Keine neue Hintertür für IGeL

Die Koalition will es möglich machen, dass Kassen zusätzliche Leistungsangebote in ihren Satzungen festlegen können, also auch IGeL. Doch die Kassen reagieren zurückhaltend. Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) tauchen im Gesetzesentwurf zum geplanten Versorgungsstrukturgesetz nicht wortwörtlich auf – Leistungen außerhalb des gesetzlichen Leistungskatalogs allerdings schon. Vorgesehen ist, dass die Krankenkassen zusätzliche Leistungsangebote in ihren Satzungen festlegen können (Paragraf 11 Absatz 6 SGB V). Damit soll der Wettbewerb angekurbelt werden. Auch IGeL können von den Krankenkassen als Satzungsleistungen aufgenommen werden – wenn auch nur für kurze Zeit. Das heutige Spektrum der Satzungsleistungen ist breit. Es reicht je nach Krankenkasse von Reise- und FSME-Impfungen und medizinischen Reha-Angeboten und Leistungen bis hin zu Verträgen der Integrierten Versorgung. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass diese Leistungen noch stärker ausgeweitet werden. Derzeit ist es so, dass Satzungsleistungen Ärzten unter anderem über Integrierte Versorgungsverträge honoriert werden. Aussagen dazu, wie dies künftig abgewickelt werden könnte, machen die Kassenvertreter nicht. „Es ist ja auch nichts festgeschrieben“, heißt es dazu bei der Techniker Krankenkasse (TK). Konkrete Überlegungen, welche neuen Zusatzleistungen künftig angeboten werden, gibt es bei den Krankenkassen derzeit noch nicht, wie eine Stichprobe von Springer Medizin / Ärzte Zeitung ergeben hat. Theoretisch wäre möglich, dass auch IGeL als neue Satzungsleistungen aufgenommen werden, heißt es bei der Pressestelle der TK in Hamburg. In Paragraf 11 SGB V werden folgende Bereiche genannt: Vorsorgemaßnahmen künstliche Befruchtung zahnärztliche Behandlungen Versorgung mit nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln Heilmittel häusliche Krankenpflege Haushaltshilfen medizinische Reha und Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern. Allerdings könnten diese nur als Satzungsleistungen Versicherten angeboten werden, solange der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) nicht darüber entschieden hat, ob die Angebote in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen werden oder nicht. „Das ist ein schmales Zeitfenster und wenig lohnend“, heißt es bei der TK. Dem pflichtet auch Stefan Eckerlein, Sprecher des Landesverbandes der Betriebskrankenkassen in Frankfurt am Main bei. „Wir sind auch gar nicht dafür, dass IGeL zu einem Wettbewerbsfeld für uns werden“, sagt Eckerlein. Dies könne sich keine Krankenkasse leisten. Ähnlich argumentiert auch Thorsten Jakob, Sprecher der Barmer GEK. Ob und welche Zusatzversicherungen den Versicherten angeboten werden, wenn der derzeitige Gesetzesentwurf verabschiedet wird, dazu gebe es noch keinen Beschluss. Über Satzungsänderungen habe der Verwaltungsrat zu entscheiden. Die Ausweitung individueller Angebotsmöglichkeiten von Krankenkassen sei im Wettbewerb zwar zu begrüßen, allerdings würden mit Paragraf 11 Fehlanreize bei Qualität und Finanzierung gesetzt: Über die Mehrleistungen würden per Satzung Kassen-IGeL geschaffen, die nach Meinung der Barmer GEK zweifelhafte und überflüssige Angebote enthielten. Unter Versorgungsgesichtspunkten sei dies auch problematisch, da es sich nicht um notwendige Leistungen handele, die nichts in einem solidarisch finanzierten System zu suchen hätten. Erweiterte Satzungsleistungen stellten ein Einfallstor zur Ausgliederung von Leistungen aus dem Regelkatalog der GKV dar. Die Barmer fürchtet, dass der Gesetzgeber systematisch ausgegliederte Leistungen in die Satzungsautonomie der Kassen legt und dabei bisherige Regelleistungen einbezieht. Nicht zuletzt hoffen manche Kassenvertreter hinter vorgehaltener Hand, dass der Passus zu den Satzungsleistungen noch aus dem Entwurf gestrichen wird.

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