Filgotinib: präferenzielle JAK1-Hemmung bei vorbehandelter Colitis ulcerosa

Filgotinib, ein von Galapagos entwickelter präferenzieller Januskinase-1 (JAK1)-Hemmer, kann bei Patientinnen und Patienten mit vorbehandelter mittelschwerer bis schwerer aktiver Colitis ulcerosa eine rasche Symptomlinderung induzieren und zu einer anhaltenden klinischen Remission, auch ohne Steroidgabe, führen. >>Mehr zum Galenus-von-Pergamon-Preis Zielgerichtet wirkende orale Januskinase (JAK)-Inhibitoren haben die Therapieoptionen bei mittelschweren bis schweren chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie Colitis ulcerosa deutlich verbessert. Als besonders günstig gilt eine selektiv wirkende JAK1-Inhibition bei geringerer Hemmung der JAK2- und JAK3-abhängigen Signalwege, wie dies bei Filgotinib (Jyseleca®) von Galapagos der Fall ist. Filgotinib greift in den Entzündungsprozess ein, indem es den JAK-STAT-Signalweg hemmt und so die Transkription inflammatorischer Zytokine herunterreguliert. Galapagos NV × Die rasche und anhaltende Wirksamkeit von JAK-Inhibitoren bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen wird vor allem der JAK1-Hemmung zugeschrieben. JAK1 ist wichtig für die Signalübertragung inflammatorischer Zytokine. JAK2 ist an der Regulation von Myelopoese und Erythropoese beteiligt, und JAK3 übt entscheidende Funktionen bei der Immunhomöostase und der Lymphopoese aus. Entsprechend werden die JAK2- und JAK3-Hemmung eher mit einem Anstieg der Inzidenz von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) wie Anämien und Lymphopenien in Verbindung gebracht. Hohe Affinität zu JAK1 Eine präferenzielle Hemmung des JAK1-Signalwegs dürfte deshalb klinische Vorteile haben. Filgotinib zeigte in biochemischen Assays eine mehr als fünffach höhere Affinität für JAK1 gegenüber JAK2, JAK3 und Tyrosinkinase 2 (TYK2). In vitro wurde durch Filgotinib im Vergleich zu anderen JAK-Inhibitoren beispielsweise Interferon-gamma, das essenziell für die Virusabwehr ist, geringer gehemmt. Die JAK2- und JAK3-abhängigen Zytokinantworten wurden in den untersuchten Zellen (Monozyten und Natürliche Killer [NK]-Zellen) kaum beeinflusst. Durch Filgotinib wurde die Zahl der NK-Zellen aufgrund der geringen Beeinflussung der NK-Zellproliferation nur in geringem Maße gehemmt, was für die Immunabwehr ebenfalls relevant ist. In Studien belegt ist außerdem ein geringes Interaktionspotenzial. Filgotinib ist kein klinisch relevanter Inhibitor oder Induktor der meisten Enzyme oder Transporter, die häufig an Wechselwirkungen beteiligt sind, wie z. B. Cytochrom-P450 (CYP)-Enzyme. Zugelassen in der Indikation Colitis ulcerosa (CU) ist Filgotinib seit November 2021, und zwar zur Behandlung von Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer aktiver CU, die auf eine konventionelle Therapie oder auf ein Biologikum unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträglichkeit gegen eine entsprechende Behandlung gezeigt haben. Bereits seit Oktober 2020 ist Filgotinib für vorbehandelte Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis – als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat – verfügbar. Schnelles und hohes Ansprechen Die Zulassung für CU basiert auf den Daten der SELECTION-Studie, einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten kombinierten Phase-IIb/III-Studie bei 1348 Patientinnen und Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver Erkrankung. Die Studie umfasste zwei Induktionsstudien (A: Biologika-Naive, B: Biologika-Erfahrene), gefolgt von einer Erhaltungsstudie über eine Gesamt-Therapiedauer von 58 Wochen. Unter Filgotinib 200 mg wurde ein schnelles Ansprechen erreicht. Bereits nach vier (Biologika-Naive) bzw. drei Tagen (Biologika-Erfahrene) war der rektale Blutabgang signifikant geringer als unter Placebo (je p < 0,01). Nach 10-wöchiger Behandlung mit Filgotinib 200 mg erreichten signifikant mehr Patientinnen und Patienten eine klinische Remission als unter Placebo (Studie A: 26 vs. 15 Prozent: p < 0,05; Studie B: 12 vs. 4 Prozent: p < 0,05). Ein signifikantes klinisches Ansprechen erreichten in Woche 10 zwei von drei Biologika-Naiven (67 vs. 47 Prozent unter Placebo, p < 0,001) und etwas mehr als die Hälfte der Biologika-Erfahrenen (53 vs. 18 Prozent unter Placebo, p < 0,001). In Woche 58 lag die klinische Remissionsrate unter Filgotinib 200 mg bei 37 versus 11 Prozent im Placeboarm (p < 0,0001). Rund zwei Drittel aller Behandelten zeigten ein klinisches Ansprechen (67 vs. 33 Prozent unter Placebo, p < 0,0001). Den sekundären Endpunkt, definiert als eine sechsmonatige steroidfreie Remission, erreichten in Woche 58 27 Prozent derjenigen Patientinnen und Patienten, die bei Eintritt in die Erhaltungsphase noch Glukokortikosteroide erhalten hatten (vs. 6 Prozent unter Placebo, p < 0,01). Filgotinib war gut verträglich. Die Raten an UAW und schweren UAW waren gering und in allen Behandlungsarmen ähnlich. Schwere Infektionen oder Herpes zoster traten unter der Standarddosis von Filgotinib 200 mg während der Induktions- und Erhaltungsphase bei ≤ 1,0 Prozent der Studienpopulation auf, Malignome (ohne nichtmelanozytären Hautkrebs) und pulmonale Embolien bei ≤ 0,5 Prozent. Venöse Thromboembolien und zerebrovaskuläre Ereignisse wurden unter 200 mg Filgotinib nicht beobachtet. (rf) Filgotinib greift indie JAK-STATSignalkaskade ein Filgotinib ist ein Adenosintriphosphat (ATP)-kompetitiver und reversibler Inhibitor der Januskinase (JAK)-Enzymfamilie. Bevorzugt gehemmt wird JAK1. JAK sind an der Signalweiterleitung verschiedener Zytokine über die Zellmembran ins Zellinnere beteiligt. Die Zytokine aktivieren den JAK-STAT (Signal Transducer and Activator of Transcription)-Signaltransduktionsweg, der bei wichtigen physiologischen Abläufen eine entscheidende Rolle spielt. Jedoch können überschießende Zytokinantworten – vermittelt durch die JAK-STAT-Signalkaskade – zu einer Reihe von entzündlichen Erkrankungen wie Colitis ulcerosa beitragen und den chronischen Entzündungsverlauf unterhalten. Filgotinib hemmt die Signalübertragung und verhindert, dass aktivierte STAT-Dimere in den Zellkern wandern und dort weitere Entzündungsprozesse vorantreiben. Dadurch werden Symptome und ein Fortschreiten der chronisch-entzündlichen Erkrankung reduziert. Belgischer Entwickler mit starkem US-Partner Branche: Die im belgischen Mechelen ansässige Galapagos NV wurde 1999 von dem niederländischen Pharmamanager Onno van de Stolpe gegründet. Seit Ende 2017 ist sie börsennotiert. Großaktionär ist mit 25,45 Prozent das kalifornische Biotechunternehmen Gilead, das auch globaler Entwicklungs- und Vertriebspartner unter anderem für den RA-Wirkstoff Filgotinib ist. Galapagos konzentriert sich auf neue, niedermolekulare Medikamente gegen chronisch-entzündliche, fibrotische und nephrologische Erkrankungen. Dazu werden mittels eigener Technologie („Target-Discovery“) an menschlichen Zellen In-vivo-Situationen simuliert und Schlüsselproteine der Genese chronischer Krankheiten erforscht. Für den Konzern sind weltweit über 1300 Mitarbeiter in 14 Landesgesellschaften tätig. Die deutsche Dependance mit aktuell 80 Mitarbeitern wurde 2019 in München eröffnet. Umsatz und Gewinn: 2021 wurden knapp 485 Millionen Euro erlöst, überwiegend aus F&E-Kooperationen (470 Millionen). Der Gesamtverlust ging von 311 Millionen Euro im Vorjahr auf 125,4 Millionen Euro zurück. F&E-Ausgaben: Mit knapp 492 Millionen Euro bildeten die F&E-Ausgaben 2021 den größten Kostenblock. Pipeline: Galapagos verfügt nach eigenen Angaben über 65 Patentgruppen aus denen mehr als 45 neue Wirkstoffe resultieren könnten. Die Pipelineübersicht weist derzeit neun klinische Projekte ab Phase I aus. Unter anderem wird an Indikationserweiterungen für den Januskinase-Hemmer Filgotinib sowie an weiteren, nicht näher bezeichneten Kandidaten gegen chronisch-entzündliche Erkrankungen, Fibrosen sowie Nierenleiden gearbeitet. In Phase II – oder kurz davor – sind ein ChitinaseInhibitor gegen Lungenfibrose (einlizenziert von der polnischen Molecure SA) sowie ein CFTR-Modulator gegen autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung. (cw) Quelle: ÄrzteZeitung

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