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Serumprotein-Elektrophorese

Verfasst von: R. Westermeier, A. M. Gressner und O. A. Gressner
Serumprotein-Elektrophorese
Englischer Begriff
serum protein electrophoresis
Definition
Spezielle Anwendung der Zonenelektrophorese in nicht restriktiven Medien, wie Celluloseacetatfolien oder Agarosegelen, zur Trennung von Serumproteinen in die 5 Fraktionen Albumin, α1-, α2-, β- und γ-Globuline.
Physikalisch-chemisches Prinzip
Für die Trennung von Serumprotein wird meist die Celluloseacetatfolien-Elektrophorese oder die etwas höher auflösende Agarosegelelektrophorese eingesetzt. In vielen Laboratorien wird bereits mit der Kapillarelektrophorese experimentiert, weil diese besser zu automatisieren ist.
Im Verlauf von Erkrankungen ergeben sich Konzentrationsänderungen von Serumproteinen (Akute-Phase-Proteine), die bei der Serumproteinelektrophorese zu qualitativen und quantitativen Abweichungen im Elektropherogramm und Densitogramm vom normalen Proteinmuster führen. Die Patientenseren werden mit Probenstempeln auf eine puffergetränkte Celluloseacetatfolie oder ein Agarosegel appliziert, im elektrischen Feld getrennt (Elektrophorese) und – je nach Medium – mit Ponceaurot-Färbung oder Amidoschwarz-Färbung nachgewiesen. Die Elektropherogramme werden mit einem Densitometer ausgewertet und z. B. mithilfe von geeigneten Programmen in einen Befund integriert.
Einsatzgebiet
Serumproteintrennungen zum Nachweis der Akute-Phase-Reaktion (Akute-Phase-Proteine), Hypoglobulinämien, monoklonalen Gammopathien (Immunglobulin, monoklonales), Bisalbuminämie (Albumin).
Es handelt sich lediglich um eine Übersichtsanalyse, die bei abnormalem Befund durch diagnostisch validere Untersuchungen, z. B. Einzelproteinbestimmungen, ergänzt werden muss.
Untersuchungsmaterial
Instrumentierung
  • Elektrophoresekammer
  • Stromversorger
  • Färbeschalen
Sensitivität
Die Empfindlichkeit liegt im μg-Bereich.
Referenzbereiche
Die Angaben gelten für die Serumproteinelektrophorese auf Celluloseacetatfolie. In Abhängigkeit von der Färbemethode (Amidoschwarz-Färbung, Ponceaurot-Färbung) der Proteinfraktionen ergeben sich im Einzelnen etwas unterschiedliche relative Verteilungen. Da es sich nicht um eine streng quantitative Methode handelt, sind die Angaben der absoluten Konzentrationen (g/L) als Richtbereiche zu verstehen (s. Tabellen).
Prozentuale Verteilung der getrennten Proteinfraktionen im Serum (%) für Erwachsene:
Anfärbung
 
α1
α2
β
γ
Amidoschwarz* (Thomas 1981)
60,6–68,6
1,4–3,4
4,2–7,6
7,0–10,4
12,1–17,7
Ponceaurot s*(Grabner et al. 1970)
55,3–68,9
1,6–5,8
5,9–11,1
7,9–13,9
11,4–18,2
*Angaben der 5- und 97,5-Perzentile
Konzentrationsverteilungen der getrennten Ponceaurot-gefärbten Proteinfraktionen (g/L) für Kinder und Erwachsene (Gressner und Thomas 1995)
 
Neugeborene
Säuglinge ≤1 Jahr
Kleinkinder <6 Jahren
Schulkinder
Erwachsene
32,7–45,3
35,7–51,3
33,1–52,2
40,0–52,5
35,2–50,4
1,1–2,5
1,3–2,5
0,9–2,9
1,2–2,5
1,3–3,9
α2-Globuline
2,6–5,7
3,8–10,8
4,3–9,5
4,3–8,6
5,4–11,3
β-Globuline
2,5–5,6
3,5–7,1
3,5–7,6
4,1–7,9
5,9–12,4
γ-Globuline
3,9–11,0
2,9–11,0
4,5–12,1
5,9–13,7
5,8–15,2
Fehlermöglichkeit
Vielfältige Fehlerquellen beim Selbstgießen von Agarosegelen wie z. B. falsches Einwiegen von Agarosepulver, Verwenden von Agarose mit falscher Elektroendosmose oder zu hohem Wasseranteil, zu kurzes Aufkochen, mechanische Belastung der Agarosemoleküle durch Mischer, ungleichmäßige Gelschicht, falsche Pufferzusammensetzung.
Kommerzielle Systeme schließen diese Fehlerursachen weitgehend aus.
Celluloseacetatfolien müssen durch planes Auflegen („Floaten“) auf die Pufferoberfläche gleichmäßig mit Puffer getränkt werden und sind nur mit Pinzette und Gummihandschuhen zu berühren.
Praktikabilität – Automatisierung – Kosten
Es werden von mehreren Firmen Fertiggele und -folien, Färbekits, und automatisierte Elektrophoresesysteme für die klinischen Anwendungen angeboten. Daneben stehen bedienungsfreundliche Densitometer-Steuerungsprogramme und Auswertungsprogramme zur Verfügung.
Interpretation
Die Serumproteinelektrophorese ist eine wenig sensitive, semiquantitative Methode, die nur starke Veränderungen innerhalb der einzelnen elektrophoretisch trennbaren Fraktionen zu erfassen erlaubt. In manchen Fällen liefert ein ausgewähltes Proteinprofil ergänzende diagnostische Aussagen (Abb. 1).
Literatur
Grabner W, Bergner D, Wermuth G (1970) Mikrozonenelektrophorese auf Membranfolien. Ärzt Lab 16:193–201
Gressner AM, Thomas L (1995) Proteinstoffwechsel. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie, 3. Aufl. Schattauer, Stuttgart
Thomas L (1981) Serumeiweißelektrophorese. Urban & Schwarzenberg, München