14.02.2020 | Diagnostik in der Pneumologie | CME | Ausgabe 2/2020 Open Access

Schlüssel zur Diagnostik in der Pneumologie
Bedeutung von Anamnese und klinischer Untersuchung
- Zeitschrift:
- Der Pneumologe > Ausgabe 2/2020
Wissenschaftliche Leitung
Lernziele
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Anamnese und klinische Untersuchung erlauben auch heute noch in 80 % der Fälle eine richtige Diagnosestellung.
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Apparative Tests dienen dann einzig der Bestätigung der Verdachtsdiagnose.
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Nur selten sind apparative Tests die einzige Möglichkeit zur Feststellung einer Diagnose.
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Die subjektiv geschätzte Vortestwahrscheinlichkeit ist unabdingbar für die Bewertung apparativer Tests.
Einführung
Gezielte Anamnese pulmonaler Leitsymptome
Dyspnoe
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Herzkrankheiten (Herzinsuffizienz) und hypertensive Entgleisung,
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Lungenkrankheiten (obstruktive und restriktive Ventilationsstörungen) und
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Sonstiges (pulmonale Hypertonie, neuromuskuläre Erkrankungen, Anämie und Hyperthyreose).
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Klasse I (keine Dyspnoe bei alltäglichen Belastungen),
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Klasse II (Dyspnoe bei alltäglicher Belastung),
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Klasse III (Dyspnoe bereits bei leichter Belastung) und
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Klasse IV (Dyspnoe bei allen körperlichen Aktivitäten oder sogar in Ruhe).
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Klasse I: Tritt die Luftnot nur bei starken körperlichen Belastungen auf, die das alltägliche Maß übersteigen?
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Klasse II: Tritt die Luftnot bereits beim Treppensteigen von bis zu 2 Stockwerken in normalem Tempo ein?
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Klasse III: Tritt die Luftnot bereits bei reduziertem Fußgängertempo auf einem ebenen Weg ein?
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Klasse IV: Tritt die Luftnot bereits bei geringster Belastung, wie z. B. in der Wohnung in ein anderes Zimmer gehen, Zähne putzen, sich waschen oder anziehen auf?
6-min-Gehtest
Gesundheitsbezogene Lebensqualität
Schnarchen, Apnoe und Hypersomnie
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0 = würde nie einschlafen,
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1 = würde kaum einschlafen,
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2 = würde möglicherweise einschlafen,
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3 = würde mit großer Wahrscheinlichkeit einschlafen.
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kurzen, oft wiederholten Schlafattacken, die nicht nur bei den beschriebenen schlaffördernden Situationen, sondern auch bei normaler körperlicher Aktivität auftreten können,
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Kataplexie (abrupter, reversibler, einige Sekunden bis 30 min dauernder Verlust des Muskeltonus, häufig ausgelöst durch Emotionen),
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Schlaflähmung (Gefühl beim Einschlafen oder Aufwachen, sich nicht mehr bewegen zu können) und oft damit einhergehend
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hypnagoge Halluzinationen (Träume beim Einschlafen bzw. Aufwachen).
Andere Symptome bei Lungenkrankheiten
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die „Minor-Hämoptoe“: nur blutig tingiertes Sputum,
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die „Major-Hämoptoe“: reines Blut, Quantität unterschiedlich: wenige Milliliter bis mehrere Hundert Milliliter.
Physikalische Untersuchung der Lungen
Inspektion
Palpation
Perkussion
Auskultation
Evidenzbasierte Anamnese und Untersuchung
LHR +
|
LHR−
|
|
---|---|---|
COPD
|
||
Giemen
|
4,0
|
0,8
|
Forcierte exspiratorische Zeit >9 s
|
6,7
|
NA
|
Forcierte exspiratorische Zeit 6–9 s
|
1,8
|
0,6
|
Peak-Flow ≤150 ml zur Differenzialdiagnose Herzinsuffizienz
|
4,0
|
0,2
|
Nikotinabusus >40 „pack years“
|
11,6
|
0,9
|
Maximale laryngeale Distanz ≤4 cm
|
3,6
|
0,7
|
Alter ≤45 Jahre
|
2,1
|
0,7
|
Letzte 3 zusammen
|
59
|
0,3
|
Pneumonie
|
||
Bronchophonie
|
8,6
|
0,9
|
Rasselgeräusche
|
2,7
|
0,8
|
Verschärftes Atemgeräusch
|
3,5
|
0,9
|
Perkutorische Dämpfung
|
4,3
|
0,8
|
Anamnese eines Asthma bronchiale
|
0,1
|
3,8
|
Atemfrequenz >25/min
|
3,4
|
0,8
|
Lungenembolie
|
||
Wells-Score
|
5,9
|
0,1
|
Geneva-Score
|
5,8
|
0,4
|
Subjektive klinische Einschätzung (Facharzt/-ärztin)
|
8,0
|
0,1
|
Subjektive klinische Einschätzung (Assistent/-in)
|
4,5
|
0,4
|
Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung bei COPD
|
||
Asynchrone Atmung
|
3,5
|
0,3
|
Lungenkarzinom
|
||
„Clubbing“
|
3,9
|
0,7
|
Vorliegen einer Linksherzinsuffizienz bei akuter Dyspnoe
|
||
Anamnese eines Myokardinfarkts
|
3,1
|
0,7
|
Paroxysmale nächtliche Dyspnoe
|
2,6
|
0,7
|
Orthopnoe
|
2,2
|
0,7
|
3. Herzton
|
11
|
0,9
|
Halsvenenstauung
|
5,1
|
0,7
|
Hepatojugulärer Reflux
|
6,4
|
0,8
|
Rasselgeräusche
|
2,8
|
0,5
|
Herzgeräusch
|
2,6
|
0,4
|
Beinödeme
|
2,1
|
0,6
|
Klinische Gesamtbeurteilung
|
3,1
|
0,09
|
BNP >200
pg/ml
|
3,7
|
0,11
|
Fazit für die Praxis
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Auch heute noch können 80 % aller Diagnosen mittels Anamnese und klinischer Untersuchung gestellt werden.
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Weitere, zumeist apparative Tests dienen meist nur noch der Bestätigung der Diagnose.
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Eine kompetente Anamnese und klinische Untersuchung machen nicht selten teure und/oder zeitaufwendige Explorationen unnötig.
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Die aufgrund des klinischen Eindrucks gewonnene subjektive Einschätzung der Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Krankheit ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Bewertung weiterer Testresultate.
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Anamnese und klinische Untersuchung sind von größter Bedeutung zum Aufbau eines für die weitere Betreuung wichtigen Vertrauensverhältnisses mit den Patienten.