Erschienen in:
06.06.2019 | Pathologie | Geschichte der Pathologie
Der Pathologe Philipp Schwartz (1894–1977)
Vom NS-Opfer zum Initiator der „Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland“
verfasst von:
R. Pauli, J. Sziranyi, D. Groß
Erschienen in:
Die Pathologie
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Ausgabe 5/2019
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Zusammenfassung
Der Frankfurter Pathologe Philipp Schwartz gehört zweifellos zu den bemerkenswertesten Wissenschaftlern der jüngeren Medizingeschichte. Als Sohn jüdischer Eltern sah er sich nach der Machtergreifung Hitlers (1933) zur Emigration gezwungen. Trotz dieser repressiven Erfahrung gelang ihm im selben Jahr die Gründung der „Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland“, mit der er hunderten zwangsemigrierten Hochschullehrern zu akademischen Anstellungen verhalf. Zudem nahm er maßgeblichen Einfluss auf die Reform des Hochschulsystems in der Türkei, lieferte wesentliche Beiträge zur (Neuro‑)Pathologie und errang führende wissenschaftliche Positionen in der Türkei und in den USA.
Doch so erfolgreich die wissenschaftliche Karriere des Pathologen im Exil verlief – sein Verhältnis zu Deutschland blieb zeitlebens problembehaftet. Vor diesem Hintergrund fokussiert der vorliegende Beitrag auf die Rezeption Philipp Schwartz’ in den verschiedenen politischen Systemen Deutschlands – angefangen von der Weimarer Republik über das „Dritte Reich“, das Deutschland der Nachkriegszeit bis hin zur Bundesrepublik. Zentrale Grundlage der Studie sind Primärquellen des Universitätsarchivs Frankfurt.
Schwartz gelang in der Weimarer Republik ein vielversprechender Karrierestart. Durch die Machtergreifung Hitlers (1933) wurde er jeglicher Perspektive beraubt und floh noch im Frühjahr 1933 in die Schweiz. Obwohl er im Exil mit einer ordentlichen Professur in Istanbul und der Institutionalisierung der besagten Notgemeinschaft bemerkenswerte Leistungen vollbrachte, stand die Frankfurter Universität im Nachkriegsdeutschland einer Berufung Schwartz ablehnend gegenüber. Bis weit über den Tod (1977) hinaus fand das Leben und Werk von Philipp Schwartz in Deutschland kaum Beachtung. Erst nach der Jahrtausendwende wurde Philipp Schwartz hier die Anerkennung zuteil, die ihm zu Lebzeiten versagt blieb.