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Isocitrat-Dehydrogenase

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Isocitrat-Dehydrogenase
Synonym(e)
EC 1.1.1.42; ICDH
Englischer Begriff
isocitrate dehydrogenase; ICD; ICDH
Definition
Das mit zwei Isoenzymen und höchster spezifischer Gewebeaktivität in der Leber vorkommende, die oxidative Decarboxylierung von D-Isocitrat zu 2-Oxoglutarat katalysierende Enzym diente früher im Serum als Kenngröße der Leberzellnekrose.
Molmasse
64 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Neben einem zytoplasmatischen (löslichen), NADP+-verbrauchenden Isoenzym (EC 1.1.1.42) tritt ein weiteres Isoenzym (EC 1.1.1.41) in Mitochondrien auf, wo es in den Citronensäurezyklus eingeschaltet ist und NAD+ als Coenzym benötigt. Beide Isoenzyme (mitochondrial und zytoplasmatisch) bestehen aus zwei identischen Untereinheiten, katalysieren die oxidative Decarboxylierung von D-Isocitrat über Oxalsuccinat als Zwischenprodukt zu 2-Oxoglutarat (α-Ketoglutarat) unter Abspaltung von CO2 und Reduktion von NADP+ zu NADPH + H+. Das Enzym benötigt divalente Kationen (Mn2+, Mg2+ oder Co2+) zur Aktivierung. Außer in der Leber kommen höhere Aktivitäten in Myokard, Skelettmuskel, Niere, Magenschleimhaut, Thrombozyten und Erythrozyten vor. Das im Serum vorkommende Enzym ist zytoplasmatischen Ursprungs, weitgehend leberspezifisch und besitzt eine kurze Halbwertszeit (ca. 1 Stunde).
Halbwertszeit
Ca. 1 Stunde.
Funktion – Pathophysiologie
Hohe spezifische Gewebeaktivität und zytoplasmatische Lokalisation führen bei Parenchymzellschädigungen zu einem frühzeitigen und massiven Austritt des Enzyms in die sinusoidale Strombahn und mithin in die Zirkulation.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Citrat-Plasma.
Probenstabilität
Das Enzym ist bei Raumtemperatur ca. 6 Stunden, bei 4 °C etwa 2 Wochen stabil.
Präanalytik
Serum ist sofort vom Zellkuchen zu trennen, da Thrombozyten hohe ICDH-Aktivität enthalten. Hämolyse und Lipämie stören.
Analytik
Die Aktivitätsbestimmung erfolgt im einfachen optischen Test gemäß folgender Reaktion:
Die Reduktionsrate von NADP+, gemessen an der Absorptionszunahme pro Zeiteinheit bei 334, 340 oder 366 nm, ist der ICDH-Aktivität proportional.
Referenzbereich – Erwachsene
Messtemperatur 37 °C: 3,0–8,5 U/L (0,05–0,14 μkat/L). Keine Geschlechts- und Altersabhängigkeit.
Referenzbereich – Kinder
Neugeborene haben in den ersten Tagen eine etwa 4-fach höhere Aktivität.
Indikation
  • Diagnose von Leberzellnekrosen bei viraler Hepatitis, infektiöser Mononukleose und toxischen Lebererkrankungen
  • Differenzierung erhöhter AST-Aktivitäten zwischen hepatischer und myokardialer Ursache
Interpretation
ICDH wurde früher als sensitiver Indikator der Leberparenchymschädigung eingesetzt, wobei das zytoplasmatische, NADP+-abhängige Enzym das diagnostisch relevante Isoenzym ist.
Diagnostische Wertigkeit
Anstiege im Serum haben sehr hohe Leberspezifität. Keine Erhöhungen finden sich bei unkompliziertem Myokardinfarkt, Nieren- und Lungenerkrankungen sowie in der Gravidität. Schwere Myokardinfarkte mit Stauungsleber und hypoxischem Parenchymschaden können zu ICDH-Aktivitätsanstiegen führen. Heute wird das Enzym nicht mehr in der Leberdiagnostik eingesetzt, u. a. weil niedrige Serumaktivitäten und sehr kurze Halbwertszeiten (ca. 1 Stunde) nachteilig sind.
Literatur
Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie, 3. Aufl. F.K. Schattauer Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart