Skip to main content

02.11.2022 | Melanom | Nachrichten

Therapiesequenz

BRAF-V600-Melanom: Besser mit Checkpointhemmer starten

verfasst von: Thomas Müller

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Bei metastasiertem Melanom mit einer BRAF-V600-Mutation ist eine initiale Therapie mit Checkpointhemmern gefolgt von BRAF/MEK-Blockern wirksamer als eine Behandlung in umgekehrter Reihenfolge: Nach zwei Jahren sind damit deutlich mehr Melanomkranke am Leben.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Die oft zahlreichen Therapieoptionen bei metastasierten Tumoren stellen Ärztinnen und Ärzte nicht nur vor das Problem, eine geeignete Erstlinientherapie zu wählen, sondern auch die am besten geeignete Therapiesequenz: Bei zwei ähnlich wirksamen Behandlungen kann es sein, dass Therapie A in der Erstlinie gefolgt von Therapie B in der Zweitlinie bessere Resultate liefert als B gefolgt von A. Kontrollierte Studien zur sequentiellen Therapien sind aber noch recht selten. 

Ein Team um Dr. Michael Atkins vom Georgetown Lombardi Comprehensive Cancer Center in Washington hat eine solche Studie nun bei Personen mit metastasiertem Melanom und BRAFV600-Mutation veröffentlicht. Hier ergab sich beim Gesamtüberleben ein klarer Vorteil für den Beginn mit Immuncheckpointhemmern (ICI) gefolgt von BRAF/MEK-Inhibitoren (BMI) in der Zweitlinie. Dies ist auch insofern relevant, als in den USA inzwischen die Hälfte der Personen mit metastasierten BRAF-V600-Melanomen zunächst eine BMI-Kombination und erst dann eine Immuntherapie erhält und nur ein Viertel zunächst die ICI-Standardkombination von Nivolumab plus Ipilimumab bekommt.

Mit Checkpointhemmer-Start bleiben 72% über zwei Jahre am Leben

Für die Studie DREAMseq (ECOG-ACRIN 6134) konnten die Onkologinnen und Onkologen um Atkins 265 Personen mit einem BRAF-V600-positivem metastasiertem Melanom gewinnen. Alle hatten noch keine systemische Therapie gegen den metastasierten Tumor bekommen, aber teilweise eine adjuvante Behandlung ohne ICI oder BMI (rund 14%). Die Hälfte wurde nach dem Zufallsprinzip einer Sequenz aus ICI gefolgt von BMI im Progress zugeordnet, die übrigen einer BMI-ICI-Sequenz. Die ICI-Behandlung erfolgte mit einer Standarddosierung aus Nivolumab und Ipilimumab, die BMI-Therapie mit Dabrafenib (150 mg/bd) und Trametinib (2 mg/d), jeweils bis zum Progress.

Zu Beginn waren die Teilnehmenden im Median 61 Jahre alt, der Männeranteil lag bei etwa 63%, drei Viertel hatten eine V600E-Mutation. Nach einer Zwischenauswertung wurde die Aufnahme neuer Patientinnen und Patienten gestoppt, da sich eine Überlegenheit der ICI-BMI-Sequenz andeutete. Zu diesem Zeitpunkt hatten 73 Betroffene bereits eine Zweitlinienbehandlung bekommen, 46 mit ICI und 27 mit BMI, die mediane Nachbeobachtungsdauer lag bei 28 Monaten, insgesamt 100 Melanomkranke waren zu diesem Zeitpunkt bereits gestorben.

Bezogen auf das Gesamtüberleben deutete sich zunächst ein Vorteil für die BMI-ICI-Sequenz an: Mit einem ICI-Start starben in den ersten zwölf Monaten deutlich mehr Erkrankte als mit einem BMI-Start, dann aber wendete sich das Blatt: Nach zwei Jahren waren noch 72% mit der ICI-BMI-Sequenz am Leben, aber nur 52% mit der BMI-ICI-Sequenz: Wer auf die BMI-Therapie nicht mehr anspricht, scheint auch von ICI nicht mehr groß zu profitieren, wohingegen sich die Melanome nach einem Progress unter ICI noch recht gut mit BMI kontrollieren lassen oder es unter ICI nicht so schnell zu einem Progress kommt – für Letzteres spricht die Beobachtung, dass deutlich mehr Betroffene mit einem BMI-Start zum Studienende auf ICI gewechselt hatten, als dies umgekehrt der Fall war.

Deutlich längeres progressionsfreies Überleben

Ein ähnliches Bild ergab sich beim progressionsfreien Überleben (PFS): Anfangs schienen Melanomkranke mit BMI besser zu fahren, bereits nach sechs Monaten schnitten sich aber die PFS-Kurven und die Personen mit einem ICI-Start waren im Vorteil: Nach zwei Jahren waren mit der ICI-BMI-Sequenz noch 42% progressionsfrei, mit BMI-ICI nur 19%. Insgesamt erreichte das PFS einen Medianwert von 11,8 Monaten mit ICI-BMI und 8,5 Monaten mit BMI-ICI. Wurde nur die Zweitlinie betrachtet, so lag dort der Median unter BMI bei 9,9 Monaten und unter ICI bei 2,9 Monaten. Das spricht tatsächlich dafür, dass ICI nach einem Progress unter BMI weniger gut wirken als BMI nach einem Therapieversagen unter ICI. Eine längere Therapieresponse mit ICI in der Erstlinie und eine weniger gute Wirksamkeit in der Zweitlinie – beide Faktoren legen also den größeren Nutzen einer ICI-BMI-Sequenz nahe.

Interessanterweise deutete sich der Vorteil für die ICI-BMI-Sequenz in allen Subgruppen an, auch solchen mit der besten Prognose unter BMI und der schlechtesten unter ICI: Es lasse sich also keine Subgruppe identifizieren, die eher von einem BMI-Start profitieren würde, schreiben die Ärztinnen und Ärzte um Atkins. Sie sehen dafür auch biologische Gründe. So scheinen BMI-resistente Tumoren eine immunsupprimierende Mikroumgebung zu schaffen, wohingegen eine Immuntherapie Tumoren für BMI empfindlicher mache. Möglicherweise wäre ein Therapie mit BMI plus ICI in der Erstlinie noch etwas wirksamer, allerdings fehlten dann Alternativen für die Zweitlinie. Atkins und Mitarbeiter bezweifeln daher, dass eine solche Mehrfachkombi-Therapie längerfristig Vorteile gegenüber der ICI-BMI-Sequenz habe. Nach ihren Resultaten sei ein Start mit ICI auch bei Betroffenen mit BRAF-Mutationen, für die es zielgerichtete Therapien gebe, der bislang beste Weg.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Sollten Personen mit metastasierten BRAF-V600-positiven Melanomen zunächst eine zielgerichtete Therapie und erst im Progress eine Immuntherapie bekommen oder ist die umgekehrte Sequenz von Vorteil?

Antwort: Nach Daten einer Phase-3-Studie sind nach zwei Jahren beim Start mit Checkpointhemmern noch deutlich mehr Menschen am Leben als bei einem Beginn mit BRAF/MEK-Hemmern.

Bedeutung: Auch bei BRAF-V600-positiven Melanomen ist ein Start mit Checkpointhemmern die bessere Wahl.

Einschränkung: Relativ kleine Studie, nur wenige Betroffene mit Zweitlinientherapie.

print
DRUCKEN
Literatur

Atkins MB et al. Combination Dabrafenib and Trametinib Versus Combination Nivolumab and Ipilimumab for Patients With Advanced BRAF-Mutant Melanoma: The DREAMseq Trial—ECOG-ACRIN. J Clin Oncol 2022; https://doi.org/10.1200/JCO.22.01763

Weiterführende Themen

Adjuvante Immuntherapie verlängert Leben bei RCC

25.04.2024 Nierenkarzinom Nachrichten

Nun gibt es auch Resultate zum Gesamtüberleben: Eine adjuvante Pembrolizumab-Therapie konnte in einer Phase-3-Studie das Leben von Menschen mit Nierenzellkarzinom deutlich verlängern. Die Sterberate war im Vergleich zu Placebo um 38% geringer.

Alectinib verbessert krankheitsfreies Überleben bei ALK-positivem NSCLC

25.04.2024 NSCLC Nachrichten

Das Risiko für Rezidiv oder Tod von Patienten und Patientinnen mit reseziertem ALK-positivem NSCLC ist unter einer adjuvanten Therapie mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor Alectinib signifikant geringer als unter platinbasierter Chemotherapie.

Bei Senioren mit Prostatakarzinom auf Anämie achten!

24.04.2024 DGIM 2024 Nachrichten

Patienten, die zur Behandlung ihres Prostatakarzinoms eine Androgendeprivationstherapie erhalten, entwickeln nicht selten eine Anämie. Wer ältere Patienten internistisch mitbetreut, sollte auf diese Nebenwirkung achten.

ICI-Therapie in der Schwangerschaft wird gut toleriert

Müssen sich Schwangere einer Krebstherapie unterziehen, rufen Immuncheckpointinhibitoren offenbar nicht mehr unerwünschte Wirkungen hervor als andere Mittel gegen Krebs.

Update Onkologie

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.