Fieber nach Tropenreise richtig einschätzen

Kommen Urlauber nach einem Tropenaufenthalt mit Fieber in die Praxis, gilt es rasch abzuklären, ob es sich um eine lebensbedrohliche Krankheit handelt. Ärzte sollten dabei systematisch vorgehen. Die Bedrohlichkeit einer potenziellen Tropenerkrankung lässt sich bereits mit der Anamnese und einfachen Basisuntersuchungen einschätzen. So ist es von Bedeutung, wo der oder die Betroffene herkommt, ob es sich um Reisende, Migranten oder Geflüchtete handelt und wie lange der Aufenthalt in einer tropischen oder subtropischen Region her ist – eine Malaria quartana kann durchaus noch nach Jahren symptomatisch werden. Und: „Auch in der Reise- und Migrationsmedizin gilt: Häufige Krankheiten sind häufig, seltene Krankheiten sind selten“, erklären Professor Thomas Löscher vom Zentrum für Infektions-, Tropen- und Reisemedizin und seine Kollegen aus München (MMW 2018; 18:44-52). So bringen Reisende aus Asien und Lateinamerika vor allem Denguefieber mit, Reisende aus Afrika dagegen Malaria, Rickettsiosen und Schistosomiasis. Bei Immigranten ist außer an Malaria vor allem an Tuberkulose (Tbc), Hepatitis B und C sowie an HIV-Infektionen zu denken. Systematisches Vorgehen Löscher und seine Kollegen schlagen ein systematisches Vorgehen bei unklarem Fieber nach Tropenaufenthalt vor: Mit der üblichen Basisdiagnostik aus Anamnese und Routineuntersuchungen soll zunächst möglichst rasch geklärt werden, ob eine lebensbedrohliche Krankheit besteht, zum Beispiel Malaria tropica, eine Sepsis, Meningitis oder schwere Pneumonie, oder ob es sich um eine seuchenhygienisch relevante Erkrankung handeln könnte wie eine offene Tbc. Konkret wird abgefragt: wann und mit welchem Verlauf Fieber und weitere Symptome aufgetreten sind, Aufenthaltsorte, Reise- oder Fluchtroute mit Dauer und Umständen des Aufenthalts, besondere Expositionen und Risiken wie etwa mangelnde Nahrungs- und Wasserhygiene, Insektenstiche, Sexualkontakte, Tierkontakte oder Höhlenbesuche. So kommen bei Arthropodenstichen andere Infektionskrankheiten infrage als nach Tierbissen. Höhlenbesuche sind mit Histoplasmose, Marburg- und Ebolafieber assoziiert, Süßwasserkontakt mit Bilharziose oder Leptospirose. Zu beachten ist auch, dass manche Tropenkrankheiten sehr lange Inkubationszeiten aufweisen können, neben der bereits erwähnten Malaria quartana sind das Amöben-Leberabszesse oder viszerale Leishmaniosen. Bei der körperlichen Untersuchung soll besonders auf Hauterscheinungen und veränderte Schleimhäute wie Konjunktivitis geachtet werden, auf Lymphknoten- oder Gelenkschwellungen, neurologische Symptome wie Nackensteifigkeit und Hepatosplenomegalie. „Fiebertyp und -verlauf sind nur begrenzt hilfreich und oft durch antipyretische Maßnahmen beeinflusst“, so die Erfahrung von Löscher und Kollegen. Prinzipiell weisen periodische Fieberanfälle auf Malaria oder Rückfallfieber hin. Ein sattelförmiger Fiebertyp gilt als typisch für die viszerale Leishmaniose. Routineprogramm bei Verdacht Außer Routine-Laborparametern aus Blut und Urin muss nach Aufenthalten in Malariagebieten stets sofort die Malariadiagnostik veranlasst werden. „Das gilt auch, wenn eine konsequente Chemoprophylaxe erfolgte.“ Typisch für Malaria sind eine Thrombozytopenie und erhöhte LDH-Werte. Wichtig ist aber der unmittelbare Blutausstrich und / oder Dicke Tropfen. Technische Voraussetzungen und Kenntnisse zur mikroskopischen Malariadiagnostik sollten in jedem Krankenhauslabor vorhanden sein, fordern die Münchner Tropenmediziner. Bei gutem Allgemeinzustand sei es zwar im Nachtdienst akzeptabel, zunächst einen Malaria-Schnelltest anzuwenden. Dennoch soll zeitnah die Mikroskopie erfolgen, da falsch negative Schnelltestergebnisse vorkommen. Weiterhin gehören mehrfache Blutkulturen zum Routineprogramm bei Verdacht auf tropische Krankheiten, besonders um Typhus und septische Infektionen zu erkennen. Außerdem sei es sinnvoll, eine Serumprobe für spätere Untersuchungen einzufrieren, so ein weiterer Tipp der Tropenmediziner. Zur erweiterten Basisdiagnostik gehören die Abdomen-Sonografie und der Röntgen-Thorax in zwei Ebenen bei entsprechender Symptomatik. „Für die definitive Diagnose verschiedener fieberhafter Importerkrankungen stehen heute zahlreiche mikroskopische, kulturelle, immunologische und molekularbiologische Nachweismethoden zur Verfügung.“ Diese werden gezielt, also bei begründetem Verdacht angewendet. Daher sind möglichst genaue Informationen an das Mikrobiologie-Labor vonnöten. Bei unklaren Fällen kann Rücksprache mit einem Tropeninstitut genommen werden (www.dtg.org). Löscher und seine Kollegen geben in ihrem Beitrag konkrete Hinweise zu verschiedenen Tropenkrankheiten. So geht Denguefieber typischerweise mit frontalen und retroorbitalen Kopfschmerzen einher, zum Teil bestehen ausgeprägte Myalgien und Arthralgien (breakbone fever). „Häufig besteht ein wegdrückbares Erythem der Haut, vor allem im Gesicht und am Rumpf.“ Zur Diagnose soll ein kommerziell erhältlicher Antigen-Nachweis verwendet werden. Übrigens wird Denguefieber durch vier verschiedene Virustypen ausgelöst – nur der jeweils durchgemachte Virustyp hinterlässt eine langfristige Immunität. Auch das Chikungunyafieber wird durch Aedes- und andere Stechmücken verursacht, die das Alphavirus übertragen. Ein bis zwölf Tage später tritt außer Fieber eine oft ausgeprägte Polyarthritis auf. „Die Gelenkbeschwerden persistieren oft über Monate, gelegentlich Jahre, und betreffen besonders die kleinen Gelenke.“ Nur in den ersten Krankheitstagen ist das Virus im Blut nachweisbar, danach lässt sich die Infektion nur noch serologisch nachweisen. Influenza nicht vergessen! Wer im südlichen Afrika Tierparks besucht hat, bringt womöglich das „Safarifieber“ mit, verursacht durch Rickettsia africae. Bei diesem afrikanischen Zeckenstichfieber finden sich oft mehrere Eschars – kleine schwärzliche Hautnekrosen an der Einstichstelle, die die Zecken, Milben, Läuse oder Flöhe hinterlassen haben. Der Nachweis der Rickettsien erfolgt aus Eschar, Blut- und Gewebeproben mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion) oder Zellkultur. „Nach der ersten Krankheitswoche beruht die Diagnose in der Regel auf dem Nachweis spezifischer Antikörper.“ Typisch für Typhus abdominalis und Paratyphus sind treppenförmig ansteigende Fieberkontinua und Benommenheit. In Ländern mit niedrigen Hygienestandards sind diese Krankheiten nach wie vor weit verbreitet und können schwere, sogar lebensbedrohliche Zustände verursachen. „Die klassischen Zeichen wie Roseolen und relative Bradykardie sind oft nicht nachweisbar“, warnen Löscher und seine Koautoren. Dagegen bestehe meist zunächst eine Obstipation, später gefolgt von „erbsenbreiartigen“ Durchfällen. Eines darf allerdings bei diesen für hiesige Breiten ungewöhnlichen Krankheiten nicht vergessen werden: Influenza, bakterielle und virale Pneumonien sowie Zytomegalie und infektiöse Mononukleose kommen weltweit vor. Und auch diese werden bei Rückkehrern aus den Tropen häufig als Fieberursache identifiziert. Mehr zum Thema Reisemedizin: Welche Reiseimpfungen 2019 wichtig sind Tipps: Das ist bei Tauchunfällen zu tun Quelle: Ärzte Zeitung

Springer Medizin

Fieber nach Tropenreise richtig einschätzen

Weiterführende Themen

Leitlinien kompakt für die Allgemeinmedizin

Facharzt-Training Allgemeinmedizin

Neu im Fachgebiet Allgemeinmedizin

Niedriger diastolischer Blutdruck erhöht Risiko für schwere kardiovaskuläre Komplikationen

Therapiestart mit Blutdrucksenkern erhöht Frakturrisiko

Metformin rückt in den Hintergrund

Myokarditis nach Infekt – Richtig schwierig wird es bei Profisportlern

Update Allgemeinmedizin