Erschienen in:
01.06.2004 | Original Article
Die Begutachtung im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung
Kritische Anmerkungen zur Validität der Ergebnisse
verfasst von:
Michael Simon
Erschienen in:
Journal of Public Health
|
Ausgabe 3/2004
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Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den Pflegebegutachtungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) für die soziale Pflegeversicherung. Grundlage der vorliegenden Untersuchung sind die Daten der Pflegeversicherung und des MDS sowie vorliegende Forschungsergebnisse zur Begutachtungspraxis des Medizinischen Dienstes.
Es wird herausgearbeitet, dass es sich bei den Ergebnissen der Begutachtung des MDK nicht um mit wissenschaftlichen Methoden erhobene empirische Daten über Ausmaß und Verteilung von Pflegebedürftigkeit handelt, sondern vor allem um Ergebnisse eines sozialen Interaktionsprozesses. Wie jede soziale Interaktion unterliegt auch die Begutachtung des MDK unvermeidlich dem Einfluss von Werthaltungen, Rollenerwartungen, Deutungsmustern und Interaktionskompetenz der Interaktionsteilnehmer. Im Falle der Pflegebegutachtungen scheinen diese Einflüsse ‚Verzerrungen‘ insbesondere in Abhängigkeit von sozialer Schicht und Geschlecht zu bewirken. Eine Analyse der Entwicklung der bewilligten Pflegeminuten wirft zudem die Frage auf, ob in den Jahren 1997 bis 2001 eine an finanzwirtschaftlichen Zielen orientierte Steuerung des Pflegestufenspektrums erfolgt ist. Gegen eine Verwendung der Daten der Pflegeversicherung für epidemiologische Zwecke sind von daher erhebliche Vorbehalte anzumelden. Diese Vorbehalte gelten auch gegenüber der amtlichen Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes, da sie in wesentlichen Teilbereichen auf den Angaben der sozialen und privaten Pflegeversicherung aufbaut.