Pegcetacoplan schützt vor Hämolyse bei paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie

Pegcetacoplan von Swedish Orphan Biovitrum ist ein Hemmer des Komplementfaktors C3 zur Behandlung bei paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH) mit anhaltender Anämie. Mit der breiten Wirkung auf die C3-vermittelte Komplementkaskade können Bluttransfusionen effektiver vermieden werden. Pegcetacoplan bindet mit hoher Affinität an das Komplementprotein C3. So hemmt es die extravasale sowie die intravasale Hämolyse über das nachgeschaltete C5 und den Membran-Angriffskomplex. Swedish Orphan Biovitrum × >>Mehr zum Galenus-von-Pergamon-Preis Bei Menschen mit der seltenen PNH werden Erythrozyten zerstört, weil ihnen aufgrund erworbener Mutationen komplementregulierende Proteine wie CD55 und CD59 auf der Zelloberfläche fehlen. Klinische Folgen bei Betroffenen sind die intravasale Hämolyse mit Anämie und Retikulozytose, Zytopenie sowie eine Neigung zu Thrombosen. Die Patientinnen und Patienten leiden häufig unter Fatigue, Atemnot, abdominellen Schmerzen, Schluckbeschwerden und Erektionsstörungen. Unbehandelt ist die Erkrankung mit einer hohen Mortalität assoziiert. Breite Regulation der Hämolyse Mit Einführung von C5-Inhibitoren konnten zwar PNH-Symptome, Lebensqualität und Lebenserwartung deutlich verbessert werden, allerdings blockieren diese Wirkstoffe nur die intravasale Hämolyse. Etwa 30 Prozent der Patientinnen und Patienten benötigen trotz Behandlung mit einem C5-Inhibitor weiterhin regelmäßige Bluttransfusionen. Grund dafür ist die extravasale Hämolyse als Folge der C5-Inhibition: Bei Patientinnen und Patienten mit Erythrozyten, auf deren Oberfläche kein oder unzureichend CD55 vorhanden ist, werden vermehrt C3-Fragmente produziert. Diese C3-Fragmente opsonieren jene Erythrozyten, die medikamentös erfolgreich vor der C5-abhängigen Hämolyse geschützt worden sind, sodass sie in Leber und Milz phagozytiert werden. Die Lebensdauer der Erythrozyten von normalerweise 120 Tagen ist auf 10 bis 13 Tage reduziert. Pegcetacoplan (Aspaveli®) ist seit April 2022 in Deutschland zur Behandlung Erwachsener mit PNH verfügbar und wird bei anhaltender Anämie unter mindestens dreimonatiger Standardtherapie mit einem C5-Inhibitor eingesetzt. Das pegylierte Pentadecapeptid kontrolliert intra- und extravasale Hämolyse. Der Wirkstoff wird zweimal wöchentlich subkutan infundiert. Deutlicher Anstieg des Hb-Spiegels In der randomisierten, kontrollierten und offenen Phase-III-Studie PEGASUS waren 80 Erwachsene mit PNH, deren Hämoglobin (Hb)-Wert unter Therapie mit dem C5-Inhibitor Eculizumab weiterhin unter 10,5 g/dl lag, zunächst vier Wochen lang kombiniert mit subkutanem Pegcetacoplan und intravenösem Eculizumab behandelt worden (Run-in-Phase) [1]. Danach waren sie im Verhältnis 1:1 in die jeweiligen Monotherapie-Gruppen randomisiert worden. Primärer Studienendpunkt war die Veränderung des Hb-Spiegels innerhalb von 16 Wochen nach Randomisierung. In diesem Zeitraum hatte sich der durchschnittliche Hb-Wert in der Pegcetacoplan-Gruppe signifikant stärker erhöht als in der Kontrollgruppe (mittlere Zunahme um 3,84 g/dl versus Eculizumab, p < 0,001). 34 Prozent der Behandelten erreichten eine Hb-Normalisierung (Kontrollgruppe: 0 Prozent). Der Anstieg der Hb-Spiegel unter dem neuen Wirkstoff war bereits ab der zweiten Woche zu beobachten, um dann auf einem stabilen Niveau zu verbleiben. Ein wichtiger sekundärer Studienendpunkt war die Transfusionsvermeidung: 85 Prozent der Patientinnen und Patienten unter Pegcetacoplan benötigten keine Transfusionen mehr im Vergleich zu 15 Prozent unter Eculizumab (p < 0,001). Die im Vergleich zur Kontrollgruppe verbesserten Behandlungsergebnisse gingen einher mit einer klinisch relevanten Steigerung der Lebensqualität. Vor allem Patientinnen und Patienten mit einem Hb-Anstieg um ≥ 2 g/dl sowie mit deutlichem Abfall der Retikulozyten und des indirekten Bilirubins profitierten und zeigten weniger Fatigue sowie eine verbesserte körperliche Funktionalität. Stabiler Effekt über 48 Wochen Nach Abschluss der kontrollierten Studienphase folgte eine offene Phase, in der alle Teilnehmenden über 32 Wochen Pegcetacoplan erhielten [2]. Die Patientinnen und Patienten in der Eculizumab-Gruppe erhielten in einer vierwöchigen Vorlaufphase zunächst die Kombination, bevor sie auf die Monotherapie mit Pegcetacoplan wechselten. Die klinischen und hämatologischen Behandlungsergebnisse hielten bis zu 48 Wochen an. Über 70 Prozent der Patientinnen und Patienten benötigten bis Studienende keine Bluttransfusionen. Während die Hb-Spiegel bei den durchgängig mit Pegcetacoplan behandelten Patientinnen und Patienten auf stabil hohem Niveau blieben, war bei denjenigen, die in der offenen Studienphase von Eculizumab auf Pegcetacoplan gewechselt waren, ein signifikanter Hb-Anstieg zwischen Woche 16 und Woche 48 zu beobachten (8,58 g/dl versus 11,57 g/dl). Wichtigste unerwünschte Wirkungen der Behandlung mit Pegcetacoplan waren Reaktionen an der Injektionsstelle, Infektionen oder Infestationen und Diarrhö. Um schwere Infektionen mit bekapselten Bakterien wie Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae zu vermeiden, wird empfohlen, alle Patientinnen und Patienten mindestens zwei Wochen vor Behandlungsbeginn gegen diese Bakterien zu impfen. (ner) Regulation der extra- und intravasalen Hämolyse Pegcetacoplan besteht aus zwei identischen Pentadecapeptiden. Diese sind kovalent an die Enden eines linearen PEG-Moleküls mit 40 kDa gebunden. Die Peptidanteile binden mit hoher Affinität an das Komplementprotein C3 sowie an dessen Aktivierungsfragment C3b. Dadurch wird die Spaltung von C3 und die Bildung von nachgeschalteten Effektoren der Komplementaktivierung reguliert. Pegcetacoplan hemmt direkt die extravasale Hämolyse, die durch C3b-Opsonierung ausgelöst wird. Die intravasale Hämolyse wird über C5 und den nachgeschalteten Membran-Angriffskomplex vermittelt. Die alleinige C5-Blockade mit C5-Inhibitoren verhindert nicht, dass Erythrozyten mit C3-Fragmenten beladen werden, was die Phagozytose in Leber und Milz auslöst. Da Pegcetacoplan proximal sowohl auf die C3b-Bildung als auch auf die Bildung des Membran-Angriffskomplexes wirkt, ergibt sich eine breite Regulation der Komplementkaskade mit Kontrolle der Mechanismen sowohl auf die extra- wie auf die intravasale Hämolyse. Schwedischer Spezialist für Hämatologie und seltene Erkrankungen Branche: Die mit Hauptsitz in Stockholm, Schweden, ansässige Swedish Orphan Biovitrum AB führt ihre Ursprünge bis in die 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Traditionell kommt das Unternehmen aus der Plasma-Fraktionierung. Seit 40 Jahren werden aber auch neue Therapeutika gegen seltene Erkrankungen entwickelt. Portfolio-Schwerpunkte sind hämatologische und immunologische Indikationen sowie erbliche Stoffwechselerkrankungen. Seit 2006 ist die an der Nasdaq Stockholm gelistete Gesellschaft mit einer Landesvertretung auch in Deutschland (Martinsried) präsent. Weltweit sind für Swedish Orphan Biovitrum derzeit über 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in über 70 Ländern tätig. Umsatz und Gewinn: Vergangenes Jahr wurden rund 18,8 Milliarden Kronen erlöst (umgerechnet rund 1,7 Milliarden Euro). Der Jahresüberschuss belief sich auf 2,6 Milliarden Kronen (rund 230 Millionen Euro). F&E-Ausgaben: Die Investitionen in präklinische und klinische Forschung summierten sich zuletzt auf knapp 2,4 Milliarden Kronen (212 Millionen Euro). Pipeline: Aktuell werden neun Entwicklungsprojekte ausgewiesen, die sich bereits in den Studienphasen II und III befinden. Zu den wichtigen Pipeline-Nachrichten, die in diesem Jahr erwartet werden, zählen unter anderem die Zulassungsentscheidung in den USA für Efanesoctocog Alfa, einen gentechnisch hergestellten Gerinnungsfaktor VIII mit 47- stündiger Wirkdauer; im 2. Halbjahr soll dafür auch die EU-Zulassung beantragt werden. Eine US-Zulassungsentscheidung steht außerdem für den in Europa zur RSV-Prophylaxe bereits zugelassenen monoklonalen Antikörper Nirsevimab (Beyfortus®) an, der von den Kooperationspartnern AstraZeneca und Sanofi vermarktet wird. (cw) Quelle: ÄrzteZeitung

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