Arzt aufsucht.
Notwendig ist die Heilbehandlung, wenn es aufgrund der „objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung“ vertretbar war, sie als „notwendig anzusehen“ (BGH, Urteil vom 30.06.2010 – IV ZR 163/09). Es kommt also auf die Beurteilung ex ante, nicht auf deren Erfolg an. Die Beurteilung durch den behandelnden Arzt, die versicherte Person oder den Versicherer reicht nicht aus. Erforderlich ist die objektive Beurteilung der Notwendigkeit ärztlicher Behandlung ex ante. Wenn dieser Punkt streitig wird, bedarf es eines Sachverständigengutachtens, um die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung zu überprüfen.
Der „behandelnde Arzt oder Zahnarzt“ hat Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen bzw. diese ist durch deren Bescheinigung nachzuweisen (§ 4 (7) 1 MB/KT).
Wer hat Arbeitsunfähigkeit zu beweisen?
Die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung „durch den behandelnden Arzt oder Zahnarzt“ ist Anspruchsvoraussetzung für den „Eintritt und Dauer der Arbeitsunfähigkeit“ (§ 4 (7) 1 MB/KT). Diese hat die versicherte Person auf ihre Kosten beizubringen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schließt jedoch nicht aus, dass weitere Darlegungen und Beweise vom Versicherer verlangt werden und durch die versicherte Person zu erbringen sind (BGH, Urteil vom 03.05.2000 – IV ZR 110/99). Auch wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unbeanstandet angenommen wird und über einen längeren Zeitraum Krankentagegeld geleistet wird, ist der Versicherer nicht daran gehindert, einen weiteren Nachweis der Arbeitsunfähigkeit zu verlangen, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit der versicherten Person aufkommen oder wenn die Fortsetzung der Krankentagegeldleistungen zur Diskussion steht. Nimmt der Versicherer ihm zustehende Aufklärungsmöglichkeiten nicht wahr, führt dies nicht zu einem Verlust seiner Rechte.
Zwar wurde teilweise vertreten, das Recht des Versicherers, die versicherte Person nachuntersuchen zu lassen und die Verpflichtung der versicherten Person, einer entsprechenden Aufforderung nachzukommen (§ 9 (3) MB/KT), führe, wenn dieses Recht nicht zeitnah ausgeübt werde, zu einem Verlust jeglichen Rechts, den Krankentagegeldanspruch für die Vergangenheit bestreiten zu können. Wenn er dieses Recht nicht zeitnah ausübe, sei weiteres Bestreiten von Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen. Der BGH, dessen Auffassung für die versicherte Person und den Versicherer letztlich bindend ist, sieht in § 9 (3) MB/KT zwar eine Verpflichtung (Obliegenheit) der versicherten Person, aber keinen irgendwie gearteten Rechtsverzicht des Versicherers, wenn dieser die Erfüllung der Obliegenheiten von der versicherten Person nicht verlangt.
BGH, Urteil vom 30.06.2010 – IV ZR 163/09
„Bei einer Krankentagegeldversicherung ist es grundsätzlich der Versicherungsnehmer, der Eintritt und Fortdauer bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit darzulegen und zu beweisen hat; die Vorlage ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach § 4 (5) MB/KT 1978 reicht dafür nicht aus.“
Diese Aussage gilt exakt so auch für die MB/KT 2009.
Dieses Verständnis der Versicherungsbedingungen ist nicht mit einer ungerechtfertigten Benachteiligung des Versicherten verbunden. Denn erfolgen keine sofortigen Zahlungen durch den Versicherer nach Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, ist die Rechtslage eindeutig. Arbeitsunfähigkeit wird nicht akzeptiert. Der Versicherte ist angehalten, weitere Beweise vorzulegen.
Hat der Versicherer aber Krankentagegeldzahlungen geleistet und fordert er diese dann zurück, weil ihm Befunde zur Kenntnis gekommen sind, die entweder Arbeitsfähigkeit oder Berufsunfähigkeit des Versicherten begründen, dann trägt er die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für die Zahlung von Krankentagegeld tatsächlich nicht vorgelegen haben, dass er tatsächlich also ohne Rechtsgrund geleistet hat.
Wann liegt Berufsunfähigkeit vor und wer hat diese zu beweisen?
§ 15 (1) b) 1 MB/KT
„Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Person mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist.“
Die Berufsunfähigkeit beendet den Anspruch auf Krankentagegeld, weil dann nicht mehr nur vorübergehende Folgen eines Unfalls oder eine Krankheit vorliegen. Sie liegen vielmehr voraussichtlich „auf nicht absehbare Zeit“ vor.
Berufsunfähigkeit im Sinne der Krankentagegeldversicherung ist also nicht identisch mit „Erwerbsminderung“ im Sinne von § 43 (2) SGB VI. Diese stellt ab auf Kenntnisse und Fähigkeiten bezogen auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung in der Gesetzlichen Rentenversicherung schließt deshalb den Anspruch auf Krankentagegeld nicht grundsätzlich aus, es sei denn, dies ist in den mit der versicherten Person abgeschlossenen Bedingungen ausdrücklich vereinbart.
Berufsunfähigkeit im Sinne der Krankentagegeldversicherung entspricht auch nicht der Berufsunfähigkeit im Sinne der Privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese folgt ihrem eigenen Bedingungswerk, das unterschiedlich ausgestaltet ist und auf das nicht zurückgegriffen werden kann. Verwiesen werden kann z. B. auf die unterschiedlichen Formulierungen in § 2 BUV/BUZ – „und auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht“ – und in § 15 (1) b) 1 MB/KT – „im bisher ausgeübten Beruf“.
Ein bestimmter Zeitraum, für den die weitere Entwicklung der Erkrankung vorherzusagen ist, ist nicht festgelegt. Vertreten wurde in der Vergangenheit, dass die Prognose sich auf einen Zeitraum nach Ablauf von 3 Jahren beziehe (OLG Hamm, Urteil vom 11.12.1996 – 20 U 134/96). Das stimmt aber mit dem Text der Musterbedingungen nicht überein (BGH, Urteil vom 30.06.2010 – IV ZR 163/09). Vielmehr ist Berufsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit dann gegeben, wenn eine Besserung des zur Berufsunfähigkeit führenden „medizinischen Befundes“ nicht voraussehbar ist, wobei eine Besserung auch nicht ausgeschlossen sein muss. Die Prognose kann also offen sein, sie muss nicht negativ sein.
Die Prognose hat einzubeziehen die individuellen Besonderheiten wie Alter, Art und Schwere der Erkrankung und Anforderungen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit. Nicht abzustellen ist jedoch auf die Verfügbarkeit eines entsprechenden Arbeitsplatzes. Entscheidend ist allein der „medizinische Befund“.
Sie muss sich auf den Zeitpunkt beziehen, zu dem sich der Versicherer auf Berufsunfähigkeit beruft. Die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Befunde sind maßgeblich. Der weitere Krankheitsverlauf ist kein Indiz für die Richtigkeit oder
Unrichtigkeit der Prognose. Aus diesem sind also keine Rückschlüsse zu ziehen.
Mit der Unsicherheit bzw. Offenheit der Prognose zum weiteren Heilungsverlauf – dies ist jeder Prognose immanent – darf nicht verwechselt werden die Unsicherheit der Erkenntnisgrundlagen. Liegen keine ausreichenden ärztlichen Unterlagen vor, kann keine Prognose gestellt werden. Es kann also nicht beurteilt werden, ob eine Berufsausübung „auf nicht absehbare Zeit“ möglich ist oder nicht.
Anders als die versicherte Person, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen hat (§ 4 (7) MB/KT), ist die Feststellung der Berufsunfähigkeit nicht an Formalien gebunden. Ausreichend ist jeder medizinische Befund, aus dem sich Berufsunfähigkeit ergibt. Nicht erforderlich ist, dass dieser sich ausdrücklich oder stillschweigend mit der Thematik Berufsunfähigkeit befasst. Dieser muss sich jedoch auf den Zeitpunkt beziehen, zu dem der Versicherer sich auf Berufsunfähigkeit beruft. Ist die Dokumentation der behandelnden Ärzte unzureichend und ist deshalb Berufsunfähigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht nachweisbar, geht dies zu Lasten des Versicherers (OLG Koblenz, Urteil vom 08.02.2017 – 10 U 727/15). Im Übrigen sind die Anforderungen an den Nachweis der Berufsunfähigkeit „auf nicht absehbare Zeit“ denjenigen vergleichbar, wie sie für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit gefordert werden. „Für den medizinischen Befund“ „auf dessen Grundlage die Prognose einer Erwerbsunfähigkeit“ „auf nicht absehbare Zeit“ erfolgt, „können keine strengeren Anforderungen gelten, als für den medizinischen Befund“ zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, da sich die Prognose „vorübergehend“ und die Prognose „auf nicht absehbare Zeit“ „spiegelbildlich zueinander verhalten“ (BGH, Urteil vom 10.06.2010 – IV ZR 163/09).
Abgemildert wird jedoch die Darlegungs- und Beweislast des Versicherers durch die „Obliegenheit“ der versicherten Person auf Verlangen „jede Auskunft zu erteilen“ (§ 9 (2) 2 MB/KT). Der Versicherer hat also die Möglichkeit, sich Kenntnis von Tatsachen zu beschaffen, die er nicht kennen kann.
Wie verhalten sich Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit zueinander?
Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit verhalten sich nicht spiegelbildlich. Wer berufsunfähig ist, ist deshalb nicht arbeitsunfähig, jeweils im Sinne der Krankentagegeldversicherung. Ausgangspunkt für beide Rechtsbegriffe ist zwar die konkrete berufliche Tätigkeit, dann unterscheiden sich aber die Anforderungen. Dazu reicht ein Blick in die MB/KT. Bedingungsgemäße
Arbeitsunfähigkeit setzt voraus, dass die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit in keiner Weise ausüben kann, sie nicht ausübt und auch keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 1 (3) MB/KT).
Berufsunfähigkeit ist dagegen schon dann gegeben, wenn die berufliche Tätigkeit (auf nicht absehbare Zeit) zu mindestens 50 % nicht mehr ausgeübt werden kann (§ 15 (1) b) 1 MB/KT). Die Abgrenzung von Arbeitsunfähigkeit zur Berufsunfähigkeit kann deshalb nicht nur an der Formulierung „vorübergehend“ und „auf nicht absehbare Zeit“ festgemacht werden. Es ist möglich, dass Berufsunfähigkeit vorliegt, obwohl die versicherte Person – zwar in deutlich reduziertem Umfang – arbeitsfähig ist.
Ob eine Tätigkeit überobligationsmäßig ist, richtet sich nicht nur nach der Ausprägung der Arbeit, sondern auch nach der Dauer. Der Versicherer hat weder einen Anspruch darauf, dass, um arbeitsfähig zu bleiben, fremde Hilfe in Anspruch genommen wird, noch dass auf Kosten der eigenen Gesundheit gearbeitet wird. Zwar ist aufgrund des Bedingungswortlauts zunächst keine Arbeitsunfähigkeit gegeben. Der Versicherte kann aber berufsunfähig sein, wenn er ohne die überobligationsmäßigen Anstrengungen zu mindestens 50 % im ausgeübten Beruf erwerbsunfähig ist. Dies hat zur Folge, dass ihm im Falle der Arbeitsunfähigkeit kein Krankentagegeld zusteht.
Welche „Obliegenheiten“ hat die versicherte Person (§ 9 MB/KT)?
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Unverzüglich anzuzeigen ist die Arbeitsunfähigkeit durch „Bescheinigung des behandelnden Arztes oder Zahnarztes“ (§ 4 (7) MB/KT), also nicht durch einen Heilpraktiker oder Psychotherapeuten (§ 9 (1) MB/KT).
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Der Versicherungsnehmer und die versicherte Person haben auf Verlangen „jede Auskunft“ zu erteilen (§ 9 (2) MB/KT). Die versicherte Person trifft also – „auf Verlangen“ die Darlegungslast, auch wenn sie z. B. zur Berufsunfähigkeit nicht beweisbelastet ist.
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Die versicherte Person hat sich auf Verlangen durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen (§ 9 (3) MB/KT).
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„Die versicherte Person hat für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu sorgen. Sie hat insbesondere die Weisungen des Arztes gewissenhaft zu befolgen“ (§ 9 (4) MB/KT).
Unter dem Arzt, dessen Weisungen die versicherte Person zu befolgen hat, ist der behandelnde Arzt zu verstehen, nicht der von dem Versicherer beauftragte Arzt.