Erschienen in:
01.02.2011 | Leitthema
Auswirkung der lumbalen Hybridinstrumentierung und der rigiden Fusion auf das versorgte und anschließende Segment
Eine biomechanische Untersuchung
verfasst von:
Dr. B. Wiedenhöfer, M. Akbar, C.H. Fürstenberg, C. Carstens, S. Hemmer, C. Schilling
Erschienen in:
Die Orthopädie
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Ausgabe 2/2011
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Degeneration des oberen Anschlusssegments bei der operativen Behandlung degenerativer Wirbelsäulenerkrankungen der Lendenwirbelsäule („degenerative disc disease“, DDD) ist ein ungelöstes Problem. Außerdem besteht kein Konsens, ob die DDD segmentprotektiv eher rigide oder dynamisch behandelt werden sollte. Die vorliegende Arbeit evaluiert die Auswirkung einer bisegmentalen rigiden 360°-Fusion und bisegmentalen Hybridfusion sowohl auf die versorgten Segmente als auch auf das obere Anschlusssegment unter dem Gesichtspunkt der Segmentprotektion.
Material und Methoden
Sechs humane Wirbelsäulenpräparate (L2–5) wurden in allen 3 Hauptbewegungsrichtungen unter physiologischen Belastungen und mit einer axialen Vorlast nativ, bisegmentaler rigider Fusion (RIG 360°) und mit hybrider Fusion (Hybrid) getestet. Die Range of Motion (ROM) und neutrale Zone (NZ) wurden ausgewertet. Im oberen Anschlusssegment (OAS) wurde der intradiskale Druck (IDP) ermittelt.
Ergebnisse
In den Segmenten L3–5 führte die RIG 360° im Vergleich zur nativen Situation (NAT) zu einer signifikanten Bewegungsabnahme in allen Richtungen, die Hybrid nur in lateraler Biegung (LB). Im OAS wurde die NZ deutlich stärker vergrößert als die ROM. Die RIG 360° zeigte eine Erhöhung der NZ in Flexion-Extension (FE) um 86,8% und LB um 49,6% sowie eine signifikante Erhöhung der axialen Rotation (AR) um 52,5%. Die Erhöhung der Hybrid war in allen Richtungen nicht signifikant im Vergleich zur NAT. Die Druckmessung im OAS lieferte in allen Richtungen für beide Belastungszenarien für RIG 360° und für Hybrid keine signifikanten Unterschiede zur NAT.
Diskussion
Der Bewegungsradius der behandelten Segmente von Hybrid lag im Vergleich zu RIG 360° am nächsten an NAT mit dem Hinweis auf eine segmentprotektive Wirkung. Die Hypothese, dass eine rigidere Fusion eine signifikante Auswirkung auf die intersegmentale Beweglichkeit (ROM) und die Erhöhung des IDP im oberen Anschlusssegment hat, konnte nicht bestätigt werden. Die Daten weisen darauf hin, dass die primären Auswirkungen der Fusion auf die Nachbarsegmente eher gering sind, jedoch die fusionsbedingt vermehrte Frequenz von innerhalb des Signifikanzniveaus liegenden „Extrembelastungen“ des OAS zur Degeneration führt. Auch wenn sich die NZ-Werte der Hybrid und der RIG 360° überwiegend nicht signifikant von NAT unterscheiden, sind die NZ-Veränderungen im Trend zwischen den Instrumentierungen stark zu Gunsten der Hybrid verschoben.
Schlussfolgerungen
Die Daten belegen, dass die deutlichen, teilweise signifikanten Veränderungen der NZ ein wesentlicher Faktor für de Entwicklung einer Anschlussdegeneration sein kann. Ein dynamischer Abschluss einer Instrumentierung im Sinne des „topping off“ erscheint sinnvoll, wenn die pathoanatomischen Indikationen zur Bandscheibenprothese gegeben sind.