Zuweisungsfalle Praxisabgabe

Ein aktueller Fall, bei dem eine Zahnärztin unzulässig nur ihre Patientenkartei verkauft hat, sensibilisiert für die Fallstricke der Praxisabgabe. Im Instanzenweg war außer von berufsrechtlich verbotener Zuweisung sogar von Korruption die Rede. Der Bundesgerichtshof hat in einem kürzlich veröffentlichten Hinweisbeschluss einen Kaufvertrag über einen zahnärztlichen Patientenstamm als ungültig gemäß Paragraf 134 BGB („Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig“) bestätigt; als „gesetzliches Verbot“ wurde das berufsrechtliche Zuweisungsverbot (hier § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte) gesetzt. Konkret beschied damit der BGH die Revisonsabsicht des Klägers, der die Patientenkartei erwerben wollte, abschlägig. Auch wenn der Fall Besonderheiten beinhaltet, die nicht eins zu eins auf den humanmedizinischen Praxismarkt zu übertragen sind, wirft er darüber hinaus doch Fragen auf, inwieweit jegliche Praxisabgabe, die mit einer Nachfolger-Empfehlung einhergeht, Gefahr läuft, das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt (§ 31 Musterberufsordnung der BÄK) zu verletzen. „Vertrauen schenken!“ Worum ging es? Eine Zahnärztin wollte ihre Praxis aufgeben. Mit einem Berufskollegen schloss sie einen „Kaufvertrag Patientenstamm“. Für 12.000 Euro sollte der Erwerber die Kartei ihrer rund 600 Patienten erhalten. Darüber hinaus sollten der Telefonanschluss und die Website der abgebenden Zahnärztin dauerhaft auf den Anschluss und die Domain des Käufers umgeleitet werden. Schließlich beinhaltete der Vertrag auch noch ein Rundschreiben der Verkäuferin an ihre Patienten, in dem eine Fortsetzung der Behandlung durch den Erwerber empfohlen werden sollte verbunden mit der Bitte, „ihm zukünftig Ihr Vertrauen zu schenken“, wie es in der Darstellung des BGH heißt. Die abgebende Zahnärztin bekam jedoch kalte Füße und erkundigte sich bei der Landeszahnärztekammer nach der Zulässigkeit dieser Vereinbarung. Deren Antwort war eindeutig: Der Kaufvertrag erfülle den berufsrechtswidrigen Tatbestand der Zuweisung gegen Entgelt. Bestechung und Bestechlichkeit? Die Zahnärztin verweigerte daraufhin die Vertragserfüllung, wogegen der Erwerber klagte. In der Folge wurde das Klagebegehren erst durch das Landgericht Regensburg, dann durch das Oberlandesgericht Nürnberg zurückgewiesen. Letzteres befand sogar, der Verkauf des Patientenstamms erfülle außerdem auch den Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (§§ 299a und 299b Strafgesetzbuch) „jeweils in Gestalt des Sichversprechenlassens beziehungsweise des Versprechens eines Vorteils in Bezug auf die Zuführung von Patienten“. Auf diese strafrechtliche Auslegung wollte sich der Bundesgerichtshof allerdings gar nicht erst einlassen. Ihm genügte bereits der auch seines Erachtens eindeutige Verstoß gegen das berufsrechtliche Zuweisungsverbot gegen Entgelt, um der Angelegenheit die Revisionsbedürftigkeit abzusprechen. Dabei ließ der BGH durchblicken, dass eine Nachfolgerempfehlung bei der Praxisabgabe keineswegs prinzipiell ausgeschlossen ist. So gehe es „im vorliegenden Fall nicht darum, dass der Beklagten das Empfehlen eines Nachfolgers, insbesondere auf konkrete Nachfrage ihrer Patienten, generell verboten wäre. Vielmehr geht es darum, dass sie sich hierfür von dem ‚Nachfolger‘ kein Entgelt versprechen lassen darf“. Durch die vertraglich honorierte Bewerbung des Nachfolgers sei, so die obersten Bundesrichter weiter, „nicht sichergestellt, dass die Empfehlung allein aufgrund sachlicher Erwägung erfolgt und hierfür nicht auch finanzielle Interessen ausschlaggebend sind“. Vielmehr geht es darum, dass sie sich (für die Empfehlung) vom Nachfolger kein Entgelt versprechen lassen darf. Bundesgerichtshof, aus dem Hinweisbeschluss Nach Ansicht des Düsseldorfer Rechtsanwalts und Fachanwalts für Medizinrecht Christian Pinnow ist der isolierte Verkauf der Patientenkartei insbesondere auch dadurch motiviert, dass im zahnmedizinischen Praxismarkt keine Zulassungsbeschränkungen bestehen. Für den humanmedizinischen Praxismarkt, in dem regelmäßig der ganze Standort veräußert werde oder – im Fokus expansiver MVZ – sich das Interesse auf den Vertragsarztsitz richtet, sei ein solcher Patientenstamm-Verkauf untypisch. Dennoch sensibilisiere der Hinweisbeschluss aus Karlsruhe für Zuweisungsfallen auch im Kontext humanmedizinischer Praxisabgaben. Im Interview erläutert Christian Pinnow, welche Schlussfolgerungen sich aus der Argumentation des BGH für reguläre Praxisverkäufe ziehen lassen, wie ein Praxisabgeber seinen Patienten einen Nachfolger rechtssicher „ans Herz legen“ kann und wann sich etwa auch bei einer Sitzabgabe mit anschließender Anstellung unlautere Zuweisungsrisiken ergeben. Quelle: Ärzte Zeitung

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