Cefiderocol überwindet Multiresistenz bei aeroben gramnegativen Bakterien

Cefiderocol von Shionogi ist das einzige Siderophor-Cephalosporin, das gegen alle relevanten multiresistenten aeroben gramnegativen Problemkeime wirkt. Cefiderocol nutzt das bakterieneigene Eisenaufnahmesystem, um wie ein „trojanisches Pferd“ in die Bakterienzelle zu gelangen. Es umgeht so wichtige Resistenzmechanismen. >>Mehr zum Galenus-von-Pergamon-Preis Infektionen durch multiresistente gramnegative Erreger (MRGN) und insbesondere Carbapenem-resistente gramnegative Erreger verlaufen häufig kompliziert und können schnell lebensbedrohlich werden. Die Therapieoptionen bei Carbapenem-resistenten Infektionen sind eingeschränkt. Cefiderocol bindet an freie Eisenionen und gelangt so unerkannt in das Periplasma des Bakteriums, in das es von bakterieneigenen Siderophor-Transportern geschleust wird. Letztendlich bewirkt Cefiderocol die Lyse des Bakteriums. Shionogi × In manchen Fällen wirkt in begrenztem Umfang nur noch das Reserve-Antibiotikum Colistin, das aber erhebliche nephrotoxische Nebenwirkungen hat. Daher werden dringend neue, wirksame und verträgliche Optionen gegen MRGN benötigt, die die Resistenzmechanismen überwinden. Neuartiger Zelleintrittsmechanismus Mit Cefiderocol (Fetcroja®) ist in Deutschland seit Januar 2021 das erste eisenbindende SiderophorCephalosporin verfügbar. Das von Shionogi entwickelte Antibiotikum ist zur intravenösen Therapie von Infektionen durch aerobe gramnegative Erreger – unabhängig vom infizierten Organ – bei Erwachsenen indiziert, wenn nur begrenzte Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Cefiderocol verfügt über einen neuartigen Zelleintrittsmechanismus, mit dem die drei entscheidenden Resistenzmechanismen der gramnegativen Bakterien – Betalaktamasen, Veränderungen der Porinkanäle sowie überexprimierte Effluxpumpen – überwunden werden können. Bestandteil des Moleküls sind zum einen Seitenketten, die die Stabilität gegen Betalaktamasen erhöhen. Zum anderen enthält das Molekül eine Siderophor-Seitenkette, die freie Eisenionen bindet. Dies ermöglicht, dass Cefiderocol mithilfe der bakteriellen Eisentransporter unerkannt durch die äußere Membran in den periplasmatischen Raum des Bakteriums transportiert wird. Hier kommt es letztendlich zur Hemmung der Zellwandsynthese, was zur Lyse und zum Tod des Bakteriums führt. In-vitro-Untersuchungen ergaben, dass Cefiderocol gegen alle wichtigen aeroben gramnegativen Erreger einschließlich der WHO-Problemkeime Carbapenem-resistente Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa und Enterobacterales (z.B. Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae) und auch gegen Stenotrophomonas maltophilia wirkt. Im Vergleich zu den neueren Betalaktam-Inhibitor-Kombinationen Ceftazidim/Avibactam und Ceftolozan/Tazobactam sowie Colistin wirkt Cefiderocol bei diesen multiresistenten Erregern deutlich besser. Cefiderocol ist zudem bei MRGN-Erregern wirksam, die gegen die drei genannten Reserve-Antibiotika/-Kombinationen resistent sind. Die Ergebnisse der Zulassungsstudien APEKS-NP, APEKS-cUTI und CREDIBLE-CR belegen die Wirksamkeit und Sicherheit von Cefiderocol bei nosokomialer Pneumonie (NP), komplizierten Harnwegsinfektionen (cUTI) sowie Bakteriämie und Sepsis durch MRGN. Robuste Datenlage In der doppelblinden Phase-III-Studie APEKS-NP war Cefiderocol hochdosiertem Meropenem bei schwerkranken Patientinnen und Patienten mit gramnegativer NP nicht unterlegen. Die Gesamtmortalität nach 14 Tagen (primärer Endpunkt) betrug unter Cefiderocol 12,4 vs. 11,6 Prozent, nach 28 Tagen 21,0 vs. 20,5 Prozent. Dass die Monotherapie mit Cefiderocol im Vergleich zu Antibiotika-Kombinationen vergleichbare Ergebnisse erzielt, belegte die randomisierte, offene, Pathogen-fokussierte, deskriptive Studie CREDIBLE-CR. Die sehr heterogene Patientengruppe dieser Phase-III-Studie spiegelt die klinische Realität in der Salvage-Therapie wider. Die Betroffenen hatten lebensbedrohliche NP, cUTI und Bakteriämie/Sepsis durch Carbapenem-resistente Erreger und erhielten deswegen entweder Cefiderocol (bei 85 Prozent als Monotherapie verabreicht) oder eine „beste verfügbare Therapie“ (bei 71 Prozent als Kombinationstherapie eingesetzt, davon bei 66 Prozent mit Colistin). Die klinischen und mikrobiologischen Ergebnisse waren zwischen beiden Gruppen vergleichbar. Bei NP sprachen unter Cefiderocol 50 Prozent und unter BAT 53 Prozent der Patientinnen und Patienten klinisch an, bei Bakteriämie/Sepsis jeweils 43 Prozent. Eine mikrobiologische Eradikation erzielte Cefiderocol z.B. bei 53 Prozent in der cUTI-Gruppe (BAT: 20 Prozent). Im Cefiderocol-Arm betrug die Gesamtmortalität 34 Prozent und war damit vergleichbar zu anderen klinischen Studien. In der BAT-Gruppe lag die Mortalitätsrate mit 18 Prozent deutlich unter der Mortalität aus anderen klinischen Studien – die Ursache für diesen Unterschied konnte nicht geklärt werden. Mittlerweile wurden Fallberichte zu Cefiderocol aus dem Compassionate-Use-Programm veröffentlicht. In diesem Salvage-Programm wurden weltweit Erwachsene mit Infektionen durch komplizierte multiresistente Problemkeime mit Cefiderocol behandelt. Mit einer Überlebensrate von über 60 Prozent bestätigte sich in diesem Programm der Therapieerfolg von Cefiderocol bei MRGN aus den klinischen Studien. (awa) Cefiderocol nutzt bakterieneigenen Eisentransporter Cefiderocol ist das weltweit erste eisenbindende Siderophor-Cephalosporin. Das Molekül hat mehrere Seitenketten. Die SiderophorSeitenkette bindet im Extrazellularraum freie Eisenionen (Fe3+). Dies ermöglicht, dass Cefiderocol unerkannt mithilfe der in der äußeren Zellmembran befindlichen bakteriellen Siderophor-Transporter aktiv in den periplasmatischen Raum von gramnegativen Bakterien geschleust wird. Unabhängig von diesem neuartigen Zelleintrittsmechanismus gelangt Cefiderocol auch durch passive Diffusion durch die Porinkanäle der äußerem Membran in den periplasmatischen Raum. Dort bindet Cefiderocol an Penicillin-bindende Proteine, wodurch die Peptidoglykan-Synthese in der Zellwand gehemmt wird. Dies führt zur Lyse und zum Tod des Bakteriums. Außerdem verfügt Cefiderocol über weitere Seitenketten, durch die seine Stabilität gegen Betalaktamasen erhöht und die Erkennung durch Betalaktamasen verhindert wird. Mit all diesen Strategien kann Cefiderocol die Resistenzmechanismen umgehen. Shionogi: Innovationen mit Geschichte Branche: Das japanische Traditionsunternehmen – 1878 in Osaka gegründet – entwickelt und vermarktet schwerpunktmäßig Antiinfektiva, Schmerzmittel, ZNS- und Herz-Kreislauf-Medikamente sowie Präparate für die Gastroenterologie. Weltweit sind rund 5500 Mitarbeiter für den börsennotierten Konzern tätig. Als Meilensteine der eigenen Forschung werden unter anderem das erste Sulfonamid-Antibiotikum (Sulfamethoxazol, 1957), der Cholesterinsenker Rosuvastatin (2003), das Antidepressivum Duloxetin (2010) oder der HIV-Wirkstoff Dolutegravir (2013) benannt. 2019 ging in Berlin die deutsche Landesgesellschaft an den Start. Schwerpunkte des hiesigen Angebots sind Antiinfektiva und Gastroenterologie. Umsatz und Gewinn: Im jüngst abgelaufenen Geschäftsjahr 2021 (zu Ende März 2022) wurden rund 335 Milliarden Yen (umgerechnet 2,4 Milliarden Euro) umgesetzt. Der Jahresüberschuss erreichte 114,2 Milliarden Yen (831,4 Millionen Euro). F&E-Ausgaben: Die F&E-Aufwendungen lagen zuletzt mit 73 Milliarden Yen (531 Millionen Euro) etwa ein Drittel über Vorjahr. Pipeline: Mit Stand Ende Januar 2022 weist die Pipelineübersicht 33 klinische Projekte aus, darunter neun in fortgeschrittenen Stadien. Fokussiert ist die Produktentwicklung auf Antiinfektiva, Schmerzen, Stoffwechselerkrankungen und Krebs. Zudem arbeiten die Shionogi-Forscher an einem Corona-Impfstoff (aktuell in Phase III) sowie an einem oralen COVID-Therapeutikum, dem hinsichtlich der Ressourcenallokation „zentrale Bedeutung“ zugemessen wird, wie es heißt. Bei der Substanz mit der Arbeitsbezeichnung „S-217622“ handelt es sich um einen 3CL-Proteaseinhibitor. Die globale Phase-III-Studie (SCORPIO-HR) wurde im März dieses Jahres begonnen. Der Wirkstoff soll in der Lage sein, das Risiko schwerwiegender Komplikationen einer COVID-Erkrankung sowie die Dauer der Infektiosität zu verringern. (cw) Quelle: ÄrzteZeitung

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