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21.02.2024 | DKK 2024 | Kongressbericht | Nachrichten | In Kooperation mit: Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und Stiftung Deutsche Krebshilfe

Wie umgehen mit Nebenwirkungen der Immuntherapie?

Der Preis der Checkpoint-Blockade

verfasst von: Friederike Klein

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Checkpoint-Inhibitoren haben bei einer ganzen Reihe von Krebserkrankungen die Prognose entscheidend verbessern können. Der Preis für diesen Erfolg ist das Auftreten von immunabhängigen Nebenwirkungen, die dauerhaft und auch letal sein können. Bei immer breiterem Einsatz der Checkpoint-Blockade ist das Management dieser Nebenwirkungen von großer Bedeutung.

Warum manche Patientinnen und Patienten immunabhängige Nebenwirkungen (engl. immune related adverse event, irAE) unter der Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren (CPI) entwickeln und andere nicht, ist unklar, eine Vorhersage entsprechend nicht möglich. Potenziell kann jedes Organsystem betroffen sein. Letal verlaufen können nicht nur die seltenen kardialen, renalen und hämatologischen Nebenwirkungen, sondern auch häufigere CPI-Nebenwirkungen wie Kolitis und Hepatitis. 

Ein Fall für interdisziplinäre Teams

Bei höhergradigen irAE der CPI-Therapie (Grad ≥3) und bei steroidrefraktären Nebenwirkungen wird eine interdisziplinäre Zusammenarbeit empfohlen, berichtete PD Dr. Paul J. Bröckelmann von der Klinik I für Innere Medizin & CIO am Universitätsklinikum Köln auf dem 36. Krebskongress. Am CIO in Köln wurde vor drei Jahren ein multidisziplinäres Tumorboard zum Management von CPI-Nebenwirkungen ins Leben gerufen, um in solchen Fällen rasch Diagnose und Ausschlussdiagnose durchführen und Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Das iTox-Board selbst trifft sich alle 14 Tage. Für die notwendige rasche Unterstützung wurde zusätzlich ein festes iTox-Team für die konsiliarische Betreuung etabliert. Auch externe Patientinnen und Patienten können angemeldet werden. „Wir versuchen, Zuweiser mitzunehmen“, betonte der internistische Onkologe. Ähnliche Strukturen wurden bereits in Freiburg, Heidelberg oder München aufgebaut.

Breites Spektrum von im Board vorgestellten Fällen

In den ersten drei Jahren hat das iTOX-Board in Köln 102 Betroffene gesehen, im Median waren das 3,4 Fälle im Monat. Das mediane Alter von 62 Jahren entspricht dem zu erwartenden Alter von Patientinnen und Patienten mit Krebs, die Geschlechterverteilung war ausgewogen. 82% der Fallvorstellungen kamen aus dem CIO selbst, 18% von extern. Der Grund für die CPI-Therapie waren am häufigsten Lungenkrebs (29%), Melanom (19%), urologische Karzinome (15%) und Kopf-Hals-Tumore (14%). 87% der Erkrankungen waren fortgeschritten. Mit 52% war Pembrolizumab die häufigste CPI-Therapie in dieser Kohorte. 

20% der schwer von immunabhängigen CPI-Nebenwirkungen Betroffenen hatten eine duale Inhibition der Checkpoints PD-1 und CTL4 erhalten. Die Zeit zwischen CPI-Start und Vorstellung im iTox-Board war mit im Median zwei Monaten kurz, es gab aber auch Fälle, wo die entsprechend schweren irAE erst nach Jahren aufgetreten waren. 47% der vorgestellten Patientinnen und Patienten hatten auf die CPI-Therapie angesprochen, 10% auch mit einer Komplettremission, berichtete Bröckelmann. 

In der Mehrzahl der Fälle wurde die immunabhängige Nebenwirkung als solche bestätigt und der mediane Schweregrad der irAE lag bei 3. Häufigster Grund für die Vorstellung waren Pneumonitis (17%) und Hepatitis (13%). 18% der Betroffenen hatten mehr als eine immunabhängige Nebenwirkung erlitten, wobei die zusätzliche Nebenwirkung meist endokriner Natur war. 12% der Fälle wurden mehrfach im Board vorgestellt – meist nach einer Reexposition mit dem CPI, nachdem die Nebenwirkung abgeklungen war.

Lokale und regionale Strukturen benötigt

Der Einsatz von CPI bei immer mehr Krebserkrankungen, in immer mehr Kombinationen, in immer früheren Stadien und auch in kurativer Intention, z.B. in der Neoadjuvanz und Adjuvanz, macht das Management von irAE zu einem Thema, das noch weiter an Bedeutung gewinnen wird. Höhergradige und steroidrefraktäre irAE sind differenzialdiagnostische und therapeutische Herausforderungen und es wird wichtig sein, deutschlandweit iTox-Boards auf lokaler und regionaler Ebene aufzubauen, betonte Bröckelmann. Harmonisierung und strukturelle Evaluation werden dabei ebenso wichtig sein wie die Generierung von Evidenz zu irAE und ihrem Management. Bislang ist diese noch sehr schwach.  

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