Eiswassertest überführt überaktiven Detrusor

Der Eiswassertest hat sich in einer kleinen Studie als einfaches, aber treffsicheres Instrument erwiesen, eine Überaktivität des Blasendetrusors von Patienten mit multipler Sklerose zu diagnostizieren. Der Eiswassertest ist zwar keine heiße Sache mehr, nicht einmal im übertragenen Sinn. Bekannt ist das Verfahren nämlich schon seit über 60 Jahren. Doch eine Arbeitsgruppe aus deutschen und Schweizer Urologen unter Führung von Tanja Hüsch (Universitätsklinik Mainz) hat erforscht, was die Methode bei MS-Patienten mit neurogener Blase leistet – und zugleich versucht, die Aussagekraft des Tests gegenüber der bisherigen Lesart erheblich zu verbessern. Für den Test wird während der Zystometrie 4 °C kalte sterile Salzlösung über einen Katheter in einer Geschwindigkeit von 100 ml/min in die Blase gefüllt, bis eine Menge von 200 ml erreicht ist oder sich der Detrusor unwillkürlich, also reflexhaft kontrahiert. Im letzteren Fall ist das Testergebnis positiv und besagt, dass eine suprasakrale Nervenläsion vorliegt. Für ihre Pilotstudie analysierten Hüsch und Kollegen die Daten von 141 MS-Patienten retrospektiv. Bei 37% der Patienten fiel der Test positiv aus, der maximale Detrusordruck überschritt 15 cmH2O. Bei 17% der Patienten enthüllte der Test eine unwillkürliche Kontraktion des Detrusors, obwohl die routinemäßige Zystometrie keinerlei Überaktivität anzeigte. Schweregrad statt Dichotomie Bisher wird der Eiswassertest dichotom ausgewertet: Kontraktion ja oder nein. Hüsch und Mitarbeiter gingen nun einige Schritte weiter, indem sie versuchten, den Schweregrad der Detrusorüberaktivität zu kategorisieren. Dazu beschrieben sie eine Detrusordruckkurve (cmH2O/s) und maßen die Fläche unter der Kurve, um neben der Charakteristik auch die Dauer der Kontraktion einzubeziehen. Den Wert der Fläche setzten sie in Beziehung zum Druckgradienten, ∆P/∆t (cmH2O/s), zum Zeitpunkt der maximalen Detrusorkontraktion als Maß für die Reflexstärke. Auf diese Weise gelang es den Forschern, acht Schwerekategorien der Detrusorüberaktivität von MS-Patienten in Form eines Nomogramms zu definieren, was gegenüber den eher subjektiven zystometrischen Beurteilungen ein höheres Maß an Objektivität bedeuten könnte. Die Zahl der Inkontinenzepisoden wie auch die maximalen Detrusordrücke korrelierten mit den Kategorien – ein Indiz, dass die Klassifikation valide ist. Hüsch und ihr Team hoffen, mit ihrem Nomogramm nach Schweregrad der Detrusorüberaktivität ein Instrument entwickelt zu haben, das Hochrisikopatienten für Störungen der oberen Harnwege identifiziert. Die Betroffenen sind infektgefährdet und können ins Nierenversagen abgleiten. Außerdem ermöglicht das Nomogramm, die Prognose neurogener Störungen abzuschätzen und den Verlauf – besonders auch das Ansprechen auf eine Therapie – zu dokumentieren. Bevor es soweit ist, sind aber weitere Validierungsrunden nötig.

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