Erschienen in:
01.08.2009 | In der Diskussion
Randomisierte klinische Studien in der Unfallchirurgie
Entscheidungsfindung im Spannungsfeld zwischen Eminenz und Evidenz
verfasst von:
Dr. H. Trentzsch, S. Piltz, G. Täger, F. Berger, E. Steinhausen, E.A.M. Neugebauer, D. Rixen, Die Mitglieder der Damage Control Study
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 8/2009
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Zusammenfassung
Gut geplante, multizentrisch angelegte, prospektiv-randomisierte klinische Studien (RCTs) gelten als Goldstandard einer auf wissenschaftlicher Erkenntnis begründeten, so genannten „evidence-based medicine“. Die Ergebnisse solcher Studien repräsentieren die solideste Grundlage für Therapieempfehlungen in den S3-Leitlinien aller Fachgesellschaften (http://www.leitlinien.net). Die Durchführung von „Good-clinical-practice“- (GCP-)konformen Studienprotokollen (gemäß den Leitlinien der International Conference on Harmonization zur Guten Klinischen Praxis (ICH-GCP [
1]) ist höchst anspruchsvoll. Die Ergebnisse können jahrelang gepflegte Praktiken und Riten in ihren Grundfesten zutiefst erschüttern [
2].
Eine seit über 20 Jahren kontrovers diskutierte Frage ist die Art der primären Stabilisierung von Femurschaftfrakturen beim Schwerverletzten. Dabei konkurrieren 2 Konzepte miteinander:
-
Early Total Care (ETC, frühe definitive Frakturstabilisierung) und
-
Damage Control Orthopedics (DCO, sekundäre Versorgung nach initialer Transfixation).
Zur Beantwortung dieser ungeklärten Frage findet derzeit in Deutschland die „Damage-control-Studie“ (DCO-Studie) mit gegenwärtig bundesweit 25 unfallchirurgischen Klinken als Studienzentren statt.
Die Studie wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert, von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) inhaltlich unterstützt und ist in einem von DFG und Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam betriebenen Programm zur Förderung klinischer Studien in Deutschland verankert. Sie wird zudem vom ChirNet-Standort Witten/Herdecke-Köln (http://www.chir-net.de) unterstützt.
Bei dieser RCT handelt es sich zweifellos um eine der bedeutendsten Studien zur Schwerverletztenversorgung in den vergangenen Jahren. Zum einen weil das Ergebnis die Strategie bei der Versorgung von Femurschaftfrakturen beim Polytrauma nachhaltig beeinflussen wird; zum anderen unterstreicht die erfolgreiche Durchführung dieser Studie den hohen wissenschaftlichen Anspruch und die große wissenschaftliche Kompetenz der Unfallchirurgie in Deutschland. Gleichzeitig sieht sich die Studie aber mit einem Dilemma konfrontiert, das sie auf eine harte Bewährungsprobe stellt, nämlich einer bisher unzureichenden Patientenrekrutierung.
In diesem Artikel werden anhand einer Kasuistik Erklärungen für das Problem gesucht und die besonderen Probleme von RCTs mit chirurgischer Fragestellung diskutiert.