Skip to main content
Die Ärztliche Begutachtung
Info
Publiziert am: 24.02.2023

Soziale Entschädigung

Verfasst von: Marc Nellen
Das Soziale Entschädigungsrecht wird durch das am 1. Januar 2024 in Kraft tretende SGB XIV umfassend reformiert. Künftig gibt es anstelle der heute nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Opferentschädigungsgesetz und zahlreichen anderen Nebengesetzen in unterschiedlicher Ausprägung ausgereichten Leistungen nur noch ein einheitliches und transparentes Leistungssystem. Umfangreiche Übergangs- und Besitzstandsregelungen vermeiden Verschlechterungen für die Betroffenen. Maßgeblich für die Höhe der Entschädigungsleistungen ist der Grad der Schädigung (GdS), der sich wiederum aus der Anlage zu § 2 und Teil C (Begutachtung im Sozialen Entschädigungsrecht) der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ergibt. An der sogenannten doppelten Kausalität – der aufeinander aufbauenden Handlungskette vom schädigenden Ereignis, der primären und der sekundären Gesundheitsstörung – wird festgehalten.

Einführung

Die Soziale Entschädigung nimmt mit ihren Leistungen innerhalb des Systems der Sozialleistungen eine Sonderstellung ein. Sie ist nicht primär auf die Behebung einer sozialen Notlage ausgerichtet, sondern soll einen angemessenen Ausgleich für Schäden erbringen, die aufgrund eines schädigenden Ereignisses eingetreten sind, für das die staatliche Gemeinschaft eine besondere Verantwortung aufgrund eines Sonderopfers oder einer sonstigen Aufopferung für die Gesellschaft trägt. Dieser Ausgleich beinhaltet auch eine Abgeltung für immaterielle Schäden.
Zweck der Leistungen der Sozialen Entschädigung ist es, die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen von schädigenden Ereignissen (z. B. Kriegseinwirkung, Gewalttat) auszugleichen. Umfang und Höhe der zu erbringenden Leistungen richten sich nach dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz – BVG) von 1950, das ursprünglich auf die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen des Zweiten Weltkrieges ausgerichtet war, heute aber im Rahmen der Sozialen Entschädigung auch für Leistungen an weitere Personengruppen entsprechend gilt (z. B. Wehrdienstbeschädigte, Zivildienstbeschädigte, Gewaltopfer und Impfgeschädigte sowie deren jeweilige Hinterbliebene).
Die Zahl der Berechtigten der Sozialen Entschädigung ist von 4,4 Mio. (1952) auf 77.000 (Stand Juli 2020) gesunken. Die Zahl der Leistungsberechtigten nach dem BVG nimmt altersbedingt ab, während die Zahl der Leistungsberechtigten nach den weiteren Gesetzen der Sozialen Entschädigung tendenziell steigt, allerdings in einem geringen Ausmaß. Das trifft vor allem auf das Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG) zu. Nach dem OEG erhalten derzeit (Stand Juli 2020) 24.100 Personen Leistungen.
Die Durchführung der Gesetze der Sozialen Entschädigung obliegt den Ländern. Eine Übersicht über die jeweils zuständigen Behörden findet sich im Internet unter https://www.integrationsaemter.de/versorgungsaemter/557c/index.html. Der Rechtsweg liegt im Bereich der Versorgung bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, im Bereich der fürsorgerischen Leistungen bei den Verwaltungsgerichten.
Das Leistungsspektrum umfasst Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung, fürsorgerische Leistungen sowie einkommensunabhängige und einkommensabhängige Rentenleistungen. Heil- und Krankenbehandlung entsprechen in Art und Umfang weitgehend den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V) und werden überwiegend von deren Trägern im Auftrag der zuständigen Verwaltungsbehörde erbracht.

Reform der Sozialen Entschädigung – neues SGB XIV

Die Soziale Entschädigung wurde mit dem Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts vom 19. Dezember 2019 (BGBl. I, S. 2652) umfassend reformiert und in einem neuen Vierzehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) zusammengefasst Einen guten Überblick über das neue Soziale Entschädigungsrecht geben Tabbara (2020) sowie Knickrehm u. a. (2021).
Kernpunkte der Reform sind:
  • Das SGB XIV regelt die Entschädigung von schädigungsbedingten Bedarfen der Leistungsberechtigten.
  • Es werden anrechnungsfreie wesentlich erhöhte Entschädigungsleistungen in Form von monatlichen Zahlungen an Geschädigte und Hinterbliebene erbracht.
  • Als neue Leistungen werden Schnelle Hilfen – Leistungen in Traumaambulanzen und Leistungen des Fallmanagements – als niedrigschwellige Angebote in einem neuen Erleichterten Verfahren zur Verfügung gestellt.
  • Im Bereich der Entschädigung von Opfern einer Gewalttat wird der Gewaltbegriff, insbesondere in den Fällen von schwerwiegender Bedrohung und Nachstellung sowie von Menschenhandel, um Formen schwerer psychischer Gewalt ergänzt.
  • Im Bereich der Krankenbehandlung richten sich die Leistungen in Art und Umfang weiterhin im Wesentlichen nach dem SGB V. Bei darüber hinausgehenden schädigungsbedingten Bedarfen werden ergänzende Leistungen zur Verfügung gestellt, beispielsweise besondere psychotherapeutische Leistungen, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die seelische Verfassung der Betroffenen mit der Vielfalt der zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden zu verbessern.
  • Der Teilhabegedanke wird deutlich gestärkt, indem Teilhabeleistungen grundsätzlich ohne den Einsatz von Einkommen und Vermögen erbracht werden.
  • Leistungen der Sozialen Entschädigung bei Pflegebedürftigkeit richten sich nach Art und Umfang nach dem Vierten Kapitel des Elften Buches Sozialgesetzbuch. Bei darüber hinausgehenden schädigungsbedingten Bedarfen werden die notwendigen und angemessenen Kosten übernommen.
  • Schädigungsbedingte Einkommensverluste von Geschädigten werden ausgeglichen.
  • Besondere Leistungen im Einzelfall ergänzen die Leistungen der Sozialen Entschädigung bei Hilfebedürftigkeit.
  • Personen, die bis zum 31. Dezember 2023 Leistungen nach dem BVG und den Gesetzen, die das BVG für anwendbar erklären, beziehen oder einen entsprechenden Antrag auf diese Leistungen gestellt haben, erhalten im Rahmen des Besitzstandsschutzes weiterhin qualitativ hochwertige Versorgungsleistungen.
Das neue SGB XIV tritt zum 1. Januar 2024 in Kraft. Bereits zum 1. Januar 2021 hat jede/r Geschädigte/r einen Rechtsanspruch auf Leistungen in einer Traumaambulanz (vgl. Art. 60 Abs. 5 Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts).

Gutachtlich bedeutsame Rechtsbegriffe der Sozialen Entschädigung

Im Bereich der Sozialen Entschädigung sind gutachtlich vor allem folgende zwei Fragen zu beantworten:
  • Besteht zwischen Ereignis, primärer und sekundärer Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang? Wird der ursächliche Zusammenhang bejaht, stellt das Ereignis das schädigende Ereignis, die primäre Gesundheitsstörung die gesundheitliche Schädigung und die sekundäre Gesundheitsstörung die Schädigungsfolge dar.
  • Welche Auswirkungen hat die Schädigungsfolge, bemessen mit dem Grad der Schädigungsfolgen (GdS)?
Grundlage der Beantwortung dieser Fragen ist seit 1. Januar 2009 die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV (Versorgungsmedizinische Grundsätze). Teil C (Begutachtung im Sozialen Entschädigungsrecht) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze wurde durch Artikel 26 des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts vom 19. Dezember 2019 novelliert, ohne dabei jedoch Änderungen an den bisherigen Kausalitätsgrundsätzen vorzunehmen. Grundlage der Novellierung war ein Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Versorgungsmedizin, der das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nach § 3 Absatz 1 VersMedV zu allen versorgungsärztlichen Angelegenheiten berät und die Fortentwicklung der Anlage entsprechend dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und versorgungsmedizinischer Erfordernisse vorbereitet. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze werden also regelmäßig aktualisiert, weshalb der Gutachter die Aktualisierungen verfolgen muss (▶http://www.bmas.bund.de ▶ Service ▶ Gesetze).

Kausalität

In der Sozialen Entschädigung beruht die Einstandspflicht des Staates auf der Kausalität zwischen schädigendem Ereignis, gesundheitlicher Schädigung und eingetretener Schädigungsfolge. Der Prüfung des Ursachenzusammenhangs durch den ärztlichen Sachverständigen kommt daher entscheidende Bedeutung zu. Der Ursachenbegriff im Bereich der Sozialen Entschädigung entspricht dabei weitestgehend dem in der gesetzlichen Unfallversicherung. Ursache ist die Bedingung, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Zu den Besonderheiten der Kausalitätsbeurteilung bei Vorbelastungen vgl. auch Vießmann (2013).
Vor der ärztlichen Begutachtung des ursächlichen Zusammenhangs müssen festgestellt und voll bewiesen sein:
  • das schädigende Ereignis,
  • die primäre Gesundheitsstörung und
  • die sekundäre Gesundheitsstörung.
Zwischen dem Ereignis, der primären und der sekundären Gesundheitsstörung muss ein nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht unterbrochener ursächlicher Zusammenhang bestehen. Die primäre Gesundheitsstörung muss durch das Ereignis und die sekundäre Gesundheitsstörung durch die primäre Gesundheitsstörung verursacht sein. Erst in diesem Fall ist der ursächliche Zusammenhang gegeben.
Für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs genügt entschädigungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit. Sie ist dann gegeben, wenn nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Es reicht für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, dass dieser nur möglich ist.
Haben konkurrierende Ursachen zur primären Gesundheitsstörung beigetragen und kommt einem Ereignis gegenüber der Gesamtheit der anderen Ursachen eine mindestens gleichwertige Bedeutung zu, ist jenes Ereignis schädigendes Ereignis und wesentliche Ursache im entschädigungsrechtlichen Sinn. Entsprechendes gilt, wenn die sekundäre Gesundheitsstörung auf konkurrierenden Ursachen beruht. Im Fall konkurrierender Krankheitsursachen muss der ärztliche Sachverständige deren jeweilige Bedeutung für die Krankheitsentstehung diskutieren und gewichten. Da die Soziale Entschädigung zwischen einer Anerkennung im Sinne der Entstehung und einer Anerkennung im Sinne der Verschlimmerung differenziert, hat der ärztliche Sachverständige bei Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs ferner zu diskutieren, ob das schädigende Ereignis zur Entstehung oder zur Verschlimmerung der Gesundheitsstörung geführt hat. Letzteres ist der Fall, wenn die Gesundheitsstörung zur Zeit der Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits – auch unbemerkt – bestand. Nummer 6 Teil C der Versorgungsmedizinischen Grundsätze enthält detaillierte Regelungen dazu, wie der ärztliche Sachverständige vorzugehen hat, um den GdS bei vorbestehenden Gesundheitsstörungen zu bestimmen, und Nummer 7 eine Regelung, wie vorzugehen ist, wenn nach einer Schädigung eine weitere Gesundheitsstörung hinzutritt.
Die Soziale Entschädigung sieht neben dem Umstand, statt des sonst zu führenden sogenannten Vollbeweises die Wahrscheinlichkeit für den Kausalitätsnachweis genügen zu lassen, weitere Beweiserleichterungen zugunsten der Antragstellenden vor:
Nach § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (ab 1. Januar 2024 nach § 117 SGB XIV) besteht die Möglichkeit der Glaubhaftmachung, um der Beweisnot der Antragstellenden in den Fällen Rechnung zu tragen, in denen das schädigende Ereignis nicht mit Beweismitteln nachweisbar ist. Hier geht es etwa um Fälle, in denen das schädigende Ereignis ohne Zeugen stattgefunden hat. Die Soziale Entschädigung sieht außerdem in § 1 Absatz 3 Satz 2 BVG (ab 1. Januar 2024 § 4 Absatz 6 SGB XIV) eine sogenannte Kann-Versorgung vor. Diese gilt für Fälle, in denen lediglich die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs besteht und die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache der Gesundheitsstörung in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht (vgl. Rösner (Rösner 2019)).
Eine Kann-Versorgung kommt nur dann in Betracht, wenn die einer Gesundheitsstörung zugrundeliegende Ursache (Ätiologie) nicht durch den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft gesichert ist und wenn fundierte wissenschaftliche Arbeitshypothesen einen ursächlichen Zusammenhang begründen. Eine von dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft abweichende subjektive Auffassung eines einzelnen Wissenschaftlers oder einer einzelnen Wissenschaftlerin ist nicht mit Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft gleichzusetzen. Eine Kann-Versorgung setzt die Zustimmung des BMAS voraus, die auch allgemein erteilt werden kann.
Durch die ab 1. Januar 2024 geltende Einführung einer widerlegbaren Vermutung in § 4 Abs. 5 SGB XIV wird der wesentliche Inhalt der Rechtsprechung des BSG (BSG, 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R, NJW 2004, 1476–1479) zur Erleichterung des Kausalitätsnachweises bei psychischen Gesundheitsstörungen in das Gesetz übernommen und einem Anliegen zahlreicher Sozial- und Betroffenenverbände entsprochen. Das BSG hat in Fällen, in denen für eine psychische Erkrankung mehrere Ursachen in Betracht kommen, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Ursache angenommen, die nach den medizinischen Erkenntnissen in signifikant erhöhtem Maße geeignet ist, diese bestimmte Erkrankung hervorzurufen. Der Rechtsprechung des BSG hatte sich das BMAS bereits mit Rundschreiben vom 9. Mai 2006 an die Länder angeschlossen und um Beachtung und Anwendung gebeten. Mit der nunmehr gesetzlichen Regelung wird dem in der Praxis häufig bestehenden Problem, das die Entschädigung auslösende Ereignis als die wesentliche medizinische Ursache festzustellen, begegnet.

Grad der Schädigungsfolgen (GdS)

Der GdS wird nach den gleichen Grundsätzen wie der Grad der Behinderung (GdB) bemessen. Beide Begriffe unterscheiden sich lediglich dadurch, dass der GdS nur auf die Schädigungsfolgen (also kausal) und der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final) bezogen ist. Beide haben die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben zum Inhalt. GdS und GdB sind ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Der GdS ist ebenso wie der GdB nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Die Definition ergibt sich bis 31. Dezember 2023 aus § 30 Abs. 1 BVG. Auch im ab 1. Januar 2024 geltenden § 5 des neuen SGB XIV wird das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung mit einem in Zehnergraden gestuften GdS angegeben.

Weitere an die GdS-Bewertung anknüpfende Begriffe

Im Zusammenhang mit bestimmten Krankheiten, die zu Rezidiven neigen, ist bei der Beurteilung des GdS eine sogenannte Heilungsbewährung zu berücksichtigen. Der GdS erhöht sich nach § 30 Abs. 2 BVG, wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen in seinem vor der Schädigung ausgeübten, begonnenen oder nachweisbar angestrebten Beruf oder in einem Beruf, den er nach Schädigungseintritt ausübt, besonders betroffen ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn er aufgrund der Schädigung diesen oder einen sozial gleichwertigen Beruf nicht mehr ausüben kann.
Beschädigte mit einem GdS von 100, die durch die anerkannten Schädigungsfolgen außergewöhnlich betroffen sind, erhalten nach § 31 Abs. 4 BVG eine monatliche Schwerstbeschädigtenzulage. Die Schwerstbeschädigtenzulage wird in 6 Stufen gewährt. Der Personenkreis, der durch seine Schädigungsfolgen außergewöhnlich betroffen ist, und die Einordnung dieses Personenkreises in die Stufen I bis VI ist durch die Verordnung zur Durchführung des § 31 Abs. 4 BVG näher bestimmt. Im neuen SGB XIV wird die Schwerstbeschädigtenzulage durch einen Zuschlag auf die monatliche Entschädigungszahlung ersetzt (§ 83 Abs. 2 SGB XIV).
Solange der Beschädigte infolge der Schädigung hilflos ist, wird nach § 35 Abs. 1 BVG eine monatliche Pflegezulage gezahlt. Diese ist ebenfalls sechsstufig. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem GdS von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I. In Teil A Nummer 4 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist konkretisiert, bei welchen Behinderungen im Allgemeinen ohne nähere Prüfung angenommen werden kann, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen von Hilflosigkeit erfüllt sind. In Teil A Nummer 5 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze sind die bei Kindern und Jugendlichen zu beachtenden Besonderheiten der Beurteilung der Hilflosigkeit geregelt. Im neuen SGB XIV gibt es die Pflegezulage als eigenständige Leistung nicht mehr; diese ist in die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit eingegangen (§§ 74ff. SGB XIV).
Literatur
Knickrehm, Mushoff, Schmidt (2021) Neues SozEntschR, 1. Aufl C.H.BECK oHG, München
Rösner (2019) Anerkennung von Leiden unbekannter Ursache in § 1 Abs. 3 S. 2 Bundesversorgungsgesetz, MEDSACH, 5 ff. Alfons W. Gentner Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart
Tabbara, N (2020) Sozialgesetzbuch XIV – Die Reform des Sozialen Entschädigungsrechts, NZS, 2020, 210–217
Vießmann (2013) Der Einfluss von gesundheitlichen Vorbelastungen auf die Kausalitätsbeurteilung von Gesundheitsstörungen im Versorgungsrecht, SGB, 68 ff. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart