Metformin trotz Niereninsuffizienz prognostisch günstig

In Europa und den USA wurden die Anwendungsbeschränkungen für Metformin unlängst weiter gelockert. US-Mediziner haben daher die Datengrundlage für den Einsatz des Antidiabetikums bei klassischen Kontraindikationen untersucht. Leiden Diabetiker zusätzlich unter chronischer Nierenkrankheit, eingeschränkter Leberfunktion oder Herzinsuffizienz, galt der Einsatz des Antidiabetikums Metformin wegen erhöhten Risikos für Laktatazidosen klassischerweise als kontraindiziert. Nun legen die Ergebnisse einer aktuellen Übersichtsarbeit nahe, dass auch bei diesen drei Komorbiditäten die Therapie von Typ-2-Diabetes mit Metformin mit einer reduzierten Gesamtsterblichkeit assoziiert ist – im Vergleich zu Therapieformen ohne Metformin. Allerdings ist die Evidenz für diese Einschätzung als niedrig zu bewerten. So lautet das zentrale Ergebnis einer Übersichtsarbeit, die ein Team um Matthew Crowley vom Durham Veterans Affairs Medical Center, NC/USA, erstellt hat [1]. Mortalität niedriger als ohne Metformin Für ihre Studie berechneten Crowley und sein Team zwei Metaanalysen. Demnach hatten Diabetiker mit komorbider Niereninsuffizienz respektive komorbider Herzinsuffizienz im Follow-Up-Zeitraum ein je 22% niedrigeres Mortalitätsrisiko im Vergleich zu Patienten, die kein Metformin einnahmen (Chronische Niereninsuffizienz: Hazard Ratio [HR] 0,78, 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,63–0,96; Herzinsuffizienz: HR 0,78, 95%-KI 0,71–0,87). Für die eingeschränkte Leberfunktion berechneten Crowley und Kollegen aufgrund von Unterschieden bei der Ergebnisdarstellung keine Metaanalyse. Von den drei infrage kommenden Studien zur Leberkomorbidität stuften die Forscher bei einer Studie das Verzerrungsrisiko als gering ein. In dieser Studie war die Einnahme von Metformin bei Diabetikern mit einem signifikant längeren Überleben assoziiert im Vergleich zu Patienten, die nicht mit Metformin behandelt wurden (HR 0,43, 95%-KI 0,24–0,78). Zulassung bis GFR von 30 ml/min Hintergrund der aktuellen Studie ist der Umstand, dass die FDA im April 2016 die Anwendungsbeschränkungen für Metformin weiter gelockert hat [2]. Metformin darf seitdem in den USA auch bei Patienten mit milder bis moderater Einschränkung der Nierenfunktion eingesetzt werden. Eine schwer eingeschränkte Nierenfunktion bleibt nach FDA weiterhin eine Kontraindikation. Eine inhaltlich gleiche Neubewertung hat im Oktober 2016 die europäische Arzneimittelbehörde EMA vollzogen [3]. Eingeschränkte Aussagekraft In der Diskussion ihres Reviews weisen Crowley und Kollegen auf eine Reihe an Problemen hin, welche die Interpretation der Daten recht stark einschränken. Darunter: Patienten mit moderaten bis schweren Kontraindikationen werden üblicherweise aus randomisierten kontrollierten Metformin-Studien ausgeschlossen. Daher besteht die Datengrundlage des aktuellen Reviews lediglich aus Beobachtungsstudien (n = 17). Auch bleibe unklar, welche Rolle der Schweregrad der jeweiligen Kontraindikation für die potenziell günstigen Effekte von Metformin spiele. So variiere in den berücksichtigen Studien beispielsweise die Definition der chronischen Nierenkrankheit (basierend auf Serum-Kreatinin vs. geschätzte glomeruläre Filtrationsrate [eGFR]) wie auch deren Ausprägung (moderat bis schwer). Berücksichtigt wurden Studien, in denen Patienten eine Bandbreite von eGFR-Werten niedriger als 60 mL/min/1,73 m² aufwiesen. In den eingeschlossenen Studien unterschieden sich zudem die jeweiligen Follow-Up-Zeiträume. Würden sich mögliche Risiken durch die Gabe von Metformin im Zeitverlauf ändern, könnten sich durch die gemeinsame Auswertung dieser Studien ebenfalls Verzerrungen ergeben, so die Wissenschaftler. Ungeachtet dieser methodischen Einschränkungen stützten die Ergebnisse die aktuelle Bewertung von Metformin durch die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA und könnten Ansatzpunkte für weitere Forschungsanstrengungen liefern, wie Crowley und Kollegen schreiben.

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