Kleine Fortschritte in der Glioblastomtherapie

Trotz zahlreicher experimenteller Ansätze hat sich an der Standardtherapie des Glioblastoms seit 15 Jahren nichts geändert. Für einige Patientengruppen gibt es aber zusätzliche Therapieoptionen. Nach neurochirurgischer Therapie besteht die Standardbehandlung von Glioblastomen bei fitten Patienten bis 70 Jahre nach wie vor in der kombinierten Radiochemotherapie mit Temozolomid. In den letzten Jahren seien zwar diverse neue Ansätze erprobt worden, so PD Friederike Schmidt-Graf vom Klinikum rechts der Isar in München, von ihnen habe jedoch keiner zu einer durchgreifenden Verbesserung geführt. Einige Modifikationen und Ergänzungen der Therapie können aber bei bestimmten Patientengruppen in Betracht gezogen werden, wie die Neuroonkologin bei den TZM Essentials 2021 darlegte. Zum Beispiel kann man Patienten in gutem Gesundheitszustand, bei denen der Promotor des MGMT-Gens methyliert ist (und die Expression des DNA-Reparaturenzyms damit reduziert), eine kombinierte Chemotherapie mit Temozolomid und Lomustin anbieten. In der randomisierten CeTeG-Studie war damit das Gesamtüberleben im Vergleich zu einer Temozolomid-Monotherapie signifikant verlängert worden. MGMT-Methylierungsstatus auch im Alter relevant Eine aggressive Therapie, sprich die kombinierte Radiochemotherapie, lohne sich trotz der schlechten Prognose im Allgemeinen auch für ältere Patienten, so Schmidt-Graf. Durch die Hinzunahme von Temozolomid zur hypofraktionierten Radiotherapie wird das Überleben von über 65-Jährigen nachweislich signifikant verlängert. Der Methylierungsstatus von MGMT kann in dieser Altersgruppe ebenfalls therapeutisch relevant sein. Das zeigt die im letzten Jahr veröffentlichte Langzeitauswertung der NOA-08-Studie, in der die alleinige Radiotherapie und die alleinige Temozolomidbehandlung bei Patienten mit anaplastischem Astrozytom oder Glioblastom verglichen wurden (Wick A et al. Neuro Oncol 2020). Das Gesamtüberleben war mit 18,4 Monaten am längsten in der Gruppe mit methyliertem MGMT und alleiniger Chemotherapie, in den anderen drei Gruppen erreichte es maximal 10,2 Monate. „Bei älteren Patienten mit methyliertem MGMT ist daher immer auch eine Monotherapie mit Temozolomid zu überlegen“, so Schmidt-Graf. TTF seit 2020 erstattungsfähig Eine weitere Neuerung im vergangenen Jahr: Die European Association of Neuro-Oncology (EANO) und die Society for Neuro-Oncology (SNO) haben die Tumor-Therapie-Felder (TTF) in ihre Konsensusempfehlungen zur Glioblastomtherapie aufgenommen. Die tragbare Wechselstromtherapie kann außerdem seit 2020 zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Grundlage war die EF-14-Studie, in der die TTF das Überleben der Patienten um fünf Monate verlängerte. Die TTF wird am Ende der kombinierten Radiotherapie initiiert. „Wir bieten sie unseren Patienten an“, sagte Schmidt-Graf. Durchgehend negativ verlaufen sind der Neuroonkologin zufolge Studien mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren. Mit Nivolumab wurde weder bei neu diagnostiziertem noch bei rezidiviertem Glioblastom das Überleben verlängert. Untersucht wird derzeit der Proteasominhibitor Marizomib als Ergänzung zum Standard nach Stupp bei Glioblastom-Erstdiagnose. Die Aufnahme von Patienten in die Phase-3-Studie der EORTC ist abgeschlossen. Bevacizumab im Rezidiv ohne Vorteil Kommt es zu einem Glioblastomrezidiv, gibt es derzeit die Option, erneut zu operieren, erneut zu bestrahlen und/oder erneut Temozolomid, eventuell in Kombination mit Lomustin zu geben. „Das sind aktuell die Standards – Standards in Anführungszeichen“, so Schmidt-Graf. Eine Behandlung mit Bevacizumab, die in Deutschland nicht zugelassen ist, Privatpatienten aber manchmal angeboten wird, hat sich in einer neuen Studie nicht bewährt (Seystahl K et al. Cancer Res Clin Oncol 2020). Die gute Nachricht: Das Post-Rezidiv-Überleben war mit einer alkylierenden Chemotherapie (Temozolomid oder Lomustin) länger als mit dem Angiogenesehemmer, und zwar unabhängig vom MGMT-Methylierungsstatus. Studien zur Palliativversorgung Schmidt-Graf betonte die zunehmende Bedeutung der Palliativmedizin. Schon heute müssten neuroonkologische Zentren zur Zertifizierung ein Palliativ-Screening vorweisen. In zwei laufenden Studien, Gliopt und EPCOG, an denen das Klinikum rechts der Isar bzw. die LMU beteiligt sind, wird untersucht, wie man die palliativmedizinische Versorgung von Glioblastompatienten optimieren kann, um ihre Lebensqualität, aber auch ihre Überlebenschancen zu verbessern. Für die Zukunft der Glioblastomtherapie hofft Schmidt-Graf auf neue Wirkstoffe und neue Konzepte, z. B. einen neoadjuvanten Einsatz von Checkpointhemmern. Auch CAR-T-Zellen, mit denen schon einzelne Therapieversuche gemacht wurden, seien ein lohnenswerter Ansatz. basierend auf einem Vortrag bei den TZM Essentials 2021 am 27. Februar 2021

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