Rektumkarzinom minimalinvasiv behandeln oder nicht?

Die Evidenzlage spricht für eine Überlegenheit der minimalinvasiven Resektion des Rektumkarzinoms gegenüber der konservativen Chirurgie. Doch in den USA wird das derzeit in Zweifel gezogen. Dafür hatte Prof. Dr. Alois Fürst von der chirurgischen Universitätsklinik in Regensburg beim Chirurgenkongress 2017 in München wenig Verständnis. Basis der nordamerikanischen Zurückhaltung waren zwei US-amerikanische Studien, die keine Ebenbürtigkeit von minimalinvasiver und konventioneller chirurgischen Therapie des Rektumkarzinoms in Bezug auf einen Kompositendpunkt (Raten kompletter totaler mesorektaler Exzisionen (TME), eines freier zirkumferenzieller Resektionsabstand (CRM) von ≥1 mm und eines freien distalen Resektionsrands von ≥1 mm) gezeigt hatten [1,2]. „Sie schmeißen drei Endpunkte zusammen und sagen uns nicht, wie das gewertet ist“, kritisierte Fürst und betonte: „Außerdem haben sie von Hause aus schon eine sehr schlechte Präparatequalität.“ Die erfolgreichen Resektionen nach dem kombinierten Endpunkt lagen bei einem Anteil von 82% in beiden Studien bei laparoskopischer und 87% [1] bzw. 89% [2] bei offener Chirurgie. „Es gibt viele Studien mit über 90% TME-Qualität“, betonte Fürst. Die relevanten klinischen Endpunkte krankheitsfreies Überleben (DFS), Gesamtüberleben (OS) und Lokalrezidivrate waren in diesen Studien nur sekundäre Endpunkte. Onkologisch relevante Langzeitdaten fehlen, dennoch kommen die Autoren laut Fürst zu der Schlussfolgerung, dass momentan noch keine gute Evidenz für die laparoskopische Rektumchirurgie da sei. Fürst berichtete vom Konsens einer europäischen Expertengruppe, dass man mit Surrogatparametern keine onkologischen Aussagen machen kann. „Die klinische Relevanz dieser beiden Studien ist sehr, sehr fragwürdig.“ Dennoch wird die Schlussfolgerung der Autoren in den USA laut Fürst relativ kritiklos übernommen und es wird dort wieder vermehrt offen operiert. Evidenz spricht für minimalinvasive Therapie Dabei hatte eine Cochrane-Metaanalyse von 14 Studien 2014 bereits moderate Evidenz für ein besseres krankheitsfreies Überleben und einen Hinweis auf ein besseres Langzeitüberleben bei laparoskopischer gegenüber offener TME gefunden [3]. Außerdem konstatierten die Autoren einen kürzeren Krankenhausaufenthalt, eine kürzere Zeit bis zur ersten Defäkation und weniger Komplikationen durch Blutungen und Wundinfektionen. Das bestätigt eine aktuelle Metaanalyse nach Cochrane-Kriterien, wobei die Ergebnisse der 38 inkludierten Studien nun auch einen Vorteil der Laparoskopie hinsichtlich der Mortalität und dem 5-Jahres-Gesamtüberleben zeigen [4]. Die Autoren dieser Metaanalyse kamen entsprechend zu einer klaren Empfehlung der laparoskopischen Chirurgie bei Rektumkarzinomresektion. In Europa hat die COLOR II-Studie die laparoskopische mit der konventionellen Resektion eines Rektumkarzinoms mit einem maximalen Abstand zum Anus von 15 cm verglichen [5]. Insbesondere im unteren Rektumabschnitt ergab sich ein klarere Vorteil bei der Rate eines positiven CRM mit nur 9% bei Laparoskopie und 22% bei offener Chirurgie, was sich in einer niedrigeren Lokalrezidivrate niederschlug (4,4% vs. 11,7%). Im Stadium III war das tumorfreie Überleben über drei Jahre signifikant besser [6]. Das bestätigt sich laut Fürst auch aktuell in den Registerdaten des Tumorzentrums Regensburg, wo die Gesamtüberlebensraten über fünf Jahre sowohl bei Kolon- als auch Rektumkarzinom bei Laparoskopie um etwa 10% besser sind als bei offener Chirurgie. TaTME wird überprüft Vielleicht geht es ja noch besser, meinte Fürst. Eine neue Methode der minimalinvasiven Therapie des distalen Rektumkarzinoms bis 10 cm ab Anus ist die transanale totale mesorektale Exzision (TaTME). Potenzielle Vorteile könnten sein: visualisieren des distalen Resektionsrandes, möglicherweise optimierter zirkumferentieller Resektionsrand, einfacherer abdomineller Operationsteil, einfachere distale Rektumpräparation, kürzere Operationsdauer durch 2-Team-Technik, niedrigere Konversionsrate. Ob die TaTME die Therapieergebnisse beim tiefen Rektumkarzinom tatsächlich weiter verbessern kann, prüft die internationale randomisierte Studie COLOR III, die TaTME mit der laparoskopischen Therapie eines einzelnen Rektumkarzinoms mit einem Abstand zum Anus von 0 bis 10 cm vergleicht [7]. Basierend auf: Symposium: Aktuelle Fragen zum Kolon- und Rektum-Karzinom am 21. März 2017. 134. Kongress Deutsche Gesellschaft für Chirurgie, 21.-24. März 2017 in München

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