Semaglutid bremst Progression von Nierenerkrankungen bei Diabetes

Der GLP-1-Agonist Semaglutid macht wieder von sich reden – diesmal nicht als potente Abnehmhilfe bei Adipositas, sondern als Wirkstoff, der die Progression chronischer Nierenerkrankungen bei Patienten mit Typ-2-Diabetes verzögert. Gezeigt hat das die FLOW-Studie. Bereits im Oktober 2023 hat das Unternehmen Novo Nordisk den vorzeitigen Stopp der Studie FLOW (Effect of semaglutide versus placebo on the progression of renal impairment in people with type 2 diabetes and chronic kidney disease) bekanntgegeben. Der Abbruch erfolgte auf Anraten des unabhängigen Data Monitoring Committee der Studie, das schon bei einer Zwischenanalyse die präspezifizierten Kriterien für den Nachweis einer nephroprotektiven Wirksamkeit von Semaglutid bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung erfüllt sah. Signifikante Risikoreduktion um 24% durch Semaglutid Jetzt informiert der Studiensponsor Novo Nordisk in einer Top-Line-Meldung die Öffentlichkeit zumindest schon einmal über das Hauptergebnis der FLOW-Studie. Danach ist durch Semaglutid die Inzidenzrate für den primären 5-Komponenten-Endpunkt signifikant um 24% im Vergleich zu Placebo reduziert worden. Die Komponenten dieses kombinierten Endpunkts der FLOW-Studie bilden eine persistierende glomeruläre Filtrationsrate (eGRF) <15 ml/min/1,73 m2, der Beginn einer chronischen Nierenersatztherapie (Dialyse, Nierentransplantation), eine persistierende eGRF-Reduktion um ≥ 50% sowie renal oder kardiovaskulär verursachter Tod. Nach dem jetzt bekanntgegebenen Ergebnis scheint Semaglutid die Progression einer chronischen Nierenerkrankung bei Diabetes zu verzögern. Zu den Ergebnissen wird darüber hinaus nur noch vermeldet, dass Semaglutid sowohl renale als auch kardiovaskuläre Komponenten des primären Endpunktes reduzierte und dass sich dessen Überlegenheit im Vergleich zu Placebo auch in „konfirmatorischen“ sekundären Endpunkten widerspiegelte. Das war's vorerst. Die kompletten Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr bei einer wissenschaftlichen Tagung vorgestellt werden. Eine große Überraschung ist der positive Ausgang der FLOW-Studie nicht. Evidenz für nephroprotektive Effekte von GLP-1-Rezeptoragonisten hat es bereits zuvor gegeben. Allerdings beruht diese Evidenz überwiegend auf sekundären Ergebnissen großer Studien, in denen es primär um den Effekt von GLP-1-Agonisten auf kardiovaskuläre Ereignisse ging. Beteiligt daran waren diabetische Patienten sowohl mit als auch ohne chronische Nierenerkrankungen. Eine 2021 publizierte und auf acht Studien mit insgesamt mehr als 60.000 Patienten gestützte Metaanalyse bescheinigt diesen Wirkstoffen eine signifikante Risikoreduktion um 21% für eine kombinierten renalen Endpunkt (p < 0,0001), die hauptsächlich durch den Effekt auf die Albuminurie getrieben war. FLOW ist die erste Studie, in der gezielt der Einfluss eines GLP-1-Agonisten auf die Progression chronischer Nierenerkrankungen bei Typ-2-Diabetes untersucht werden sollte. In die 2019 gestartete Studie sind 3.533 Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes aufgenommen worden. Kriterien für eine bei ihnen bestehende chronische Nierenerkrankung waren eine eGRF im Bereich ≥ 50 und ≤ 75ml/min/1,73 m2 und ein Albumin-Kreatinin-Quotient (UACR) > 300 und 100 und < 5000 mg/g). Bei den der Semaglutid-Gruppe zugeteilten Patienten wurde Semaglutid in der unter dem Warenzeichen Ozempic für die Diabetes-Therapie zugelassenen Dosierung von 1,0 mg einmal wöchentlich subkutan injiziert. Neue Zulassung zur kardiovaskulären Prävention bei Adipositas Der im Oktober 2023 veranlasste Stopp der FLOW-Studie erfolgte nur knapp einen Monat vor Präsentation der SELECT-Studie beim Kongress der American Heart Association (AHA). In dieser Studie ist bekanntlich mit Semaglutid in der zur Gewichtsreduktion zugelassenen Formulierung (Wegovy) die Inzidenz der Ereignisse Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulär verursachter Tod (primärer kombinierter Endpunkt) bei Patientinnen und Patienten mit Übergewicht oder Adipositas und vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankungen (aber ohne Diabetes) signifikant um 20% im Vergleich zu Placebo reduziert worden. Am 8. März 2024 gab die US-Gesundheitsbehörde FDA bekannt, dass Semaglutid in den USA auf Basis der SELECT-Daten die Zulassung zur Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse bei übergewichtigen oder adipösen Patienten mit bestehender Herz-Kreislauf-Erkrankung erhalten hat. Eine Entscheidung der EMA für die Länder der EU wird noch in diesem Jahr erwartet.

Springer Medizin

Semaglutid bremst Progression von Nierenerkrankungen bei Diabetes

Weiterführende Themen

Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Weiterführende Themen

Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft