Lanadelumab jetzt auch für Kinder ab 2 Jahren zugelassen

Symptome des hereditären Angioödems (HAE) treten meist erstmals in der Kindheit auf. Betroffene leiden an immer wieder auftretenden Hautschwellungen und Schleimhautschwellungen im Abdomen, die mit kolikartigen Schmerzen verbunden sein können. Aber auch potenziell tödlich verlaufende Larynxödeme sind möglich. Sowohl die Schwellungsattacken selbst als auch die Angst vor der nächsten Attacke belasten die Betroffenen sozial und emotional stark. Kürzlich wurde die Zulassung von Lanadelumab zur Prophylaxe von wiederkehrenden Attacken des HAE auf Kinder von 2 bis <12 Jahren erweitert, womit jetzt auch diese Altersgruppe die Chance auf eine vollständige Krankheitskontrolle und ein normales Leben hat. Das hereditäre Angioödem (HAE) äußert sich in unvermittelt auftretenden Schwellungsattacken der Haut, insbesondere im Gesicht, aber auch an Händen, Füßen und Genitalien, sowie der Schleimhäute. Die Schleimhautschwellungen im Bauchraum sind oft kolikartig, damit sehr schmerzhaft und oft mit Übelkeit, Durchfall und Erbrechen verbunden. Hautschwellungen im Gesicht können entstellend sein und alltägliche Aktivitäten stark einschränken [1, 2]. Die Kenntnis des HAE und seiner Symptome ist für allergologisch, dermatologisch und pädiatrisch tätige Ärztinnen und Ärzte wichtig, weil es fast immer bereits im Kindes- und Jugendalter zur Erstmanifestation kommt, und ein früher Symptombeginn für einen schwereren Verlauf prädiktiv sein kann [1, 2]. Über potenziell lebensgefährliche Angioödeme der Atem-Schluckstraße wurde bereits bei dreijährigen Kindern berichtet. Diese sind besonders gefährdet, weil der Durchmesser ihrer Atemwege noch geringer ist als bei Erwachsenen [2, 3]. Belastung durch unvorhersehbare Attacken Die Schwellungsattacken selbst, ebenso wie die Angst vor der nächsten Attacke belasten die Erkrankten sozial und emotional stark. Dies gilt auch für die Zeit zwischen den Attacken [4–7]. Die Attacken können sportliche oder soziale Aktivitäten so stark beeinträchtigen, dass manche Patientinnen und Patienten komplett darauf verzichten. Aufgrund von HAE-Attacken versäumte Schultage können sich auf die Bildungs- und Berufschancen auswirken [2, 4]. Zudem trägt die ständige Angst vor der möglichen nächsten Attacke dazu bei, dass diese auftreten oder sich verstärken [4, 5, 7]. Da das HAE nach wie vor wenig bekannt ist und die einzelnen Symptome denen anderer, häufigerer Krankheiten ähneln, dauert es oft viele Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt wird [8]. Vor allem bei wiederkehrenden abdominellen Schmerzattacken werden oft nichtindizierte explorative Laparotomien vorgenommen, weil ein akutes Abdomen oder eine Appendizitis vermutet wird [2, 8]. Therapieziele in den Leitlinien Die aktuelle Version der gemeinsamen internationalen Leitlinie der World Allergy Organization (WAO) und der European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) fordert als Behandlungsziele für das HAE das Erreichen einer vollständigen Krankheitskontrolle und die Ermöglichung eines normalen Lebens für die Betroffenen [1]. Für die Patientinnen und Patienten bedeutet eine vollständige Krankheitskontrolle, dass sie langfristig frei von Schwellungsattacken sind. Erreicht werden kann dieses Ziel nur mit einer Langzeitprophylaxe, z. B. mit Lanadelumab (Takhzyro®) [1]. Therapielücke bei Kindern geschlossen Für Kinder <6 Jahren gab es bislang keine zugelassene Prophylaxe-Option. Die für ältere Kinder von 6 bis <12 Jahren verfügbare Langzeittherapie muss alle drei bis vier Tage intravenös appliziert werden. Mit der Zulassungserweiterung von Lanadelumab zur Langzeitbehandlung von Patientinnen und Patienten ab zwei Jahren wurde eine Alterslücke in der Therapie geschlossen. Kinder im Alter von 6 bis <12 Jahren können zudem dank der subkutanen (s.c.) Applikation und der niedrigeren Injektionsfrequenz deutlich einfacher behandelt werden [9]. Lanadelumab ist bereits seit 2018 für die routinemäßige Prophylaxe von wiederkehrenden Attacken des HAE bei Betroffenen ab 12 Jahren zugelassen. Die Zulassungserweiterung auf die Langzeitbehandlung von Kindern im Alter von 2 bis <12 Jahren erfolgte auf Basis der Daten der SPRING-Studie im November 2023 [9, 10]. Chance auf attackenfreies Leben In der bislang größten pädiatrischen Phase-III-Studie zur Langzeitprophylaxe bei Kindern mit HAE (n=21) im Alter von 2 bis <12 Jahren wurde die Sicherheit und Wirksamkeit von Lanadelumab s.c. über einen Zeitraum von 52 Wochen untersucht [9]. Die Teilnehmenden erhielten entweder Lanadelumab s.c. 150mg alle vier (Alter: 2 bis <6 Jahre) oder alle zwei (Alter: 6 bis <12 Jahre) Wochen. Letztere konnten auf eine vierwöchentliche Applikationsfrequenz wechseln, wenn sie über 26 Wochen attackenfrei geblieben waren [10]. In der Gesamtkohorte ging die Attackenrate im Studienzeitraum um 94,8% zurück, von eingangs erhobenen 1,84 auf 0,08 Attacken pro Monat (Abb. 1) [10]. Die Reduktion der Attackenrate war in den beiden Altersgruppen vergleichbar. Insgesamt 76,2% der behandelten Kinder und 99,5% der Tage während der gesamten 52-wöchigen Studiendauer waren attackenfrei (Abb. 2) [10]. Darüber hinaus verbesserte sich bei den Kindern unter der Therapie mit Lanadelumab die Lebensqualität klinisch relevant, beurteilt anhand des Pediatric Quality of Life Inventory (PedsQL). Der Effekt konnte bereits nach vier Behandlungswochen dokumentiert werden und hielt bis zum Ende des Studienzeitraums an [10]. Abb. 1: SPRING-Studie: Reduktion der monatlichen Attackenrate unter Lanadelumab gegenüber dem Ausgangswert bei Kindern mit HAE im Alter von 2 bis <12 Jahren (modifiziert nach [10]) Springer Medizin Verlag GmbH × Somit konnte die SPRING-Studie belegen, dass unter der Langzeittherapie mit Lanadelumab auch Kinder die Chance auf die in der Leitlinie geforderten Therapieziele vollständige Krankheitskontrolle und normales Leben haben. Abb. 2: SPRING-Studie: Attackenfreie Tage und attackenfreie Kinder (2 bis <12 Jahre) während der 52-wöchigen Studiendauer (modifiziert nach [10]) Springer Medizin Verlag GmbH × Für den Praxisalltag relevant Bei pädiatrischen Patientinnen und Patienten mit rezidivierenden Abdominalattacken, wiederkehrenden Hautschwellungen ohne Juckreiz und ohne Quaddeln sowie Ödemen im Bereich der oberen Atemwege sollten allergologisch und pädiatrisch tätige Ärztinnen und Ärzte an das Vorliegen eines HAE denken. Unbehandelte Attacken dauern typischerweise zwischen zwei und fünf Tagen. Der Verdacht auf ein HAE liegt nahe, wenn die Betroffenen auch über Prodromi und ein erstes Auftreten der Beschwerden bereits in der Kindheit berichten [1]. Hinweisend auf ein HAE ist zudem die Beobachtung, dass die Schwellungsattacken – bedingt durch die Ätiologie der Erkrankung – nicht auf Antihistaminika, Glukokortikoide, Omalizumab oder Epinephrin ansprechen. Wichtig zur Bestätigung ist schließlich auch eine sorgfältige Familienanamnese. Allerdings sind für etwa ein Viertel der HAE-Fälle Keimbahn-Neumutationen verantwortlich [1]. Verdachtsdiagnose bestätigen Das HAE wird durch eine Mutation im Gen des C1-Inhibitors (C1-INH) ausgelöst. Dadurch kommt es zum quantitativen (Typ I) oder qualitativen (Typ II) Mangel an C1-INH, was zu einer unzureichenden Kontrolle des Kallikrein-Kinin-Systems führt. Besteht der Verdacht auf ein HAE, kann dieser mit einem einfachen Labortest abgeklärt werden. Dazu werden die Konzentrationen des C1-INH und des Komplementfaktors C4 sowie die Aktivität von C1-INH im Plasma bestimmt. Für die weitere Abklärung und Therapieentscheidung sollte Kontakt zu Zentren mit HAE-Erfahrung aufgenommen werden [1, 11]. Takhzyro® 150 mg/300 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze Wirkstoff: Lanadelumab. Zusammensetzung: Eine Fertigspritze enthält 150 mg Lanadelumab in 1 ml / 300 mg Lanadelumab in 2 ml Lösung; Sonstige Bestandteile: Dinatriumphosphat-Dihydrat, Citronensäure-Monohydrat, Histidin, Natriumchlorid, Polysorbat 80, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Takhzyro wird bei Patienten ab 2 Jahren zur routinemäßigen Prophylaxe von wiederkehrenden Attacken des hereditären Angioödems (HAE) angewendet. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Reaktionen an der Injektionsstelle (Schmerz, Erythem, blaue Flecken, Unbehagen, Hämatom, Blutung, Pruritus, Schwellung, Induration, Parästhesie, Reaktion, Wärmegefühl, Ödem und Ausschlag); Häufig: Überempfindlichkeit (einschließlich Pruritus, Unbehagen und Kribbeln der Zunge), Schwindelgefühl, Makulo-papulöser Ausschlag, Myalgie, Alaninaminotransferase oder Aspartataminotransferase erhöht. Verschreibungspflichtig. Takeda Pharmaceuticals International AG Ireland Branch, Irland. Stand der Information: November 2023 Literatur Maurer M et al., Allergy 2022, 77:1961–1990 Farkas H et al., Allergy 2017, 72:300–313 Bork K et al., Arch Int Med 2003, 163:1229–1235 Johnston DT, Smith RC, Allergy Asthma Proc 2020, 41 (Suppl 1):S43–S46 Kessel A et al., Pediatr Allergy Immunol 2017, 28:692–698 Engel-Yeger B et al., Pediatr Allergy Immunol 2017, 28:370–376 Savarese L et al., Orphanet J Rare Dis 2018, 13:115 Zanichelli A et al., Allergy Asthma Clin Immunol 2013, 9:29 Fachinformation Takhzyro®, Stand: November 2023 Maurer M et al., J Allergy Clin Immunol Pract 2023, doi:10.1016/j.jaip.2023.09.009 Zentren mit HAE-Erfahrung: www.leben-mit-hae.de/hae-service/hae-anlaufstellen Impressum „Langzeitprophylaxe beim hereditären Angioödem: Lanadelumab jetzt auch für Kinder ab zwei Jahren zugelassen“ Literaturarbeit Bericht: Dr. Silke Wedekind, Frankfurt a.M. Artikel 531263 gedruckt in: Monatsschrift Kinderheilkunde 3/2024, Allergo Journal 2/2024 Mit freundlicher Unterstützung der Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG, Berlin Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Sabine Jost Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführung: Fabian Kaufmann, Dr. Cécile Mack, Dr. Hendrik Pugge Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF-Download: Langzeitprophylaxe beim hereditären Angioödem - Lanadelumab jetzt auch für Kinder ab 2 Jahren zugelassen

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