Hepatitis C: Hohe Heilungsraten im Behandlungsalltag in acht Wochen

Die Kombination moderner direkt antiviral wirkender Substanzen (DAA) eröffnet nahezu allen Patienten die Chance auf eine dauerhafte HCV-Elimination mit verbesserter Lebensqualität und geringerer Morbidität und Mortalität. Heutzutage ist die chronische Hepatitis C mit einer modernen DAA-Therapie einfach, gut verträglich und in nahezu allen Fällen heilbar [1]. So ermöglicht seit 2017 die einmal tägliche Fixkombination Glecaprevir/Pibrentasvir (G/P, Maviret®) therapienaiven Hepatitis-C-Patienten ohne Zirrhose – und damit dem Großteil aller Hepatitis-C-Patienten in Deutschland – eine kurze Therapie über acht Wochen unabhängig vom Genotyp [2]. Glecaprevir/Pibrentasvir ist zugelassen zur Behandlung HCV-infizierter Erwachsener aller Genotypen (GT1-6). Sowohl in klinischen Studien als auch im Behandlungsalltag erzielte G/P Heilungsraten von bis zu 100 Prozent bei sehr guter Verträglichkeit [2,3]. Als einmal tägliche Therapie (drei Tabletten) kommt Glecaprevir/Pibrentasvir komplett ohne Ribavirin aus und erlaubt auch einen Einsatz bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen jeglichen Grades. HCV-Elimination möglich? Der Fortschritt in der HCV-Therapie könnte dazu führen, die Hepatitis C weltweit zu eliminieren – so wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) es in ihrem Aktionsplan von 2016 als Ziel formuliert hat [4]. Auch das Bundesgesundheitsministerium hat 2016 mit „BIS 2030“ eine Strategie zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C und anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen beschlossen [5]. Voraussetzungen für eine Elimination sind jedoch neben der Prävention eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung. Das Hepatitis-C-Virus (HCV) wird in erster Linie parenteral durch direkten Blut-zu-Blut-Kontakt übertragen. Die Infektion bleibt oft lange unerkannt und geht unbehandelt bei 50–80 Prozent der Betroffenen in eine chronische HCV-Infektion über.6 Unbehandelt kann eine chronifizierte Infektion zu Leberzirrhose und Leberzellkarzinom führen. In Deutschland leben schätzungsweise 270 000 mit chronischer HCV infizierte Personen [6]. Bisher werden hierzulande nur 31 Prozent der HCV-Infizierten diagnostiziert und nur 7 Prozent auch behandelt [7]. Um aber das WHO-Ziel zu erreichen, müssten bis 2030 90 Prozent der HCV-Infizierten diagnostiziert und mindestens 80 Prozent behandelt werden [4]. Springer Medizin Verlag GmbH × Wer sollte getestet werden? Aufgrund der eher unspezifischen Beschwerden kommt als erster Ansprechpartner des Patienten vor allem allgemeinmedizinisch tätigen Ärzten eine Schlüsselrolle bei der Früherkennung zu. Empfohlen ist ein HCV-Antikörper-Test bei Personen mit auffälligen Leberwerten, unspezifischen Symptomen und Risikofaktoren (s. Abbildung oben). Praxisalltag bestätigt Studien Auch im Behandlungsalltag lassen sich mit den modernen DAAs hohe Heilungsraten mit einer kurzen Therapiedauer erzielen: Mit Glecaprevir/Pibrentasvir erreichen 99 Prozent der therapienaiven HCV-Patienten ohne Zirrhose unabhängig vom Genotyp mit einer achtwöchigen Therapie eine SVR12. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Auswertung des Deutschen Hepatitis C-Registers (DHC-R). Das DHC-R ist mit etwa 14 100 Patienten und etwa 330 beteiligten Praxen eine der weltweit größten Datensammlungen zur chronischen Hepatitis C [3]. Die Auswertung zu Glecaprevir/Pibrentasvir basiert auf den Daten von 1242 Patienten, 89 Prozent (n=1109) waren therapienaiv und 93 Prozent (n=1156) hatten keine Leberzirrhose. Eine achtwöchige Therapie mit G/P erhielten 93 Prozent (n=1149) der Patienten. Zum Zeitpunkt der Auswertung lagen von 511 Patienten (therapienaiv und ohne Zirrhose) Daten zur SVR12 vor: Bei 99,6 Prozent (modified Intention-to-treat-Population, mITT) konnte die Hepatitis C mit dieser kurzen Therapiedauer geheilt werden. Eine weitere Analyse zeigte, dass die Wirksamkeit und Sicherheit von Glecaprevir/Pibrentasvir bei Patienten mit und ohne Opioid-Substitutionstherapie (OST) vergleichbar sind [8]. Von den therapienaiven HCV-Patienten ohne Zirrhose, die mit G/P acht Wochen lang behandelt wurden, erreichten 99 Prozent der Patienten mit OST (n=105/106) und 99,7 Prozent der Patienten ohne OST (n=346/347) eine SVR12 (mITT). Eine stabile Substitutionstherapie ist laut der S3-Leitlinie aufgrund der engen Patientenbindung eine günstige Voraussetzung, um die Hepatitis C der Patienten mit (früherem) intravenösem (i.v.) Drogenkonsum zu behandeln [1]. Springer Medizin Verlag GmbH × Erfolgsstory HCV-Therapie Vor den ersten direkt antiviral wirkenden Substanzen (DAA) war eine 48-wöchige Therapie mit pegyliertem Interferon und Ribavirin Standard [9,10]. Darauf reagierte jedoch nur etwa jeder zweite Patient mit virologisch dauerhaftem Ansprechen zwölf Wochen nach Therapieende (SVR12). Erste DAAs wurden 2012 zugelassen. Sie erhöhten die Heilungschancen um 30 Prozent, mussten aber weiter mit pegyliertem Interferon und Ribavirin als Tripletherapie 2-3× täglich eingenommen werden und waren nur beim Genotyp 1 wirksam [11]. Ab 2014 standen verträglichere DAAs zur Verfügung. Erstmals war eine interferonfreie HCV-Therapie möglich [12]. Die neueste Therapiegeneration im Bereich HCV hat die letzten Behandlungslücken geschlossen und die Therapie weiter vereinfacht: Sie ist über alle Genotypen wirksam, Ribavirin-frei und ermöglicht eine Therapie von acht Wochen für die meisten Patienten (therapienaiv und ohne Leberzirrhose). HCV: Gezielt in Risikogruppen screenen! Die größte und wichtigste Risikogruppe sind heute Drogenkonsumenten, sagte Dr. Peter Buggisch vom Leberzentrum Hamburg im Interview. Dr. Peter Buggisch, Ärztliche Leitung Leberzentrum Hamburg BERTRAMSOLCHER × Viele Patienten wissen nicht, dass sie mit Hepatitis C infiziert sind – wie sieht die Situation in Deutschland aus? Dr. Peter Buggisch: Das Dilemma ist, dass die HCV-Infektion keine spezifischen Symptome hervorruft und die Patienten deshalb die Infektion nicht bemerken. Zudem haben wir kein allgemeines Screening in der Praxis und das wird es in naher Zukunft auch nicht geben. Deshalb ist es wichtig, gezielt in Risikogruppen zu screenen. Screening-Fragen lauten: Gibt es einen Migrationshintergrund? Hat der Patient jemals Blutprodukte vor 1992 erhalten? Hat der Patient jemals Drogen konsumiert? Wenn eine der drei Fragen mit „Ja“ beantwortet wird, sollte unabhängig von den Leberwerten auf Hepatitis C getestet werden. Welche HCV-Patienten sind die größte bzw. wichtigste Gruppe? Die Patienten, von denen man wusste, dass sie infiziert waren, wurden mittlerweile fast alle behandelt. Das waren vor allem Patienten, die Blutprodukte vor 1992 erhielten und die eher ein fortgeschritteneres Erkrankungsstadium hatten. Heutzutage sind Patienten, die Drogen in der Vergangenheit konsumiert haben oder noch konsumieren, die größte Gruppe und die Hauptrisikogruppe. Diese Patienten sind meist noch nicht vorbehandelt und haben noch keine Zirrhose entwickelt. Die HCV-Patienten, die stabil in einer Opioid-Substitutionstherapie sind, werden zunehmend therapiert und das mit hohen Heilungschancen. Da gibt es eine gute Zusammenarbeit mit den Suchtmedizinern. Welche Vorteile haben die modernen Regimes gegenüber älteren Therapieregimes – generell und in Bezug auf Risikogruppen? Der wesentliche Unterschied ist die kurze Dauer und die gute Verträglichkeit – die modernen Therapien belasten die Patienten kaum. Vor allem wenn bei Risikogruppen die Adhärenz problematisch ist, spielt die Kürze der Therapie eine wesentliche Rolle. Wie ordnen Sie aktuelle Real-Life-Daten aus dem Hepatitis C-Register zu Glecaprevir/Pibrentasvir ein? Die Ergebnisse aus dem Deutschen Hepatitis C-Register sind ein eindeutiger Beleg, dass die Kombination aus Glecaprevir/Pibrentasvir hochwirksam ist. Dieses Therapieregime ist im Behandlungsalltag genauso erfolgreich wie in den Zulassungsstudien für die Therapie. Was muss geschehen, um das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, die HCV-Elimination, für 2030 zu erreichen? Wir brauchen unbedingt ein besseres Screening und die Awareness der Mediziner, gezielt nach einer Hepatitis-C-Virusinfektion zu suchen. Das Screening sollte den Ärzten möglichst leicht gemacht werden, also außerhalb des Laborbudgets gestellt werden. Die diagnostizierten Patienten müssen konsequent behandelt werden. Dazu gehören auch die Patienten, an die wir bisher schwer herankommen wie Drogenkonsumenten, Patienten in Justizvollzugsanstalten und Patienten, bei denen es eine hohe Sprachbarriere gibt. Wenn diese Patienten erreicht werden, hätten wir die Chance, zumindest in die Nähe des Ziels der Weltgesundheitsorganisation zu kommen. Literatur Sarrazin C et al., Z Gastroenterol 2018, 56: 756-838 Fachinformation Maviret® Wiegand J et al. The Liver Meeting of the Association for the Study of Liver Diseases (AASLD) 2018, Poster #611 Weltgesundheitsorganisation (WHO), www.who.int/hepatitis/publications/hep-elimination-by-2030-brief/en/, letzter Zugriff: 5.11.2018 Bundesministerium für Gesundheit, www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/bis-2030-strategie-zur-eindaemmung-von-hiv-hepatitis-b-und-c-und-anderen-sexuell-uebertragbaren-infektionen-730444; letzter Zugriff: 5.11.2018 Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 2018, Nr. 29 Hill AM et al., J Virus Erat 2017, 3: 117-123 Reimer et al., 7th International Symposium on Hepatitis Care in Substance Users (INHSU), 2018 Fleig WE et al., Z Gastroenterol 2004, 42: 703-704 Sarrazin C et al., Z Gastroenterol 2010, 48: 289-351 Sarrazin C et al., Z Gastroenterol 2012, 50: 57-72 Sarrazin C et al., Z Gastroenterol 2015, 53: 320-334 Impressum Hepatitis C: Hohe Heilungsraten im Behandlungsalltag in acht Wochen Literaturarbeit Berichterstattung: Andrea Warpakowski, Itzstedt Artikel gedruckt in ÄrzteZeitung Nr. 127-229D, Mittwoch, 28. November 2018 Mit freundlicher Unterstützung der AbbVie Deutschland GmbH & Co.KG, Wiesbaden Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Ann Köbler Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführer: Joachim Krieger, Fabian Kaufmann Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF-Download: Hepatitis C: Hohe Heilungsraten im Behandlungsalltag in acht Wochen

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