Vitamin-B1-Mangel forciert Nervenschäden

Ein Vitamin-B1-Mangel kann zu schwerwiegenden neurologischen Schäden wie Neuropathien führen. Eine Ursache für einen Vitamin-B1-Mangel ist ein Diabetes mellitus. Daher sollte bei Diabetes-Patienten, vor allem bei Vorliegen einer Neuropathie, auch an ein mögliches Vitamin-B1-Defizit gedacht und dieses konsequent behandelt werden. Etwa jeder dritte Diabetiker entwickelt Nervenschäden, deren Symptomatik von Sensibilitätsstörungen und neuropathischen Schmerzen in den Füßen bis hin zu autonomen Funktionsstörungen und Gangunsicherheiten variieren kann, erläuterte der Neurologe Prof. Karlheinz Reiners, Erkelenz, bei einer Pressekonferenz. Wesentliche Ursache der Neuropathie bei Diabetes ist die Hyperglykämie, die oxidativen Stress und verschiedene pathogene Stoffwechselwege forciert, wie die Bildung von Advanced Glycation Endproducts (AGEs). Gleichzeitig fördert der Diabetes auch einen Mangel an Vitamin B1. Grund dafür ist ein gesteigerter renaler Verlust [1] bei gleichzeitig Hyperglykämie-bedingtem erhöhtem Bedarf. So wurden in einer britischen Studie bei Diabetes-Patienten aufgrund einer erhöhten Thiamin-Clearance um durchschnittlich 75% niedrigere Thiamin-Plasma-Spiegel nachgewiesen als bei Stoffwechselgesunden [1]. In einer aktuellen Studie wurden bei Diabetes-Patienten sogar um 80–90% niedrigere Thiamin-Spiegel beobachtet [2]. Ein Mangel an Vitamin B1 kann wiederum Nervenschäden und komplexe metabolische Störungen nach sich ziehen, die pathogene Stoffwechselprozesse, wie die AGE-Bildung, verstärken. Der Vitamin-Mangel sollte daher durch konsequente Substitution ausgeglichen werden, erklärte Reiners. Da herkömmliches Vitamin B1 (Thiamin) nur in begrenzten Mengen resorbiert werden kann, eignet sich für die orale Substitution das Pro-Vitamin Benfotiamin (z. B. milgamma® protekt), eine fettlösliche Thiamin-Vorstufe mit fünffach höherer Bioverfügbarkeit [3]. Die hochdosierte Vitamin-B1-Therapie mit Benfotiamin kann einen nervenschädigenden Mangel ausgleichen, dadurch auch neuropathische Symptome wie Kribbeln, Brennen und Taubheit in den Füßen lindern sowie pathogene Stoffwechselwege wie z.B. die Bildung von AGEs reduzieren [4]. Drei Säulen der Neuropathie-Therapie Für die Therapie von Neuropathien bei Diabetes kommen drei Behandlungssäulen in Betracht, so Reiners (Kasten). Während Lifestyle-Änderungen zur Optimierung der Blutzucker-Einstellung oftmals nicht ausreichen und die symptomatische Therapie mit Antikonvulsiva, Antidepressiva oder lang wirksamen Opioiden in der Langzeitanwendung mit zahlreichen Nebenwirkungen behaftet ist, kommt der Blockierung pathogener Stoffwechselwege große Bedeutung zu. Therapie von Neuropathien bei Diabetes Lifestyle-Änderungen, Optimierung der Blutzucker-Einstellung Blockierung pathogener Stoffwechselwege (z. B. mit Benfotiamin und Alpha-Liponsäure) Symptomatische Therapie (cave Nebenwirkungen) Neben Benfotiamin ist die antioxidativ wirksame Alpha-Liponsäure (z. B. Thiogamma®) eine weitere pathogenetisch bedeutsame Substanz, die die Bildung von AGEs und oxidativen Stress reduzieren kann. In mehreren placebokontrollierten Studien konnte der klinische Nutzen der Behandlung belegt werden: So zeigte die SYDNEY-2-Studie, dass eine tägliche Gabe von 600mg Alpha-Liponsäure oral über fünf Wochen die Symptome der diabetischen Neuropathie signifikant verbessern kann (p<0,05) [5]. „Auch die aktuellen Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft verweisen auf Alpha-Liponsäure und Benfotiamin als Therapie-Optionen bei diabetischer Neuropathie“, sagte Reiners [6]. Vitamin-B12-Mangel durch Metformin Auch die Prävalenz von Vitamin-B12 (Cobalamin)-Mangelzuständen steigt mit zunehmendem Lebensalter. Jeder Vierte über 65 Jahren ist betroffen [7], insbesondere Typ-2-Diabetiker unter Metforminmedikation [8]. Auch dieser Mangel fördert Neuropathien und müsse frühzeitig ausgeglichen werden, um irreversible Folgeschäden zu vermeiden, so Reiners. Weitere Informationen im Internet Praxisnahe Informationen zur leitliniengerechten Diagnose und multikausalen Therapie der diabetischen Neuropathie: www.nai-diabetische-neuropathie.de Literatur Thornalley PJ et al., Diabetologia 2007, 50:2164–2170 Anwar et al., Cureus 2020, 12(5): e8027. DOI 10.7759/cureus.8027 Schreeb KH et al., Eur J Clin Pharmacol 1997, 52:319–320 Hammes et al., Nat Med 2003, 9:294–299 Ziegler et al., Diabetes Care 2006, 29(11): 2365–2370 Ziegler et al., Diabetologie 2019, 14 (Suppl 2): S243-S257 Conzade R et al., Nutrients 2017, 9(12):1276 Yang W et al., J Diabetes 2019, 11(9):729–743 Impressum „Wenn Krankheiten und Arzneimittel auf die Nerven gehen: Welche Rolle spielen Biofaktoren bei neurologischen Folgeerkrankungen?“ Video-Pressekonferenz, 27. April 2020 Berichterstattung: Dagmar Jäger-Becker, Rodgau Medizin Report aktuell Nr. 481009 in: CME 9/2020 Mit freundlicher Unterstützung der Wörwag Pharma GmbH & Co. KG, Böblingen Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Dr. Petra Stawinski Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführer: Joachim Krieger, Fabian Kaufmann Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF: Neuropathie bei Diabetes: Vitamin-B1-Mangel forciert Nervenschäden

Live-Webinar "Chronische Unterbauch- und Viszeralschmerzen in der Praxis managen"

Springer Medizin

Vitamin-B1-Mangel forciert Nervenschäden

Weiterführende Themen

Live-Webinar "Chronische Unterbauch- und Viszeralschmerzen in der Praxis managen"

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Weiterführende Themen