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14.01.2022 | Infektionserkrankungen in der Hausarztpraxis | Nachrichten

Orale Antikoagulation

Erhöhtes Blutungsrisiko bei Atemwegsinfekten

verfasst von: Dr. Beate Schumacher

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Für Patienten unter oraler Antikoagulation bergen Atemwegsinfektionen ein zusätzliches Risiko: Signifikant häufiger als in infektfreien Zeiten kommt es zu schweren Blutungen.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Das Risiko, eine schwere Blutung zu erleiden, steigt bei Patienten, die Antikoagulanzien einnehmen, laut einer britischen Studie auf mehr als das Doppelte, sobald ein akuter Atemwegsinfekt hinzukommt. Den Daten zufolge handelt es sich dabei um eine Folge des Infekts und nicht einer Interaktion zwischen oralen Antikoagulanzien und Antibiotika. Für die Patienten heißt das, dass möglicherweise auch im Fall einer unkomplizierten ambulant erworbenen Atemwegsinfektion eine Anpassung der Antikoagulation sinnvoll sein könnte.

2,7-mal so viele Major-Blutungen

Studienteilnehmer waren 1208 erwachsene Patienten (mittleres Alter 77 Jahre) unter Warfarin oder direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK), bei denen sowohl eine Blutungskomplikation als auch eine ambulant erworbene Atemwegsinfektion (AWI) ohne Antibiotikatherapie dokumentiert war. Die Patienten dienten als ihre eigenen Kontrollen: Verglichen wurde die Häufigkeit von Blutungen an den Tagen 0–14 der AWI mit der Häufigkeit an Tagen außerhalb dieses Zeitraums (mit Ausnahme der sieben Tage vor der hausärztlichen AWI-Diagnose). Als Major-Blutungen galten stationär versorgte gastrointestinale und intrakranielle Blutungen, als klinisch relevante Non-Major-Blutungen (CRNMB) alle anderen Blutungen, die ebenfalls eine medizinische Intervention erforderten. Insgesamt ereigneten sich in der Beobachtungszeit von median 2,4 Jahren 395 Major-Blutungen und 1272 CRNMB; davon traten 41 bzw. 81 während einer AWI auf. Damit war in diesen Phasen die Inzidenz von Major-Blutungen 2,7-mal und von CRNMB 2,3-mal so hoch wie in der AWI-freien Zeit.

Risikoanstieg mit Warfarin und DOAK

Die höchsten Steigerungsraten von Major-Blutungen wurden an den Tagen 11–15 (um den Faktor 3,0) und von CRNMB an den Tagen 0–5 (Faktor 3,9) verzeichnet. An den Tagen 15–30 nach einer dokumentierten AWI unterschieden sich die Blutungsraten dagegen nicht mehr von denen der Kontrollzeit.

Das erhöhte Blutungsrisiko während einer AWI zeigte sich unabhängig vom Alter der Patienten und sowohl mit Warfarin wie mit DOAK. Wurden auch AWI berücksichtigt, die antibiotisch behandelt wurden, ergab sich eine etwas geringere Zunahme an Blutungskomplikationen (um den Faktor 2,3 bzw. 2,2).

"Zu früh für Empfehlungen"

Die Ergebnisse hätten „potenzielle klinische Konsequenzen für das Management von oralen Antikoagulanzien während einer akuten Erkrankung“, schreiben die Studienautoren um Haroon Ahmed von der Universität in Cardiff. Für Empfehlungen sei es allerdings noch zu früh, dazu müssten die Ergebnisse erst in größeren Studien bestätigt werden. Zwar geht aus der Studie hervor, dass die Zunahme von Blutungen nicht auf Wechselwirkungen mit Antibiotika zurückzuführen ist (wie sie z. B. zwischen Warfarin und Makroliden oder Fluorchinolonen beschrieben sind). Es ist aber nicht auszuschließen, dass die Blutungsraten durch die Einnahme von rezeptfreien Medikamenten, insbesondere von NSAR, beeinflusst wurden.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Beeinflusst eine ambulant erworbene Atemwegsinfektion (AWI) ohne antibiotische Therapie das Blutungsrisiko von Patienten unter oraler Antikoagulation?

Antwort: An den Tagen 0–14 nach einer AWI-Diagnose ist das Risiko für Major- und für andere klinisch relevante Blutungen mehr als doppelt so hoch wie in der AWI-freien Zeit.

Bedeutung: Möglicherweise ist bei akuten Infektionen eine Anpassung der oralen Antikoagulation sinnvoll.

Einschränkung: Studie mit nur 1200 Teilnehmern; Einfluss von rezeptfreien NSAR nicht untersucht.


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Literatur

Ahmed H et al. Respiratory tract infection and risk of bleeding in oral anticoagulant users: self-controlled case series. BMJ 2021;375:e068037 http://dx.doi.org/10.1136/bmj-2021-068037

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