EEG-Monitoring verringert postoperative Delire

Die intraoperative Kontrolle der Narkosetiefe ist nicht nur zur Vermeidung von Awareness geeignet. Auch postoperative Delirzustände oder kognitive Defizite lassen sich hierdurch vermindern. Der Nutzen ist selbst nach Monaten noch nachweisbar. Kognitive Defizite Neu im Fokus der anästhesiologischen Forschung stehen postoperative, durch die Narkoseeinwirkung induzierte, delirante Episoden und kognitive Langzeitdefizite. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen überraschend hohe Inzidenzraten für beide Problemfelder. Dr. Radtke (Charité Berlin) nennt für die delirante Symptomatik in der unmittelbaren postoperativen Phase Inzidenzraten von 10 - 82 %. Kognitive Defizite und Delire können in Kombination, aber auch unabhängig voneinander auftreten. Radtke gibt zu bedenken, dass bei unkontrollierter Narkoseführung bei bis zu 41 % der Patienten kognitive Langzeitdefizite (POCD) nachweisbar sind. Der entscheidende Risikofaktor für Delir und POCD ist eine zu tiefe Narkose und damit das fehlende EEG-Monitoring, betonte der Berliner Anästhesist auf dem Deutschen Anästhesiecongress in Leipzig. Langzeiteffekte Der Anästhesist verwies auf eigene Untersuchungen, die zeigen, dass bei einer BIS-optimierten Narkoseführung die Delirinzidenz von 21 % auf 16 % reduziert werden kann [1]. Damit decken sich die Berliner Ergebnisse mit denen einer großen chinesischen Studie, die zusätzlich einen günstigen Effekt der optimierten Narkoseführung auch für kognitive Langzeitdefizite (POCD) aufzeigen konnte [2]. Bei optimierter Narkoseführung waren bei 10 % der Patienten solche Defizite nachweisbar. Ohne Anwendung des BIS-Wertes dagegen waren 15 % betroffen. Junge Patienten Erstaunlich sind in diesem Zusammenhang die hohen Inzidenzraten für kurzfristige kognitive Alterationen bei jüngeren Patienten. So muss davon ausgegangen werden, dass 37 % der Patienten im Alterssegment 18–39 Jahre in den ersten postoperativen Tagen messbare kognitive Beeinträchtigungen aufweisen. Das entspricht in der Größenordnung den Veränderungen, die man auch bei Patienten im mittleren und hohen Alter findet. Kognitive Langzeiteffekte (drei Monate post) dagegen sind stark altersabhängig. Jüngere Patienten sind zu 6 %, ältere Patienten dagegen zu 13 % betroffen [3]. Sedierung Ein völlig neuer Aspekt sind die kognitiven Folgen der Sedierung bei Spinalanästhesie. Hier wird, wegen der besseren Steuerbarkeit, zunehmend ein Propofolperfusor eingesetzt. Bei älteren Patienten mit Schenkelhals-Op. konnte gezeigt werden, dass eine zu tiefe Sedierung (BIS-Wert um 50) in 40 % der Fälle postoperative Delirzustände auslöst. Diese Rate lässt sich halbieren (19 %), wenn bei den Patienten eine flache Sedierung (BIS-Wert > 80) angestrebt wird [4]. EEG-Monitoring nutzen Radtke betont, dass entsprechend der vorliegenden Daten der Einsatz des EEG-Monitorings das Risiko eines postoperativen Delirs bis zu 35 % vermindert. Die Wahrscheinlichkeit von kognitiven Langzeitdefiziten wird in ähnlicher Größenordnung reduziert. Das sind Daten, die für den Berliner Anästhesisten klar den Nutzen des intraoperativen EEG-Monitorings belegen. Lesen Sie mehr Weitere Beiträge finden Sie im Dossier zum Deutschen Anästhesiecongress 2014. Literatur [1] Radtke, F. M., et al. “Monitoring depth of anaesthesia in a randomized trial decreases the rate of postoperative delirium but not postoperative cognitive dysfunction.” British journal of anaesthesia 110.suppl 1 (2013): i98-i105. [2] Chan, Matthew TV, et al. “BIS-guided anesthesia decreases postoperative delirium and cognitive decline.” Journal of neurosurgical anesthesiology 25.1 (2013): 33–42. [3] Monk, Terri G., et al. “Predictors of cognitive dysfunction after major noncardiac surgery.” Anesthesiology 108.1 (2008): 18–30. [4] Brown IV, Charles H., et al. “Sedation depth during spinal anesthesia and survival in elderly patients undergoing hip fracture repair.” Anesthesia & Analgesia 118.5 (2014): 977–980.

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