NSAR nach ERCP für (fast) jeden Patienten!

Bisher herrschte keine gute Evidenz, ob Antiphlogistika das Risiko einer Post-ERCP-Pankreatitis reduzieren können. Eine aktuelle Metaanalyse kommt jetzt zu einem eindeutigen Schluss. Hintergrund Die Post-ERCP-Pankreatitis (PEP) ist eine gefürchtete Komplikation in der endoskopischen Diagnostik und Therapie. Verschiedene Strategien zur Risikoreduktion werden diskutiert und angewendet, wobei neben der Optimierung der endoskopischen Technik (z.B. der drahtgeführten Sondierung) auch die medikamentöse Prophylaxe zum Einsatz kommt. Diclofenac und Indomethacin sind die meist untersuchten Substanzen zur Prophylaxe der PEP. Dennoch gibt es keine prospektiven, multizentrischen Studien mit ausreichender Patientenzahl zur validen Beurteilung der Effizienz dieser Maßnahmen. Das Ziel der hier besprochenen Metaanalyse war es, alle prospektiven Volltextstudien zur Effizienz von Diclofenac oder Indomethacin im Vergleich mit Placebo oder Nicht-Behandlung bzgl. der PEP-Prophylaxe zu untersuchen. Patienten/Methodik Diese Metaanalyse umfasst 4741 Patienten aus 17 Studien, die in einer systematischen Datenbankanalyse (PubMed, Scopus, Web of Science und Cochrane) bis zum 30.06.2016 ausgewählt worden waren. Ergebnisse Diclofenac oder Indomethacin zeigten ein signifikant reduziertes relatives Risiko einer PEP auf 0,6 (95% Konfidenzintervall, 0,46–0,78; p = 0,0001). Die number needed to treat (NNT) betrug 20. Unterschiede zwischen Indomethacin und Diclofenac in der Effektivität der PEP-Prophylaxe fanden sich nicht (p = 0,98). Der Zeitpunkt der Gabe hatte keine Bedeutung für die Wirksamkeit, wie auch das Risiko für eine PEP keine Vorhersage für den Therapieerfolg zuließ (p = 0,99 bzw. p = 0,6923). Die rektale Applikation zeigte einen Trend zur besseren Wirksamkeit (p = 0,1507, NNT 19). Patienten mit Nierenversagen wurden nicht behandelt. Schlussfolgerung Indomethacin oder Diclofenac, bevor oder kurz nach einer ERCP (endoskopisch retrograd Cholangiopankreatikographie) in rektaler Applikationsform, sind kostengünstig, sicher und effektiv. Die Prophylaxe wird für alle Patienten (ohne Nierenversagen) empfohlen. Kommentar von Dr. H. H. Lutz und Prof. J. J. W. Tischendorf Dr. med. Holger H. Lutz, Klinik für Innere Medizin und Intensivmedizin, Elblandkliniken Radebeul Privat × Gutes Nutzen/Risiko-Verhältnis für NSAR in der Pankreatitisprophylaxe Bereits in den 70er Jahren wurde Indomethacin im Tierexperiment zur Therapie der Pankreatitis eingesetzt [1]. In kleineren Studien wird seit ca. zehn Jahren immer wieder der prophylaktische Effekt untersucht – mit unterschiedlichen Ergebnissen, die selbst in Metaanalysen nicht immer kongruent waren [2,3]. Auffällig ist die aus unserer Sicht hohe Rate an post-ERCP-Pankreatitiden in den meisten der eingeschlossenen Studien (in den Kontrollgruppen teils weit über 10%). Die Gesamtmortalität innerhalb von 30 Tagen nach ERC beträgt 5,3%, die ERCP-spezifische Mortalität 0,4 bis 0,5%. Die Komplikationsrate sollte heutzutage mit modernen Endoskopen in den Händen erfahrener Untersucher mit den entsprechenden Kanülierungstechniken deutlich niedriger liegen (PEP-Rate < 5%). Die hier vorgestellte Metaanalyse umfasst mit fast 5.000 Patienten eine große, wenn auch heterogene Gruppe, was die Bewertung der Aussage der Studie nicht einfacher macht. Dennoch ist das Ergebnis überzeugend: Mit einer NNT, die nur 1/10 der NNT moderner Antikoagulanzien beträgt und dabei ein deutlich niedrigeres Risikoprofil hat, ist der NSAR-Einsatz in der standardisierten PEP-Prophylaxe angekommen. Aufgrund des niedrigen Risikos (kein Nachweis von unerwünschten Ereignissen in den eingeschlossenen Studien) ist ein Verzicht auf die PEP-Prophylaxe mit Indomethacin und Diclofenac obsolet. Nicht zuletzt aufgrund der uneinheitlichen Datenlage ist eine Risikoselektionierung bzgl. der Notwendigkeit der Prophylaxe aus unserer Sicht ebenfalls nicht sinnvoll. Mit dem konsequenten Einsatz der PEP-Prophylaxe – und einer hochqualitativen ERCP-Technik – kann das Risiko einer post-ERCP-Pankreatitis signifikant reduziert werden; mit einem geringen Aufwand und niedrigem Risiko. Take home message Auch wenn die Datenlage nicht einheitlich ist, sollte jeder Patient (ohne Nierenversagen oder anderweitige Kontraindikation) der einer ERCP zugeführt wird, eine post-ERCP-Pankreatitis-Prophylaxe mit Indomethacin oder Diclofenac erhalten. Weiterführende Literatur [1] Lankisch PG et al. Indomethacin treatment of acute experimental pancreatitis in the rat. Scand J Gastroenterol 1978;13:629-33 [2] Rustagi T, Njei B. Affecting the efficacy of nonsteroidal anti-inflammatory drugs in preventing post-endoscopic retrograde cholangiopancreatography pancreatitis: a systematic review and meta-analysis. Pancreas 2015;44:859-67. [3] Inamdar S et al. Rectal indomethacin is protective against post-ERCP pancreatitis in high-risk patients but not average risk patients: a systematic review and meta-analysis. Gastrointest Endosc 2017;85:67-75.

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