Entwicklung der Pflege in Deutschland
Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen wächst kontinuierlich. Damit einher geht der immer größer werdende Bedarf nach qualifizierten Pflegekräften in der stationären und ambulanten Versorgung, die bereits jetzt schon die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen darstellt [
20,
21]. Im Jahr 2015 waren 1,1 Mio. Menschen in ambulanten sowie stationären Pflegeeinrichtungen beschäftigt. Davon sind im ambulanten Bereich ca. 300.000 und im stationären Bereich ca. 700.000 Beschäftigte erfasst worden [
24]. Insgesamt 2,6 Mio. Pflegebedürftige lassen sich im Jahr 2013 verzeichnen; 3,4 Mio. bereits Ende des Jahres 2017. Drei Viertel (2,59 Mio.) davon werden zu Hause versorgt, wovon wiederum 0,83 Mio. ausschließlich von ambulanten Pflegekräften oder in Zusammenarbeit mit Angehörigen versorgt werden [
26]. Die ambulante Pflege gewann besonders mit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 erheblich an Bedeutung und ist derweil einer der zentralen Komponenten in der Pflegeversorgung in Deutschland [
25]. Seit 1995 wurden mehr als 26.000 Pflegedienste sowie -einrichtungen eröffnet [
9].
Der demografische Wandel und die damit verbundene Verschiebung der Altersstrukturen in der Gesellschaft ist so präsent wie noch nie [
8,
13,
21], womit große Herausforderungen einhergehen [
21]. Der demografische Wandel bedeutet vor allem die Erhöhung der Fallzahlen vieler chronischer Krankheiten sowie der Multimorbidität [
19,
21]. Zusätzlich impliziert die Verschiebung der Altersstrukturen den Anstieg älterer Beschäftigter, woraus ein erhöhter Bedarf an Pflegekräften entsteht, deren Durchschnittsalter gleichzeitig steigt [
8,
18,
19,
21]. Durch diesen demografischen Wandel, welcher eine erste Herausforderung abbildet, entsteht u. a. ein immer weiter wachsender Mangel an Fachkräften in den Pflegeberufen allgemein [
8,
13]. Die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen stellen dabei eine zweite Herausforderung dar. Im Fokus stehen dabei besonders die physischen und psychischen Belastungsfaktoren. Damit einher geht die teils noch existierende, geringe Bezahlung der Pflegekräfte, die Flexibilitätsanforderungen besonders in der ambulanten Pflege sowie die geringe Attraktivität des Berufes in den Augen des Nachwuchses [
7]. Zudem kommen sich stetig verändernde und steigende berufliche Anforderungen an die Beschäftigten bei einem größer werdenden Personalmangel [
7,
9]. Bezogen auf die Anforderungen sind z. B. eine Zunahme des Arbeitstempos sowie ein höherer Dokumentationsaufwand zu vermerken [
17]. Die zunehmende organisatorische Arbeitsbelastung lässt sich als mögliche Konsequenz in den hohen prozentualen Anteilen an Arbeitsunfähigkeitstagen der Pflegekräfte ablesen. Pflegekräfte weisen fast doppelt so viele Krankheitstage als der Durchschnitt der Erwerbstätigen auf [
21]. Im Jahr 2018 haben die Arbeitsunfähigkeitstage in den Pflegeberufen 22,9 im Vergleich zu 14,9 bei den Berufstätigen insgesamt betragen [
27]. Der Grund dafür sind vor allem psychiatrische sowie Muskel-Skelett-Erkrankungen [
21].
Arbeitsbelastungen wie das hohe Arbeitsaufkommen, Zeitdruck und prekäre Arbeitsverhältnisse von Pflegekräften sind nicht unbekannt in Deutschland [
22]. Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge werden diese psychischen und physischen Belastungsfaktoren in Zukunft eher ansteigen als abnehmen. Aufgrund dessen sind akut neue Strategien gefordert, damit die Beschäftigten in den Pflegeberufen möglichst lange verweilen [
21]. Es wird immer bedeutender, Gesundheitsförderungs- sowie Präventionsmaßnahmen anzubieten, um die Gesundheit der Pflegekräfte zu erhalten [
9] und so den Pflegebedarf adäquat decken zu können [
17]. Dabei fehlen jedoch besonders umfangreiche systematische Erhebungen zu den Arbeitsbedingungen – den sogenannten Gesundheitsverhältnissen – den psychischen Belastungen und Ressourcen sowie zur betrieblichen Gesundheitsförderung von ambulant tätigen Pflegekräften, besonders vor dem Hintergrund aktuell zusätzlich entstehender Herausforderungen. Somit sollte der Blick auf die personelle, aber auch organisatorische Ebene der ambulanten Pflege gerichtet werden. Bislang fokussierten Forschungsstudien primär den allgemeinen sowie stationären Pflegebereich [
8,
12,
30].
Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, den aktuellen Forschungsstand zu arbeitsbezogenen psychischen Belastungsfaktoren, Ressourcen sowie Ansätze zu Bewältigungsstrategien ambulant tätiger Pflegekräfte aufzuzeigen sowie mögliche Potenziale für Gesundheitsförderungsmaßnahmen für die Zukunft zu beleuchten, um eine nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit gestalten zu können. Daran vorangestellt ist die Darstellung der Merkmale der ambulanten Pflege. Eine Zusammenfassung sowie das Fazit für die Praxis runden den Artikel final ab.
Was definiert die ambulante Pflegearbeit?
Kerntätigkeit in der Pflege ist die Interaktionsarbeit mit den zu Pflegenden. Essenzielle Bestimmungsstücke sind dabei die Emotions‑, Kooperations- und Gefühlsarbeit sowie das subjektivierende Arbeitshandeln [
15]. Dies bedeutet, dass die Pflegekräfte am sowie mit dem Menschen arbeiten, die auf diese Arbeit angewiesen sind. Die aus dieser Arbeit resultierenden Belastungen und Ressourcen, welche im weiteren Verlauf genannt werden, sind vor diesem Hintergrund zu betrachten [
2]. Darüber hinaus lassen sich spezifische Merkmale der ambulanten Pflege nennen, die sich sowohl im Hinblick auf die Pflegekräfte als auch auf die Pflegeempfänger*innen von der stationären Pflege unterscheiden [
7,
18]:
-
Arbeit von „Tür zu Tür“,
-
mobil und allein unterwegs,
-
unabhängige Arbeit im Vergleich zur stationären Pflege,
-
selbstständige Arbeit,
-
keine ständige, direkte Leistungskontrolle der Pflegeleistungen im Vergleich zur stationären Pflege,
-
kein klinisches Setting,
-
Rolle des Gastes bei den Patient*innen,
-
Kernelement der Arbeit: Tourenplanung und Übergabe an Kolleg*innen.
Dennoch existieren zum gegenwärtigen Zeitpunkt, im Vergleich zur stationären Pflege, kaum aktuelle Erkenntnisse zur psychischen Belastung und Beanspruchung von Beschäftigten in der ambulanten Pflege. Die aktuellsten empirischen Belege und Übersichten finden sich z. B. in den Untersuchungen von Bleses und Jahns [
7].
Psychische Belastungsfaktoren in der ambulanten Pflege
Die genannten Anforderungen werden im vorliegenden Artikel als psychische Belastung definiert. Eine Übersicht über die in der Literatur verfügbaren und präsentesten Darstellungen zu psychischen Belastungsfaktoren in der ambulanten Pflege sind in Tab.
1 dargestellt [
1,
17]. Folgende psychische Belastungsfaktoren, die laut der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) in die Bereiche Arbeitsinhalt, Arbeitsorganisation, soziale Beziehungen, Arbeitsumgebung sowie neue Arbeitsformen differenziert werden, können aus der bestehenden Literatur identifiziert werden.
Tab. 1
Psychische Belastungsfaktoren von ambulanten Pflegekräften. (Nach [
4,
6,
7,
16])
Arbeitsinhalt | Leistungsdruck |
Arbeitspensum, hohe Arbeitsdichte |
Zu wenige oder unzureichende Informationen (Informationsdefizite) |
Umgang mit Leiden und Sterben |
Belastung durch gegebenenfalls herausfordernde Patient*innen (z. B. sexuelle Übergriffe) |
Arbeitsorganisation | Schichtsystem |
Zeitdruck |
Unregelmäßiges Arbeiten z. B. durch Einspringen |
Ständige Erreichbarkeit |
Arbeitsunterbrechungen |
z. T. schlechte Kommunikation mit Vorgesetzten |
Keine bis sehr wenige Pausen |
Verzögerung der Arbeit durch Stau, Witterungsbedingungen |
Fehlende Unterstützung, wenn sie benötigt wird |
Tourenplanung und Übergabe |
Sandwich-Position |
Soziale Beziehungen | Soziale Isolierung, aufgrund des zu geringen sozialen Austausches unter Kolleg*innen und Vorgesetzten |
Fehlende Anerkennung und keine Feedbackgespräche |
Keine Möglichkeit, über Belastungen zu sprechen |
Arbeitsumgebung | Zeitverzögerungen durch Stau und dichten Verkehr |
Witterungsbedingungen |
Parkplatzsuche |
Umgang mit neuen Technologien, wie z. B. Einsatz von Branchensoftwaren auf Smartphones während der Tour |
Neue Arbeitsformen | Atypische Beschäftigungen |
Räumliche und zeitliche Flexibilität |
Fehlende Abgrenzung von Arbeits- und Privatleben |
Irreguläre Arbeitszeiten |
Arbeitsinhalt
Die emotionalen Anforderungen als ein psychischer Belastungsfaktor stellen in der ambulanten Pflege eine zentrale Rolle im Bereich des Arbeitsinhaltes dar. Der Umgang mit Trauer, Leid und herausfordernden Patient*innen können dabei als Beispiele genannt werden. Zusätzlich geht die Arbeit in der ambulanten Pflege im Bereich des Arbeitsinhaltes mit einer hohen Arbeitsdichte einher. Die Informationsweitergabe zwischen Kolleg*innen und den Führungskräften gestaltet sich dabei eher unzureichend, was durch die Arbeitsorganisation beeinflusst werden kann [
9]. Des Weiteren werden ambulant tätige Pflegekräfte häufig in schwierige persönliche Situationen der Patient*innen involviert, die – zusätzlich zum Umgang und der Verarbeitung dieser – zu einer psychischen Beanspruchung führen können. Darüber hinaus werden sexuelle Übergriffe von z. B. männlichen Patienten auf die weiblichen Pflegekräfte berichtet [
7,
16].
Arbeitsorganisation
Die am häufigsten genannten Belastungsfaktoren in der ambulanten Pflege werden in der Literatur hinsichtlich der Arbeitsorganisation diskutiert. Dabei sind zunächst die Arbeitszeitregelungen zu nennen. Das Arbeiten im Schichtsystem sowie das unregelmäßige Arbeiten durch Einspringen bei z. B. Krankheitsfällen werden dabei als Belastungsfaktoren aufgeführt. Das häufige ungeplante und kurzfristige Einspringen bedingt zum einen ein Gefühl des
Niemals-richtig-frei-Habens und zum anderen das Gefühl des
Schlecht-vorbereitet-Seins, da die Beschäftigten gegebenenfalls die Patient*innen nicht kennen [
7]. Im Arbeitsablauf selbst wird der Zeitdruck als ein Hauptbelastungsfaktor aufgezeigt [
28]. Häufige Arbeitsunterbrechungen durch z. B. unerwartete Ereignisse, keine geregelten Pausenzeiten sowie Verzögerungen der Arbeit durch z. B. zähen Verkehr, schlechte Witterungsverhältnisse oder längeres Verbleiben bei Patient*innen können im gleichen Zuge genannt werden [
7,
9,
16]. Im Bereich der Kommunikations- und Kooperationsaspekte kann die allgemeine schlechte Kommunikation z. B. mit Vorgesetzten im Arbeitsalltag der ambulanten Pflege als möglicher Belastungsfaktor aufgeführt werden. Zudem befinden sich die Pflegekräfte oft in einer sogenannten
Sandwich-Position, in welcher sie zwischen Patient*innen sowie dem Betrieb kommunizieren müssen. Aufgrund dessen entsteht z. B. Raum für hohes Konfliktpotenzial, und Zeit für die eigentliche Versorgung kann verloren gehen [
9]. Des Weiteren wird die fehlende Unterstützung in der Literatur dargestellt, wenn diese schnell benötigt wird. Angesichts der Tatsache, dass die ambulant tätigen Pflegekräfte allein unterwegs sind, können sie eine direkte Unterstützung von Kolleg*innen oder Vorgesetzten nicht erfahren. Dies impliziert, dass z. B. Lösungen für Probleme stetig allein gefunden und Entscheidungen selbst getroffen werden müssen. Ebenso folgt daraus eine Unsicherheit, da keine direkte Rückkopplung erfolgt [
9]. Diese unmittelbare Rückkopplung, Diskussion über Probleme, der Informationsaustausch oder Anerkennung erfahren die Pflegekräfte auch oft aufgrund des herrschenden Zeitdrucks in der Pflegezentrale nicht [
7]. Als eine hohe Belastungsquelle werden die Tourenplanung sowie Übergabe genannt, die sehr herausfordernd und arbeitsorganisatorisch mit als anspruchsvollste Aufgaben dargestellt werden. Da die Pflegekräfte sich häufig selbst nicht sehen und so über eine dritte Instanz kommuniziert werden muss, bedeutet dies oft einen Mehraufwand, Entstehung von Missverständnissen und Verzögerung des Schichtbeginns, welche wiederum mit einer Beanspruchung einhergehen können [
7].
Soziale Beziehungen
Bei ambulanten Pflegekräften kann die soziale Isolierung, bezogen auf die Arbeitskolleg*innen und Vorgesetzten, einen psychischen Belastungsfaktor darstellen. Ambulante Pflegekräfte arbeiten hauptsächlich allein und wenn, sind sie nur in sehr kleinen Zeitabschnitten von ihren Kolleg*innen und Vorgesetzten umgeben. Aufgrund dessen gestaltet sich der Austausch zwischen Kolleg*innen nur gering bis gar nicht bzw. ist nicht möglich [
9,
16]. Zudem wird der Austausch mit den Vorgesetzten dadurch weniger. Die Möglichkeit des Austausches über Belastungen und des direkten Feedbacks, ob Lob oder Kritik über die eigene Arbeit und Entwicklung, und die damit verbundene Anerkennung fehlt und ist damit unzureichend und defizitär [
7].
Arbeitsumgebung
Neben den vielen körperlichen Belastungen, die durch die Arbeitsumgebung entstehen, wie z. B. Arbeiten im Stehen, Heben und Tragen schwerer Lasten und ungünstige Körperhaltungen [
8,
23], lassen sich einige weitere Faktoren benennen. Hierbei kann ein dichter, stauanfälliger Straßenverkehr als psychischer Belastungsfaktor aufgeführt werden. Durch ihn entstehen Verzögerungen im Arbeitsablauf, woraufhin als Folge die Beschäftigten unter Zeitdruck geraten [
9]. Zusätzlich scheinen neue digitale Tourenbegleiter die Bedarfe der ambulanten Pflegekräfte noch nicht vollkommen abzudecken [
6].
Ein weiterer psychischer Belastungsfaktor kann insbesondere die räumliche und zeitliche Flexibilität darstellen. Eine Abgrenzung zwischen Arbeits- und Privatleben wird in der ambulanten Pflege teilweise durch spontane Übernahme verschiedener Schichten (z. B. aufgrund von Krankheitsfällen) erschwert. Private Planungen werden durch teilweise unregelmäßige Arbeitszeiten eingeschränkt [
9]. Auch ist die Arbeit in der ambulanten Pflege durch atypische Beschäftigungsverhältnisse, besonders die der Teilzeit und des Schichtsystems, charakterisiert [
16,
17].
Arbeitsressourcen in der ambulanten Pflege
Verschiedene Arbeitsressourcen können Pflegekräfte in der Bewältigung ihrer Arbeit unterstützen. Diese werden in persönliche, soziale sowie betriebliche Ressourcen unterschieden. Eine Aufgliederung der Ressourcen dieser Art liegt bislang jedoch lediglich für die stationäre Pflege vor [
10]. Für die ambulante Pflege können zunächst die Möglichkeit des Selbstschutzes sowie die Abgrenzung von der Arbeit als mögliche Ressource genannt werden. Die Rahmenbedingungen können dabei helfen, da die Pflegekräfte sich lediglich für kurze Zeit bei den Patient*innen aufhalten. Durch einen kontinuierlichen Ortswechsel und die jeweils geringe Aufenthaltsdauer sind die Pflegekräfte unangenehmen Situationen nicht lange ausgesetzt. Darüber hinaus werden die hohe Eigenverantwortung, Selbstbestimmung, das selbstständige Arbeiten, das große Interesse an der vielfältigen Arbeit und der große Freiraum als die zentralen Ressourcen in der ambulanten Pflege beschrieben [
7,
17]. Vertrauen und gegenseitige Verlässlichkeit sind dabei wichtige Voraussetzungen. Durch die direkte Arbeit am Menschen sowie die Versorgung der Patient*innen in ihrem häuslichen Umfeld erfahren die ambulant tätigen Pflegekräfte eine Sinnhaftigkeit sowie Selbstwirksamkeitserfahrung ihrer Arbeit direkt vor Ort. Die Anerkennung der Patient*innen der Arbeit ist eine zusätzliche wichtige Ressource, da die Beschäftigten dadurch ein direktes Sinnerleben ihrer Arbeit erfahren [
7,
17].
Ausblick
In der ambulanten Pflegetätigkeit zeigt sich eine Vielzahl an arbeitsbezogenen psychischen und physischen Anforderungen, die einen Einfluss auf negative Beanspruchungsfolgen und damit auch auf den einhergehenden hohen Krankenstand haben können [
11,
29]. Derartige negative Beanspruchungsfolgen können auch zu einem frühzeitigen Ausscheiden aus dem Beruf und zu Frühverrentungen führen [
21]. Angesichts der Darstellung des aktuellen Forschungsstandes wird deutlich, dass aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen bzw. belastbare Forschungserkenntnisse zu psychischen Belastungsfaktoren in der ambulanten Pflege jedoch zum jetzigen Zeitpunkt national sowie international wenig bis kaum vorliegen. Daraus ergibt sich ein dringender Forschungsbedarf in diesem Themenfeld. Jedoch deuten die wenigen vorhandenen Forschungsergebnisse im Kontext der ambulanten Pflege darauf hin, dass Beschäftigte in der ambulanten Pflege vielfältigen psychischen Belastungsfaktoren unterliegen [
17]. Unklar ist in diesem Zuge jedoch, welche spezifischen Belastungsfaktoren die ambulant tätigen Pflegekräfte derzeit, insbesondere angesichts der gegenwärtigen, im Artikel anfänglich genannten Herausforderungen, ausgesetzt sind und welche konkreten Beanspruchungsfolgen daraus resultieren. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und dessen möglichen Folgen sowie der existierenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in der Pflege ergibt sich ein dringender Forschungsbedarf in diesem Kontext. Dieser ist notwendig, um aussagekräftige Ausführungen zu potenziellen psychische Arbeitsbelastungen sowie -ressourcen und deren möglichen Einflüsse treffen zu können. Eine adäquate Beachtung sollten zudem mögliche Herausforderungen finden, die sich auf die zunehmende Digitalisierung in der ambulanten Pflege als auch auf die durch die gegenwärtige Corona-bedingte Gesundheitskrise beziehen [
6]. Belastungsfaktoren, Bewältigungsstrategien, Ressourcen und Beanspruchungsfolgen sowie deren Zusammenhänge sollten systematisch analysiert werden.
Zukünftige Ergebnisse können eine Grundlage für eine zielgruppenspezifische Entwicklung von benötigten Gesundheitsförderungsmaßnahmen sein. Sie können einen Beitrag leisten, Berufstätige im ambulanten Sektor mit den sehr spezifischen Anforderungen an ihre Arbeit direkt am Arbeitsplatz zu stärken, ihre gesundheitlichen Anliegen wahrzunehmen und zu vertreten sowie ihre Kompetenzen seitens der Betriebe durch Veränderungen in der Organisation und den zeitlichen Prozessen und Abläufen zu fördern. Die Arbeitszufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden könnten dadurch erhalten und gestärkt sowie Fachkräfte gesichert werden. Besonders im Fokus sollten die subjektive Wahrnehmung und die individuellen Bedürfnisse der ambulanten Pflegekräfte stehen, bevor die betrieblichen Faktoren berücksichtigt werden. Diese Priorisierung sollte beachtet werden, da zunächst alle möglichen Ausprägungen generiert werden sollten, um anschließend betriebsspezifische Maßnahmen ableiten zu können.
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