Vorsicht mit Kalziumsupplementen bei Diabetes?

Ob die regelmäßige Einnahme von Kalziumpräparaten sich nachteilig auf das Herz-Kreislauf-Risiko auswirkt, könnte von Begleiterkrankungen abhängen. Bei Diabetes ist möglicherweise Vorsicht geboten. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Sorge, die Zufuhr von Kalzium über Nahrungsergänzungsmittel könnte kardiovaskuläre Ereignisse triggern, ist auf Bevölkerungsebene weitgehend ausgeräumt: In großen epidemiologischen Studien war diesbezüglich weder ein Schaden noch ein Nutzen festzustellen. Für Menschen mit per se erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko, etwa aufgrund einer Aortenstenose oder einer Niereninsuffizienz, gibt es dagegen aus kleineren Studien Hinweise auf nachteilige kardiovaskuläre Effekte der Supplementation. Ein Forschungsteam aus Wuhan und Boston warnt nun, dass dies auch für Menschen mit Diabetes zutreffen könnte: In einer großen prospektiven Kohorte waren bei Diabeteskranken, die regelmäßig Kalzium ergänzten, die kardiovaskuläre Ereignisrate und die Mortalität erhöht. Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um ein Drittel erhöht Das Team um Zixin Qiu von der Huazhong-Universität in Wuhan hat Daten der UK Biobank ausgewertet. Unter den mehr als 430.000 Teilnehmenden (Durchschnittsalter 56 Jahre, Frauenanteil 55%), die initial frei von kardiovaskulären Erkrankungen waren, hatten fast 22.000 einen Diabetes. Von ihnen gaben rund 7% an, regelmäßig Kalziumpräparate einzunehmen, von den Personen ohne Diabetes waren es 5%. Die Nachbeobachtungszeit betrug im Median acht Jahre mit Blick auf kardiovaskuläre Ereignisse und elf Jahre für Todesfälle. Nach umfangreicher Adjustierung für Faktoren wie Alter, Lebensstil und Gesundheitszustand war eine regelmäßige Kalziumsupplementation bei Diabeteskranken mit einem um 34% höheren Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie einer um 67% höheren kardiovaskulären und um 44% höheren Gesamtmortalität assoziiert. Nahezu identische Ergebnisse traten zutage, wenn jeweils einer Person mit Kalziumsupplementation vier passende Personen ohne Supplementation gegenübergestellt wurden (Propensity Matching). Bei den Teilnehmern ohne Diabetes waren keine solchen Zusammenhänge zu erkennen. Das bei Diabetikern mit Kalziumzufuhr erhöhte kardiovaskuläre Risiko zeigte sich auch bei den einzelnen Erkrankungen, also Schlaganfall, ischämischer Herzerkrankung und Herzinsuffizienz. Es war außerdem unabhängig von Alter, Geschlecht, Rauchstatus, Vitamin-D-Spiegel, Diabetesdauer und weiteren Eigenschaften der Patienten. Die Wirkung von Diabetes plus nichtdiätetische Kalziumzufuhr auf das kardiovaskuläre Komplikationsrisiko erwies sich als deutlich größer als die Summe der Einzeleffekte. Laut dem Studienteam dürfte die Interaktion zwischen beiden Risikofaktoren für etwa ein Drittel des Anstiegs von kardiovaskulären Ereignissen und Todesfällen verantwortlich sein. Abrupter Anstieg von Serumkalzium „Wenn sich unsere Studie reproduzieren lässt, unterstreicht das die Notwendigkeit, insbesondere bei Diabetespatienten den potenziellen Schaden durch eine Kalziumsubstitution gegen den wahrscheinlichen Nutzen abzuwägen“, schreiben Qiu und sein Team. Und: „Diabetespatienten sollten mit einer langfristigen Kalziumsubstitution möglicherweise zurückhaltend sein“. Die Forscher und Forscherinnen gehen davon aus, dass das ohnehin erhöhte kardiovaskuläre Risiko sowie die gestörte Kalziumbalance Menschen mit Diabetes besonders anfällig machen für die nachteiligen kardiovaskulären Effekte einer Kalziumsupplementation. Worauf diese genau beruhen, ist laut Qiu et al. nicht ganz geklärt. Vermutet wird, dass Kalzium aus Supplementen, anders als diätetisches Kalzium, über einen abrupten Anstieg des Serumspiegels zu Hyperkoagulabilität und Arteriosklerose führen kann. Das Wichtigste in Kürze Frage: Gibt es bei Menschen mit bzw. ohne Diabetes einen Zusammenhang zwischen Kalziumsupplementation und kardiovaskulärem Risiko? Antwort: Die regelmäßige Supplementation von Kalzium ist bei Diabetespatienten mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und einer erhöhten Mortalität assoziiert. Bei Menschen ohne Diabetes ist das nicht der Fall. Bedeutung: Bei Diabetespatienten sollten Nutzen und Risiko einer Kalziumsupplementation besonders sorgfältig abgewogen werden. Einschränkung: Kalziumsupplementation gemäß einmaliger Selbstauskunft; keine Angaben zur Kalziumdosis.

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