Erschienen in:
16.04.2019 | EBM | Fokus
Onkologische Leitlinien im Kontext von Evidenzbasierter Medizin
verfasst von:
Dr. med. Dagmar Lühmann
Erschienen in:
Forum
|
Ausgabe 3/2019
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Zusammenfassung
Gemäß David Sackett ist unter evidenzbasierter Medizin (EbM) oder evidenzbasierter Praxis im engeren Sinne „eine Vorgehensweise des medizinischen Handelns, individuelle Patienten auf der Basis der besten zur Verfügung stehenden Daten zu versorgen“ zu verstehen. Diese Definition zeigt, dass klinische Leitlinien ein geeignetes Instrument zur Implementierung von EBM sein können. Zwei Problembereiche beeinflussen die Validität und Anwendbarkeit einer Leitlinie entscheidend: die Aktualität von Leitlinienempfehlungen und ihre Eignung als Grundlage für eine informierte gemeinsame Entscheidungsfindung („informed shared decision making“, ISDM). Leitlinienempfehlungen verlieren zum einen schnell an Aktualität, zum anderen ist ihre Aktualität innerhalb einer Leitlinie durchaus unterschiedlich. Die Probleme könnten durch die Überführung der intervallartigen Aktualisierung von Leitlinien in einen „lebenden“ Prozess („living guideline“ oder „living recommendations“) gelöst werden. Dies würde zwar mehr Aufwand bedeuten, aber auch eine deutliche Verbesserung der Grundlage für die gemeinsame ISDM erhoffen lassen. Die Einbeziehung der Patientenperspektive bei der Leitlinienerstellung und die Generierung von Leitlinienfassungen in patientenverständlicher Sprache gehören zum Standard aller Leitlinienprogramme, die Bereitstellung von Informationen, die ein ISDM ermöglichen, dagegen nicht. Um diesem Defizit zu begegnen, wird die Überführung von S3-Leitlinien in das Format S4-Leitlinie vorgeschlagen. Dieses sieht u. a. evidenzbasierte Entscheidungshilfen und die Weiterbildung von Ärzten sowie Gesundheitsfachkräften zu partizipativer Entscheidungsfindung vor.