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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 30.07.2022

Kinderorthopädische Untersuchung: Fuß

Verfasst von: Anja Helmers
Der Fuß ist ein vielseitiges Bewegungs-, Stabilisierungs- und gleichzeitiges Tastorgan der unteren Extremität. Im Rahmen einer klinischen Untersuchung sollte er ohne Ausnahme im Zusammenhang mit dem gesamten Haltungs- und Bewegungsapparat gesehen und untersucht werden. Die kompakte Fußwurzel stabilisiert, die Fußsohle ertastet, und das untere Sprunggelenk gleicht Bodenunebenheiten aus. In feinem Zusammenspiel der Muskeln und Bänder entwickelt der Fuß beim Gehen die nötige Balance sowie die Abstoßkraft über die Metatarsalia und die Zehen. Das gewährleistet flexible Ausgleichsbewegungen, die bei unebenem Untergrund erforderlich sind. Der Fuß ist damit in der Lage, über Jahrzehnte das gesamte Körpergewicht des Menschen zu tragen und gegen die Bodenretraktionskräfte zu mobilisieren. In der Bewegung muss der Fuß weit mehr als das Gewicht des darüber liegenden Körpers federnd abfangen und diesen aufrecht in der Vertikalen ausrichten.

Grundlegendes Wissen zum Fuß

Der Fuß ist ein vielseitiges Bewegungs-, Stabilisierungs- und gleichzeitiges Tastorgan der unteren Extremität. Im Rahmen einer klinischen Untersuchung sollte er ohne Ausnahme im Zusammenhang mit dem gesamten Haltungs- und Bewegungsapparat gesehen und untersucht werden.
Die kompakte Fußwurzel stabilisiert, die Fußsohle ertastet, und das untere Sprunggelenk gleicht Bodenunebenheiten aus. In feinem Zusammenspiel der Muskeln und Bänder entwickelt der Fuß beim Gehen die nötige Balance sowie die Abstoßkraft über die Metatarsalia und die Zehen. Das gewährleistet flexible Ausgleichsbewegungen, die bei unebenem Untergrund erforderlich sind.
Der Fuß ist damit in der Lage, über Jahrzehnte das gesamte Körpergewicht des Menschen zu tragen und gegen die Bodenretraktionskräfte zu mobilisieren. In der Bewegung muss der Fuß weit mehr als das Gewicht des darüber liegenden Körpers federnd abfangen und diesen aufrecht in der Vertikalen ausrichten.
Übergewicht kann für die Fußfunktion daher eine belastende Rolle spielen. Das Fußgerüst sollte keinen gravierenden Verformungen ausgesetzt sein, die seine Funktion einschränken wie beispielsweise beim Klump – oder beim Ballenhohlfuß.
Die spezifische Entwicklung und besondere Form des kleinkindlichen Fußes muss in der Diagnostik und Untersuchung unbedingt berücksichtigt werden, da sie sich vom adoleszenten Fuß unterscheidet. Untersucher sollten genaue Kenntnisse der anatomischen Verhältnisse und unterschiedlichen Entwicklungsstadien besitzen (Maier und Killmann 2003).

Allgemeine Untersuchungskriterien

Eine Besonderheit in der Fußentwicklung des Kleinkindes ist die Zeit vom Laufbeginn bis zum 6. Lebensjahr.
Das kleinkindliche Fußlängsgewölbe ist durch das medial vermehrte Fußsohlenpolsterfett (Spitzy-Fettpfropf) gering bis gar nicht sichtbar (Maier und Killmann 2003). Eine konkrete Pathologie liegt dadurch nicht vor. Es vergrößert die Auflagefläche der Fußsohle und schützt die mediale Fußwurzel vor großem Druck (Abb. 1). Das Os naviculare verknöchert in der Entwicklung der Fußwurzelknochen besonders spät und weist dadurch längere Zeit einen auf Druck empfindlichen Knorpel auf.
Ein nicht sichtbares Fußgewölbe, wie es bei 97 % der Kinder bis zum 2. Lebensjahr vorkommt, ist definitionsgemäß kein Plattfuß und bedarf keiner Therapie (Hell 2017).
In der weiteren Fußentwicklung horizontalisiert sich das obere Sprunggelenk und der Rückfußvalgus nimmt ab, da der mediale Anteil der distalen Tibia schneller wächst als der laterale (Maier und Killmann 2003). Es verstärkt und kräftigt sich die das Fußgewölbe aufrichtende Muskulatur wie der M. flexor hallucis und der M. digitorum longus sowie der M. tibialis posterior (Maier und Killmann 2003). Die physiologische Detorsion der Hüftgelenke trägt ebenfalls zu einer besseren Fußstellung bei (Hefti 1997).

VermehrterKnick-Senk-Fuß

In der Regel ist die gesamte Entwicklung des kindlichen Fußgewölbes mit dem 6. Lebensjahr (±3 Jahre) abgeschlossen. Nur ca. 26 % der Kinder im Alter von 6 Jahren weisen noch einen vermehrten Knick-Senk-Fuß auf. Bis zum 10. Lebensjahr wird der Knick-Senk-Fuß einmal jährlich kontrolliert. Ab dem 10. Lebensjahr weisen lediglich noch 4 % aller Kinder einen Knick-Senk-Fuß auf (Hell 2017). Obwohl in den meisten Fällen eine spontane Normalisierung der Fußstellung bis zum 10. Lebensjahr erfolgt, empfehle ich bei symptomatischen Knick-Senk-Füßen vom 9. Lebensjahr an aktive Übungen aus der Spiraldynamik (s. auch Abb. 4) (Helmers 2019). Diese Übungen unterstützen positiv die Aktivität der Muskulatur, die das Längsgewölbe festigt.
Ein vermehrtes Fußgewölbe kommt in der gesunden kindlichen Fußentwicklung selten vor, und eine neurologische Ursache sollte ausgeschlossen werden (Ausnahme: familiärer, nicht progredienter Hohlfuß).
Bei Säuglingen oder Kleinkindern mit Hohlfüßen ist eine detaillierte Anamnese wichtig, und sie müssen engmaschig kontrolliert werden (Abb. 2). Eine zusätzliche Anbindung an ein SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) ist erforderlich.
Kann eine neurologische Ursache für ein vermehrtes Fußgewölbe bei einem Säugling nicht ausgeschlossen werden, sind folgende Punkte abzuklären:
  • Familiäre hereditäre Neuropathien
  • Drogen- oder Alkoholkonsum in der Schwangerschaft
  • Möglicher Sauerstoffmangel prä- oder perinatal
Zur erweiterten Diagnostik und Abklärung einer neurologischen Ursache gehört eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Schädels und der Wirbelsäule, ggf. auch in Narkose.

Hemimelie, proximaler fokaler Femurdefekt

Fehlende Zehenstrahlen (Vier- oder Dreistrahlenfuß) und an der distalen Tibia ein ventrales Grübchen mit einer Vorwölbung nach ventral sprechen für eine pathologische Verkürzung der betroffenen Extremität (Hemimelie, proximaler fokaler Femurdefekt, PFFD). Bei Verdacht auf eine PFFD müssen die Hüftgelenke direkt nach der Geburt sonografisch nach Graf untersucht werden, um eine Dysplasie (häufig verkleinerter Hüftkopf mit sekundärer Dysplasie) auszuschließen.

Hackenfuß

Ein Hackenfuß nach der Geburt ist nahezu immer harmlos. Regelmäßige plantarisierende Massagen durch die Eltern sind zur kompletten Therapie oftmals ausreichend.

Anamnese und Gespräch

Die Untersuchung eines Kindes sollte gut strukturiert und kindgerecht entsprechend den unterschiedlichen Altersstufen in einer ruhigen, entspannten Atmosphäre ablaufen. Ärzte, die Kinder untersuchen, sollten sich diesen persönlich zuwenden. Mit den Eltern wird gesondert gesprochen. Die elterliche Erwartung an Ärzte und Therapeuten ist hoch, und nicht immer kann ihr vollständig entsprochen werden. Daher ist es eine Hauptaufgabe des Kinderorthopäden, ausführlich mit den Eltern zu sprechen und ihnen die Ängste und Sorgen zu nehmen. Unbegründete therapeutische Maßnahmen sind zu vermeiden wie ungerechtfertigte Physiotherapie oder eine undifferenzierte Verordnung von Einlagen. Anamnestisch muss vor der Untersuchung geklärt werden, ob ein Trauma, ein Infekt, eine familiäre oder neurologische Grunderkrankung oder ein chronisches Geschehen ursächlich für die Vorstellung sind.

Klinische Untersuchung des kindlichen Fußes

Allgemeine Untersuchung

Ruft die untersuchende Person das Kind selbst in das Untersuchungszimmer auf, kann schon beim Aufstehen und Loslaufen ein innen- oder außenrotiertes Gangbild, ein Schmerz- oder Versteifungshinken detektiert sowie das allgemeine Gangmusters des Kindes unauffällig beurteilt werden. Die direkte Aufforderung zum Gehen oder Rennen erschwert die Untersuchung eines natürlichen Gangbildes. Das Kind läuft unter offensichtlicher Beobachtung nicht frei.
Um die gesamte untere Extremität einzuschätzen, sollten alle Patienten immer bis auf die Unterwäsche entkleidet sein. Klare Anweisungen an die Eltern und das Kind sind ausgesprochen effizient und hilfreich. Dabei werden routinemäßig die Schuhe auf ihre Größe, Beschaffenheit und asymmetrische Abnutzungen überprüft, die Hinweis auf eine Fußfehlstellung geben können (Abb. 3).
Verformungen
Nicht selten kann ein zu enger oder zu kleiner Schuh den Fuß verformen. Ein kontrakter, fehlgestellter Fuß kann umgekehrt den Schuh verformen wie im Fall von
  • einem Residualklumpfuß,
  • einem Ballenhohlfuß oder
  • einem schweren Knick-Plattfuß.
Ende der 1980er-Jahre hat sich der Konfektionsschuhleisten geändert und wurde von einem geraden 1. Strahl in einen nach vorne schmal zulaufenden umgeformt, was Zehenfehlstellungen wie den Hallux valgus unterstützen kann (Änderung des Konfektionsschuhleistens Kirsten und Mitarbeiter 1989).

Statische Untersuchung des Fußes

Die Untersuchung des kindlichen Fußes beginnt mit der Inspektion der 4 Ansichten im Stehen. Die Füße werden parallel stehend, aber nicht aneinander liegend, inspiziert und ggf. gleich fotodokumentiert. Folgende Betrachtungsebenen sind sinnvoll:
  • Von frontal (Abb. 4a)
  • Von dorsal (Abb. 4b)
  • Von medial (Abb. 4c)
  • Von lateral (Abb. 4d)

Verformungen und mögliche Ursachen

1.
Verkrümmungen der Kleinzehen mit Ausbildungen von Krallenzehen weisen den Untersucher auf eine mögliche neurologische Grunderkrankung des Patienten hin.
 
2.
Bei fehlenden oder zu vielen Zehen sollte
  • eine PFFD,
  • eine fibuläre Hemimelie oder
  • eine tibiale Hemimelie
ausgeschlossen werden.
 

Vorgehen

Die klinische Längenmessung der unteren Extremität erfolgt von der Spina iliaca anterior superior bis zur Außenknöchelspitze oder im Stehen durch Auflage der Daumen auf die dorsalen Spinae, mit Unterlegen von genormten Brettern unterschiedlicher Größe unter die zu kurze Extremität bis zum Ausgleich des Beckenstandes. Angeborene Verkürzungen der Kleinzehen haben als Ursache ein Minderwachstum des Metatarsaleknochens durch einen frühen Fugenschluss (Brachymetatarsie). Die 4. Zehe ist davon am häufigsten betroffen.
Unter anderem können Kleinzehen über- oder untereinander liegen als sub- oder superduktische Zehen. Beschwielungen an den Zehen dorsal oder an der Fußsohle im Ballenbereich und unter den Metatarsaleköpfchen weisen auf Fehlbelastungen oder Einklemmungen im Schuh hin (Abb. 5).
Das Gangbild eines Kindes ist individuell und bei einer Abweichung von der Norm nicht unbedingt durch eine Pathologie der Füße verursacht. Eine vorhandene Coxa valga et antetorta mit Innenrotationsgang kann einen Sichelfuß vortäuschen. Der Fuß sollte dann isoliert im Stand mit nach vorne gerichteter Patella untersucht werden.
Nach Beendigung der Inspektion führen wir bei Knick-Senk- oder Knick-Plattfüßen eine Umrisszeichnung des kindlichen Fußes auf einem DIN-A4-Blatt durch, um die Entwicklung im weiteren Verlauf zu objektivieren (Abb. 6). Anhand der Zeichnungen kann im Verlauf eine physiologische Fußentwicklung auch von Seiten der Eltern besser nachvollzogen werden.
Zu beurteilen sind
  • die Zehenstellung,
  • das mediale Längsgewölbe,
  • die laterale Kurvatur,
  • die dorsale Fersenstellung zum Unterschenkel und
  • die Kontur der Achillessehne.
Nebenbei erfolgt ein Blick auf die Körperhaltung, die Beinachse und die Rotation der Beine. Hält das Kind im Stand sein Knie überstreckt, kann dies ein Hinweis auf eine verkürzte Achillessehne und damit auf einen kaschierten Spitzfuß sein. Mit überstreckten Kniegelenken versucht das Kind, bei fixiertem Equinus des Rückfußes seine Fersen auf den Boden zu bringen.
Kleinkinder haben häufig O-Beine und verwandeln diese altersentsprechend nach dem 3. Lebensjahr in graduell unterschiedlich ausgeprägte X-Beine. Übergewichtige Kinder weisen häufiger als normalgewichtige Kinder eine persistierende X-Beinstellung auf. Ein knöchern bedingtes X-Bein mit einem erniedrigten LDFW (lateraler distaler Femurwinkel) sollte altersentsprechend rechtzeitig noch vor dem pubertären Wachstumsschub mit einer Ganzbeinstandaufnahme radiologisch untersucht werden, um ggf. eine temporäre Epiphysiodese durchzuführen. Eine Achsstörung wie ein X-Bein kann die Persistenz von Knick-Senk-Füßen unterstützen sowie umgekehrt ein Knick-Senk-Fuß ein X-Bein erhalten (Abb. 7).

Funktionelle Untersuchung

Nach der Inspektion erfolgt die Beobachtung des Barfußgangs, des Zehen- und des Hackenstands. Im erhöhten Sitz mit hängendem Unterschenkel erfolgt die passive Beweglichkeitsuntersuchung des Fußes. Der Fuß sollte dabei frei nach unten hängen. Bei kleinen Kindern kann die Untersuchung auf dem Schoß der Vertrauensperson erfolgen. Damit wird der Widerstand der Kinder gegen eine passive Fußuntersuchung deutlich reduziert. Die Beurteilung der Dorsalextension im oberen Sprunggelenk ist mit invertierter Ferse zu prüfen (Abb. 8).
Ein im Valgus stehender Calcaneus täuscht eine bessere Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk vor, da in dieser Stellung die Achillessehne weniger gespannt ist. Eine plantigrade Einstellung sollte passiv mindestens möglich sein.

Silfverskjöld-Test

Beim Silfverskjöld-Test wird die Dorsalextension des Fußes im Liegen mit gestrecktem und mit gebeugtem Knie geprüft. Der M. gastrocnemius, der dorsal am Femur ansetzt, ist bei gebeugtem Kniegelenk entspannt. Durch Dorsalextension des Fußes wird nun die Verkürzung des M. soleus geprüft. Bei gestrecktem Kniegelenk ist der M. gastrocnemius mit seinen beiden Köpfen medial und lateral maximal unter Spannung, und es wird die Extensionsfähigkeit des Triceps surae einschließlich des M. gastrocnemius getestet (Abb. 9).

Windlass-Mechanismus/Jack-Test

Anschließend werden das Gewölbe des Fußes und die Stellung des Os naviculare beurteilt. Im Falle des Knick-Senk- oder Knick-Plattfußes kann der Taluskopf im Verhältnis zum Os naviculare stark abgesenkt und medial tastbar sein. Mit dem Windlass-Mechanismus, dem sogenannten Jack-Test, wird durch eine Hyperextension der Großzehe die Plantarfaszie gespannt und der Gewölbeaufbau des Fußes beurteilt (Abb. 10).

Calcaneo-Pedis-Block

Eine Besonderheit des Fußes ist der Calcaneo-Pedis-Block. Darunter versteht man die anatomische und funktionelle Kopplung zwischen dem Calcaneus und dem Mittel- und Vorfuß.
Eine Supinations- und Adduktionsbewegung in Mittel- und Vorfuß führt zur Varisierung und eine Pronations- und Abduktionsbewegung zur Valgisierung des Calcaneus. Der Talus verändert dabei seine Position nicht. Dieser Bewegungsablauf um den unverändert stehenden Talus herum ist eine wichtige Voraussetzung für die Klumpfußtherapie nach Ponseti.

Apparative Untersuchung

Um die Untersuchung des Fußes zu komplettieren, können diagnostische Apparate wie ein Podoskop oder die Pedobarografie unterstützende Informationen zu Fußbelastung oder zu pathologischen Druckspitzen je nach Fußstellung oder Fehlstellung geben (Abb. 11).
Bei Fußfehlstellungen führen wir nach der Fotodokumentation eine Videoganganalyse durch. Diese ermöglicht später eine wiederkehrende Betrachtung und Beurteilung der einzelnen Pathologien. Die Durchführung erfolgt von vorne und hinten sowie von den Seiten. Hier werden gleich mehrere Pathologien sichtbar wie Rotationsfehler, Fußstellung unter dynamischen Verhältnissen, Beckeneinstellungen sowie Achsfehlstellungen.
Eine besonders differenzierte Ganguntersuchung ist die instrumentelle 3D-Ganganalyse. Dabei können komplexe Komorbiditäten genau analysiert und in Zusammenhang gestellt werden. Diese Form der Analyse ist besonders wertvoll bei neuropädiatrischen Erkrankungen, da die Symmetrie des Körpers, die Muskelkraft und die Segmentbeweglichkeiten des Fußes detailliert dargestellt werden können.

Radiologische Untersuchung

Eine Röntgenuntersuchung ist ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel in der erweiterten Untersuchung des Fußes und sollte konkreten Fragestellungen unterliegen. Mit den anschließenden Winkelmessungen kann der Fuß in seiner Stellung analysiert und im Verlauf objektiv beurteilt werden.
Bei einem neugeborenen Kind sind die 26 Fußknochen größtenteils noch knorpelig angelegt. Auf einem Röntgenbild sind daher lediglich die Rückfußwurzel, die Metatarsalia und die Zehenanlagen knöchern sichtbar. Erst im Alter von 2 Jahren verknöchern die Knorpelanlagen zunehmend und sind radiologisch besser zu sehen.
Die radiologische Untersuchung des Fußes:
  • Fuß dorsoplantar (d.p.) mit Belastung: Beurteilung von Zehenabweichungen, talonavikulare Gelenkeinstellung, Brachymetatarsie, Metatarsus primus varus/Intermetatarsale Winkel Dig. I und II, Hallux valgus, Spalt zwischen den Cuneiformia als Hinweis auf eine höherliegende Instabilität zwischen dem 1. und 2. Strahl
  • Fuß streng seitlich mit Belastung: Beurteilung von Sprunggelenkpathologien (ggf. mit oberes Sprunggelenk [OSG] anterior-posterior [a.p.]), „flat top talus“ typisch beim operierten Klumpfuß, Steilstellung der dorsalen unteren Sprunggelenkfacette/C-Zeichen zum Ausschluss einer talocalcanearen Coalition sowie zur Beurteilung der Tarsusstellung (Klumpfuß/Talus obliquus). Beurteilung des Längsgewölbes mit Messung des Talus-Calcaneus-Winkel/Costa-Bartani (normal 120–125°) oder des Calcaneusneigungswinkels/„calcaneal pitch“ (normal 20–30°, Kinder 17±6°)
  • Fuß d.p. und schräg ohne Belastung: Diese Aufnahme ist vorgesehen zum Ausschluss von Frakturen und besonders gut geeignet zur Beurteilung der calcaneonavikularen Coalitiones (zusätzliche Aufnahme zur Beurteilung von talocalcanearen Coalitiones ist der Harris Beath View/Rückfußaufnahme 45° gekippt)
  • Saltzman View: Beurteilung des Calcaneus bzw. des Rückfußes von dorsal unter Belastung
  • OSG a.p. und seitlich: „flat top talus“, Knick-Senk-Fuß, Ausschluss Osteochondrosis dissecans med. Talusschulter (indirekter Hinweis auf eine Außenbandinstabilität) – Ausschluss über eine MRT
  • Funktionsaufnahmen z. B. in maximaler Plantarflexion zur Beurteilung eines Talus verticalis oder obliquus

Index für den Knick-Senk-Fuß

TMT-I-Index: Addition des TMT-1-Winkels (lat. Projektion) und des TMTB-I-Winkels (d.p. Projektion). Normal = 0° (± 4); Neugeborene = 20° (9–31°); 8-Jährige = 5° (0–18°) (Hamel und Kinast 2006).
Im Rahmen einer konkreten Fragestellung zu einer Fußpathologie sollte immer erst ein Röntgenbild unter Belastung in 2 Ebenen erfolgen. Bei Frage nach Fraktur oder Coalitiones wird die radiologische Diagnostik durch eine 45°-Schrägaufnahme ergänzt. Nach Beurteilung und Vermessung der Röntgenbilder kann bei offenen Fragen eine MRT- oder CT-Untersuchung angeschlossen werden.
Bei schwer deformierten Klump- und Hohlfüßen, vor allem mit Residualfehlstellungen nach bereits ausgedehnter Vorbehandlung einschließlich operativer Eingriffe, sollte eine 3D-CT erfolgen, die wertvolle Hinweise für eine präoperative Planung gibt.

MRT

Diese Untersuchung ist der CT vorzuziehen, da sie keine Strahlenbelastung hervorruft. Eine MRT ist sinnvoll zur Abklärung von ligamentären Traumafolgen am OSG und Fuß sowie zur Detektion von Osteochondrosen an der medialen Talusschulter. Fibröse Coalitiones sowie ein Knochenödem als Stressreaktion oder als Zeichen einer Osteomyelitis können nachgewiesen werden. Eine MRT des Kopfes und der Wirbelsäule wird standardmäßig zur Abklärung neuropädiatrischer Erkrankungen durchgeführt und gehört beim Säuglingshohlfuß oder bei kindlicher Krallenzehenentwicklung zur allgemeinen Diagnostik.

CT

Aufgrund der erhöhten Strahlenbelastung ist die CT nur bei sehr spezifischen Fragestellungen zu indizieren. Wir verwenden die CT zur präoperativen Planung bei ausgedehnten medialen Coalitiones sowie bei schweren Fußfehlstellungen wie Klump- und Ballenhohlfuß.

Ultraschalluntersuchung

Diese Untersuchung kommt ohne schädigende Strahlung aus und kann Flüssigkeit in den Fuß- und Sprunggelenken oder Sehnenfächern gut nachweisen. Ein Ganglion kann in seiner Größe vermessen und ggfs. sonographisch gleich punktiert werden. Eine Nerven- und Muskelsonographie ist geübten Untersuchern ebenfalls möglich. Außerdem besteht die Möglichkeit, die Ergebnisse der Frühbehandlung mit der Ponseti-Methode zu dokumentieren (Hamel 2012).

Pathologie und Untersuchung – Kurzhinweise

Knick-Senk-Fuß

Inspektion: Beurteilung des kindlichen Gewichts: „Ein Risikofaktor zur Persistenz des Knick-Senk-Fußes stellt das Übergewicht im Kindesalter dar (62 % der 6-Jährigen mit Knick-Senk-Fuß sind übergewichtig)“ (Hell 2017). Sichtbare Zeichen sind eine nach medial geneigte Sprunggelenkslinie, ein medial abgeflachtes Längsgewölbe sowie ein Rückfußvalgus größer als 5° (Abb. 12).
Funktion: Gute bis zufriedenstellende Aufrichtung in den Zehenstand, wobei die Ferse im Rückfuß unter der Aufrichtung varisiert. Der Windlass-Mechanismus/Jack-Test weist ein sichtbares Gewölbe auf. Selten Minderung der Dorsalextension mit invertierter Ferse (verriegelter Rückfuß).

Plattfuß

Inspektion: Stark nach medial geneigte Sprunggelenkslinie, innenseitig aufgehobenes Gewölbe, Taluskopf liegt dem Boden an, Rückfußvalgus größer als 5°, Vorfußabduktion mit einem „too many toes sign“ (von dorsal sind lateral mehrere Kleinzehen sichtbar), Hornhautschwiele unter dem Taluskopf durch unphysiologische Mehrbelastung, tastbares Os cornutum oder Os tibiale externum am Os naviculare durch insuffizienten Sehnenzug des M. tibialis posterior (Abb. 13).
Funktion: Erschwerte bis fehlende Aufrichtung in den Zehenstand, geringe bis fehlende Varisierung des Calcaneus (DD: Coalitiones der Fußwurzel, sie sind häufig mit einer fehlenden Varisierung der Ferse verbunden), Windlass-Mechanismus/Jack-Test häufig ohne bis wenig sichtbares Längsgewölbe, geringe bis aufgehobene Dorsalextension mit invertierter Ferse (verriegelter Rückfuß) bei ausgeprägtem Rückfußvalgus.

Klumpfuß

Inspektion: Nach lateral abfallende Sprunggelenkslinie. Vorfußadduktion mit Supination im Vor- und Mittelfuß, tief stehender und pronierter 1. Strahl. Innenseitig verstärktes Gewölbe und Zeichen eines deutlichen Hohlfußes mit medialer Falte. Rückfußvarus größer als 0° einschließlich der posterioren Falte durch den Spitzfuß. Verkürzter Gastrocnemiusmuskel mit hochgezogenem Calcaneus. Laterale Kurvatur des Fußes zur Sichelform gebogen (Abb. 14).
Funktion: Passiv ist keine vollständige Korrektur der komplexen Fußfehlform zu erreichen. Der Cavus lässt sich über eine plantare Anhebung des 1. Strahls und der Fersenvarus über eine Abduktion des Vorfußes gegen den fixierten Talus reduzieren. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal des Klumpfußes zum Sichelfuß ist der Spitzfuß.

Sichelfuß

Inspektion: Vorfußadduktion entweder im Bereich der Metatarsalia oder der mittleren Fußwurzel. Kaum nach lateral geneigte Sprunggelenkslinie, kein Hohl- oder Spitzfuß vorhanden (wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum Klumpfuß). Die laterale Kurvatur des Fußes ist graduell unterschiedlich zur Sichelform gebogen (Abb. 15).
Funktion: Passiv ist häufig eine vollständige Korrektur zu erreichen: Über eine Abduktion des Vorfußes kann die Sichelform korrigiert werden. Die Dorsalextension ist größer 0°. Untersuchung der Rotationsverhältnisse der Hüftgelenke (vermehrte oder verminderte Drehfähigkeit) – Ausschluss einer Coxa valga et antetorta, die beim Gehen einen Sichelfuß vortäuschen kann.

Ballenhohlfuß

Inspektion: Medial massiv verstärktes Gewölbe. Deutliche Vorfußverbreiterung durch Überbelastung hervorgerufen durch den Cavus. Krallenzehen und stark prominente Extensorensehnen (Extensorensubstitution in der Fußhebung). Hallux malleus (Großklauenzehe), tiefer und proniert stehendes Metatarsale I. Nach lateral geneigte Sprunggelenkslinie. Rückfußvarus größer als 0°. Laterale Kurvatur des Fußes ist graduell unterschiedlich zur Sichelform gebogen. Ausgeprägte Schwielenbildung lateral durch die vermehrte Fußaußenrandbelastung sowie unter den tief stehenden Metatarsaleköpfchen, insbesondere unter dem 1. und 5. Strahl. Als Abgrenzung zum Klumpfuß liegen beim Ballenhohlfuß Krallenzehen vor und meistens kein Spitzfuß (Abb. 16).
Funktion: Passiv ist keine vollständige Korrektur zu erreichen. Der Cavus kann über die plantare Anhebung des 1. Strahls nicht aufgehoben werden. Die Dorsalextension erreicht häufig eine plantigrade Einstellung. Die Flexibilität des Fersenvarus wird durch den Coleman-Brettchentest geprüft: Der zu tief stehende 1. Strahl kann mit untergelegten Brettern entweder unter dem gesamten Rückfuß oder unter dem lateralen Fußrand ausgeglichen werden (Coleman-Blocktest). Valgisiert die varische Ferse, ist das untere Sprunggelenk flexibel.

Spitzfuß

Inspektion: Möglicherweise Vorfußverbreiterung (Überlastung des Vorfußes durch den permanenten Zehenspitzengang), die Ferse schwebt über dem Boden, das Kniegelenk ist überstreckt, die Talusrolle ist nach plantar flektiert, Rückfußvarus durch den Zehenstand. Verstärkung der posterioren Falte durch den verkürzten Gastrocnemiusmuskel. Hochstehender Calcaneus tastbar (Abb. 17).
Funktion: Passiv ist nicht in jedem Fall eine vollständige Korrektur in eine suffiziente Dorsalextension zu erreichen (fixierter Spitzfuß). Unter der Prüfung der Dorsalextension können Kloni auftreten. Ist die Dorsalextension negativ, muss eine neurologische Ursache diagnostisch abgeklärt werden, wie z. B. eine Infantile Zerebralparese mit entsprechender Spastik.

Zusammenfassung

Allgemeine Hinweise
Es ist deutlich geworden, wie viele Parameter zur Beurteilung von Fußerkrankungen berücksichtigt werden müssen. Kinder sollten daher immer zur klinischen Untersuchung bis auf die Unterhose und jugendliche Mädchen zusätzlich bis auf den BH entkleidet sein. Die Würde und Unterschiede in der Kultur der Kinder und Jugendlichen sollten Beachtung finden und möglichen Einschränkungen so weit wie möglich entsprochen werden.
Besondere Hinweise
Bei einem schmerzhaften Fuß kann nach Ausschluss einer Fußpathologie die darüber liegende Extremität Ursache sein. Im Rahmen klinischer Tätigkeit fällt nicht selten eine Blockierung des Iliosakralgelenks (ISG) als Auslöser der Schmerzen im Fuß auf. Ist eine Blockierung des Iliosakralgelenks ursächlich vorhanden, liegen die Kinder spontan wie ein großbogiges C auf der Untersuchungsliege (Helmers 2019). Eine funktionelle Beinlängendifferenz ist sichtbar. Eine Beckenschaufel kann vom Ende der Liege her betrachtet mehr oder weniger angehoben sein. Bei Verdacht auf eine Blockierung sollte zusätzlich das Vorlaufphänomen in der Wirbelsäulenvorneige geprüft werden. Bei einer Bestätigung werden die Kinder manuell mobilisiert. In den meisten Fällen ist eine Wirbelsäulen-Becken-Mobilisation vollkommen ausreichend, um die Schmerzen in den Füßen sowie die funktionelle Beinlängendifferenz dauerhaft aufzuheben (Helmers 2019). Gut angeleitete Eltern können die Mobilisation zu Hause weiterführen.
Literatur
Hamel J (2012) Klumpfuß-Primärbehandlung nach dem Ponseti-Konzept – sonographische Verlaufsbeobachtungen bis zum 4. bis 7. Lebensjahr. Fuß Sprunggelenk 10:166–174. Elsevier
Hamel J, Kinast C (2006) Der TMT-Index zur radiologischen Quantifizierung von Planovalgus-Deformitäten. Fuß Sprunggelenk 4:221–226CrossRef
Hefti F (1997) Kinderorthopädie in der Praxis. Springer, Berlin, S 427
Hell A (2017) S2k-Leitlinie „Kindlicher Knick-Senk-Fuß“, AWMF-Registernummer: 033/020, Version 2017, DGOU/DGOOC
Helmers A (2019) Der Kindliche Fuß. de Gruyter, Berlin, S 10–11 und 24
Maier E, Killmann M (2003) Kinderfuß und Kinderschuh. In: Entwicklung der kindlichen Beine und Füße und ihre Anforderung an fußgerechte Schuhe. Verlag Neuer Merkur, Eltville am Rhein, S 22, 34–37