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Akute-Phase-Reaktion

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Akute-Phase-Reaktion
Synonym(e)
Akute-Phase-Antwort; Akutphase; APR
Englischer Begriff
acute-phase-reaction; acute-phase-response
Definition
APR stellt eine unspezifische, systemische Reaktion des Körpers auf Störungen der Homöostase durch Infektionen, Gewebeschädigungen, Neoplasien und Immunopathien dar, die sich in teilweise diagnostisch verwertbaren neuroendokrinen, hämatopoetischen, metabolischen, hepatischen und plasmaproteinämischen Veränderungen zeigt.
Beschreibung
Wichtige Aspekte sind:
Pathogenetische Sequenz
Gewebetraumatisierungen erfolgen durch Infektionserreger (Bakterien, bakterielle Toxine, Viren, Pilze, Parasiten etc.), physikalische Insulte (Hitze, Kälte, energiereiche Strahlungen), chemische Noxen, Ischämie, Traumen und Operationen und Immunkomplex- bzw. Autoimmunprozesse. Sie führen in einer 1. Stufe zu einer lokalen Entzündungsreaktion mit den dem römischen Arzt A. C. Celsus (um 25 v. Chr. – 50 n. Chr.) zugeschriebenen Kardinalsymptomen Calor, Rubor, Tumor, Dolor und functiolaesa (hinzugefügt von Galenos, 129–216 n. Chr.) mit Aktivierung gewebeständiger Makrophagen, Adhäsion, Chemotaxis und Diapedese zirkulierender neutrophiler Granulozyten und Monozyten in den Schädigungsbereich (Abb. 1). Aktivierte immigrierte und ortsständige Monozyten/Makrophagen generieren Sauerstoffradikale (Oxidativer Burst), Stickstoffmonoxid, proteolytische Enzyme mit teilweise zytotoxischer lokaler Wirkung und Zytokine wie Interleukin-6 (IL-6), Interleukin-1 (IL-1β), Tumornekrosefaktor α (TNF-α), Interleukin-8 (IL-8), Transforming Growth Factor β (TGF-β), die neben der Erzeugung parakriner lokaler Effekte auch systemisch freigesetzt werden („Zytokinämie“). In Abhängigkeit von den Zielorganen zeigen sich die systemischen Reaktionen mit neuroendokrinen, hämatopoetischen, metabolischen, hepatischen und plasmaproteinämischen Veränderungen (2. Stufe). Die Akute-Phase-Proteine (APP) und andere Reaktanten gelangen über die systemische Zirkulation auch zu dem lokalen Entzündungsgebiet. Sie hemmen aufgrund ihrer immunmodulatorischen bzw. -suppressiven, proteinaseinhibitorischen und Scavenger-Funktionen sowohl die lokale als auch die systemische Entzündungsreaktion (Selbstbegrenzung). Glukokortikoide, deren Synthese und Sekretion in der Akute-Phase-Reaktion gesteigert sind, erhöhen die stimulierende Wirkung von Interleukin-6 auf die Transkription der Akute-Phase-Proteine.
Labordiagnostik der APR
Die systemische Phase (Phase 2) kann mit den folgenden Kenngrößen diagnostiziert und kontrolliert werden:
1.
Integrale Kenngrößen
 
Über typische akut und chronisch entzündliche dysproteinämische Konstellationstypen informiert Tab. 1.
Tab. 1
Typische elektrophoretische Konstellationen bei entzündlichen Dysproteinämien
 
Globulin α1
Globulin α2
Globulin β
Globulin γ
Krankheitsgruppen
A
  
Akute Entzündungen (akuter Infekt, Sepsis, alle APR)
Nekrotische Prozesse (Myokardinfarkt, postoperativ, Verbrennungen, Traumatisierungen)
B
   
Chronische Entzündungen (rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, chronisch aktive Hepatitis, Autoimmunerkrankungen)
Plasmazelltumoren (Plasmozytome)
C
 
 
Malignome (Karzinome, Sarkome), nekrotische Prozesse
D
↓↓
 
↑↑
 
(massive) exsudative Enteropathie
  • Lektin (Concanavalin A)-Reaktivität der Plasmaproteine
  • Freigesetzte Leukozytenenzyme
2.
Akute-Phase-Proteine
 
Die Auswahl ist abhängig von den medizinischen Erfordernissen und der Praktikabilität der Bestimmungsmethoden (z. B. Notfalltauglichkeit, Kosten, Mechanisierbarkeit).
Vor- und Nachteile von Bestimmungen der Akute-Phase-Reaktion:
 
Spezifische Bestimmungen von Akute-Phase-Proteinen
Unspezifische Bestimmungen
(Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit [BKS], Viskosität)
Vorteile
Hohe Sensitivität (CRP, SAA)
Große Amplitude
Schneller Anstieg (ca. 6 Stunden)
Messung in gelagerten Serumproben
Automatisierte Bestimmung
Geringeres Probenvolumen
Nützlich für chronische Erkrankungen
Billig, einfach
Schnelles Ergebnis
Nachteile
Mehr als ein Protein notwendig zur Erfassung akuter (CRP) und chronischer (Fibrinogen, α1-saures Glykoprotein) Entzündungen
Relativ teuer (Antiseren)
Apparative Voraussetzungen
Insensitiv für akute (<24 Stunden) Änderungen der Krankheitsaktivität
Nicht spezifisch für APR
Frische Proben (<2 Stunden) notwendig für BKS
Literatur
Bull BS et al (1988) Guidelines on selection of laboratory tests for monitoring the acute phase response. J Clin Pathol 41:1203–1212CrossRef