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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 14.08.2023

Periphere Talusfrakturen und subtalare Luxationen

Verfasst von: Stefanie Hölscher-Doht
Seltene Verletzungen des Fußes mit jedoch eventuell gravierenden Folgen stellen subtalare Luxationen dar. Je nach Stellung des Calcaneus in Relation zum Talus werden mediale, laterale, antiore und posteriore Luxationen voneinander unterschieden. Mediale Luxationen sind mit Abstand die häufigste Luxationsform und können oft geschlossen reponiert werden. Nach Ausschluss veritabler Begleitverletzungen kann im Normalfall eine konservative Therapie mit einer Immobilisation von 4–6 Wochen in einer Unterschenkelorthese mit 15–20 kg Teilbelastung erfolgen. Laterale Luxationen sind eher offene Luxationen oder bedürfen einer offenen Reposition. Generell gilt, je komplexer die Begleitverletzungen der Luxationen sind und je aufwendiger die operative Therapie ist, desto schlechter ist das Langzeitoutcome. Periphere Talusfrakturen sind Frakturen der Fortsätze des Talus und treten häufig in Zusammenhang mit subtalaren Luxationen bzw. bei ligamentären Rotationstraumata mit kurzzeitiger Subluxationsstellung in den angrenzenden Gelenken auf. Zu den peripheren Talusfrakturen gehören Taluskopffrakturen, Frakturen des Processus lateralis (fibularis) und des Processus posterior, bei dem noch Frakturen des Tuberculum mediale und laterale voneinander unterschieden werden. Nur bei gering dislozierten Frakturen < 1 mm kann eine konservative Therapie der peripheren Talusfraktuen erfolgen. Je nach Größe der Frakturfragmente empfiehlt sich eine Schraubenosteosynthese oder die Refixation osteochondraler Fragmente insbesondere am Taluskopf über resorbierbare Pins. Bei sehr kleinen Fragmenten kann auch eine isolierte Entfernung sinnvoll sein (insbesondere bei Processus lateralis-Frakturen). Die Nachbehandlung richtet sich nach dem gesamten Verletzungsmuster. Bei „einfachen“ Frakturen sollte so früh wie möglich eine funktionelle Nachbehandlung erfolgen. Komplexe Fußtraumata müssen individuell beurteilt und nachbehandelt werden.

Einleitung

Subtalare Luxationen

Definition und Klassifikation

Subtalare Luxationen sind Luxationen im Talonaviculargelenk und im Talocalcanear(Subtalar)-Gelenk. Damit unterscheiden sie sich als 2-Gelenk-Luxationen von den anderen peritalaren Luxationen, die ein Gelenk (talo-crurale Luxationen) oder drei Gelenke (talo-crural, talo-navicular und talo-calcaneare Luxationen) betreffen (Amon und Janssen 1989; Hendrich 1989). Treten begleitend Frakturen des Talus auf, spricht man definitionsgemäß von subtalaren Luxationsfrakturen.
Subtalare Luxationen sind selten und machen insgesamt weniger als 2 % aller Luxationen aus (Tucker et al. 1998; Freund 1989; Perugia et al. 2002). Die in der Literatur beschriebenen Patientenkollektive sind daher klein.
Unterteilt werden subtalare Luxationen in mediale, laterale, anteriore und posteriore Luxationen. Entscheidend für diese Klassifikation ist dabei die Stellung des Calcaneus in Relation zum Talus. Stehen zum Beispiel Calcaneus und der Fuß medial vom Talus, wird diese subtalare Luxation als mediale klassifiziert (Abb. 1a) (Leitner 1954; Heppenstall et al. 1980; Zimmer und Johnson 1989).
Die häufigsten subtalaren Luxationen sind die medialen Luxationen (ca. 80 % aller subtalaren Luxationen), gefolgt von den lateralen (ca. 17 %). Anteriore und posteriore Luxationen sind selten (ca. 3 % aller subtalaren Luxationen) (Heppenstall et al. 1980; Zimmer und Johnson 1989) [Tab. 1].
Tab. 1
Einteilung der subtalaren Luxationen. Subtalare Luxationen werden nach der Stellung des Calcaneus in Relation zum Talus eingeteilt. Mediale Luxationen stellen mit 80 % die häufigste Luxationsform da, gefolgt von den lateralen mit 17 %. Sehr selten sind anteriore und posteriore Luxationen mit einem Anteil von nur 3 % aller subtalaren Luxationen
Einteilung der subtalaren Luxationen
Einteilung
Häufigkeit (%)
Mediale
80 %
Laterale
17 %
Anteriore/Posteriore
3 %

Unfallmechanismus

Subtalare Luxationen treten häufig im Rahmen von Hochrasanztraumata wie Verkehrsunfällen (in ca. 50 % der Fälle) oder Stürzen aus großer Höhe (in ca. 30–90 % der Fälle der beschriebenen Patientenkollektive) auf (Tucker et al. 1998; DeLee und Curtis 1982; Schontag et al. 1984). Darüber hinaus werden im anglo-amerikanischen Raum mehrere Fälle nach Aufpralltraumata beim Basketball beschrieben, weshalb dort dieses Verletzungsmuster als „Baskettballfuß“ bezeichnet wird (Grantham 1964).
Der genaue Pathomechanismus, der zu einer subtalaren Luxation führt, ist im Detail bisher nicht geklärt. Experimentelle Studien zur Erzeugung der Luxation in-vitro misslangen bisher (Grantham 1964). Für die beiden häufigsten Luxationsformen sind zumindest genauere Luxationsmechanismen bekannt:
Mediale subtalare Luxationen treten bei einer Krafteinwirkung auf den Fuß in Inversionsstellung (Kombination von Plantarflexion, Adduktion und Supination) auf, wobei es zu einer Hebelwirkung zwischen Sustentaculum tali und der medialen hinteren Taluskante kommt. Dadurch rupturieren die dorsalen talonavicularen Bänder und das Ligamentum talocalcaneum interosseum. Die Fußwurzel wird dabei um das Sustentaculum tali als Hypomochlion aus dem Talonaviculargelenk und Subtalargelenk herausrotiert und der Taluskopf steht lateral (unter der Haut) (Abb. 1a) (Freund 1989; DeLee und Curtis 1982; Christensen et al. 1977; Marcinko und Zenker 1991).
Bei lateralen subtalaren Luxationen kommt es durch eine forcierte Eversion (Abduktion, Pronation und Dorsalextension) des Fußes zu einer Rotation des Proc. anterior calcanei um den anterolateralen Teil des Talus. Nahezu alle Bänder des Talonavicularkomplexes und des subtalaren Gelenkes rupturieren und es kommt zu einer Luxation beider Gelenke. Der Calcaneus und der übrige Fuß stehen lateral des Talus (Abb. 1b) (Freund 1989; Leitner 1954; Heppenstall et al. 1980; Buckingham und LeFlore 1973).
Anteriore Luxationen entstehend durch erheblichen Zug am Fuß nach vorne, die posterioren Luxationen durch eine Hyperplantarflexion. Diese sehr seltenen Luxationstypen zeichnen sich durch eine hohe Instabilität aus, wodurch es zu einem Übergang der posterioren Luxation in eine mediale, der anterioren Luxation in eine laterale kommen kann (Edwards et al. 2011; Inokuchi et al. 1997a, b).

Epidemiologie

Bei Männern treten häufiger subtalare Luxationen als bei Frauen in einem Verhältnis von 6:1 auf (Freund 1989; DeLee und Curtis 1982; Kinik et al. 1999). Die Altersverteilung schwankt jedoch stark je nach Patientenkollektiv (zwischen 10. bis 70. Lebensjahr) und liegt im Mittel in der vierten Lebensdekade (Edwards et al. 2011).

Klinik

Bei subtalaren Luxationen ist bereits initial eine deutliche Fehlstellung des Fußes im Verhältnis zum Unterschenkel erkennbar. Diese Fehlstellung einzuordnen ist manchmal schwierig und wird nicht selten als eine Sprunggelenksfraktur mit Dislokation fehlgedeutet. Zeichen für eine mediale subtalare Luxation sind eine Medialisierung des Fußes im Vergleich zum Unterschenkel in Eversionsstellung. Lateral steht der Taluskopf unter der Haut tast- und sichtbar (DeLee und Curtis 1982). Häufig imponiert die Haut in Bereich des Taluskopfs gespannt und weißlich verfärbt als Zeichen der Minderdurchblutung. Bei den lateralen Luxationen ist der Fuß in Pronations- und Abduktionsstellung lateral der Unterschenkelachse lokalisiert. Der Taluskopf steht hier medial subkutan unter der Haut. Generell ist die Hautspannung auf der der Luxationsrichtung entgegengesetzten Seite am größten (Barber et al. 1961). Hautnekrosen sind in der Literatur mit einer Häufigkeit von 8–10 % in den Patientenkollektiven beschrieben (Christensen et al. 1977; Barber et al. 1961; Kenwright und Taylor 1970). Vorfuß und Mittelfuß imponieren ohne Fehlstellungen. Oberes und unteres Sprunggelenk können nicht bewegt werden.
Subtalare Luxationen können auch als offene Luxation auftreten. Häufiger, in ca. 2/3 der Fälle, sind laterale subtalare Luxationen betroffen, wobei die Situationswunde typischerweise medial lokalisiert ist und der Taluskopf sichtbar wird (Abb. 1c) (Edwards et al. 2011; Kenwright und Taylor 1970; Monson und Ryan 1981; Goldner et al. 1995).
Hämatom und Weichteilschwellung treten oft erst nach Reposition auf und je nach Ausmaß der Begleitverletzungen ist die Ausprägung.

Begleitverletzungen

Subtalare Luxationen weisen eine hohe Inzidenz an Begleitverletzungen auf. Lokal treten häufig Frakturen des Talus in 50–100 % der Fälle auf (Bohay und Manoli 1996; Bibbo et al. 2001). Beschrieben sind ebenfalls Frakturen des Calcaneus (häufig des Processus anterior calcanei oder des Sustentaculums) und der Basis des Os metatarsale V.
Bandverletzungen und Verletzungen der Peronealsehnen und Tibialis posterior-Sehne treten je nach Luxationstyp auf: Bei medialen subtalaren Luxationen rupturieren die dorsalen talonavicularen Bänder und das Ligamentum talocalcaneum interosseum. Darüber hinaus kann es bei diesem Luxationstyp zu einer Verletzung der Peronealsehnen, des Retinaculum extensorum sowie Verletzung der Muskelbäuche des M. extensor digitorum brevis kommen, die im Abschn. 3 näher beschrieben werden.
Zu Rupturen des vorderen Anteils des Ligamentum deltoideum, Ligamentum talo-calcaneare interosseum und Ligamentum talo-naviculuare dorsale kommt es bei lateralen Rupturen. Zusätzlich kann bei dieser Luxation die Tibialis-posterior-Sehne und/oder die Flexor-digitorum-longus-Sehne sich während der Luxationsentstehung um den Taluskopf herumschlingen und anschließend inkarzerien. Die Tibialis posterior-Sehne bildet dadurch ein häufiges Repositionshindernis der geschlossenen Reposition (siehe Abschn. 3.1, Abb. 3c).

Periphere Talusfrakturen

Anatomie und Definition

Der Talus besteht aus drei Teilen, dem Korpus, dem Kopf und dem Talushals. Zum Taluskorpus werden der Processus lateralis (fibularis) und der Processus posterior gezählt, wobei letzterer noch in ein Tuberculum laterale und mediale unterteilt wird. Die Oberfläche des Talus besteht zu zwei Drittel aus Knorpel und nur zu einem Drittel aus knorpelfreien Arealen, die intraossäre Gefäße aufnehmen können. Dadurch ist die Durchblutung des Talus bei Talusfrakturen besonders gefährdet.
Wichtigste Gefäße sind die Arteria (Art.) canalis tarsi aus der Art. tibialis posterior und die Art. sinus tarsi, die aus Ästen der Art. dorsalis pedis und dem Ramus perforans der Art. peronea gespeist wird (Gelberman und Mortensen 1983; Schwarzenbach et al. 1997).
Funktionell wichtige periphere Fortsätze des Taluskorpus sind der Processus lateralis mit einer breiten Basis, die entscheidend zur Gelenkfacette zum Calcaneus beiträgt und nach lateral eine große, tief reichende Gelenkfacette zur distalen Fibula aufweist. Ebenfalls funktionell entscheidend ist der Processus posterior tali, der zwei Vorsprünge, das Tuberculum mediale und laterale aufweist. Am Tuberculum mediale setzen die tiefen Anteile des Ligamentum deltoideum an, am Tuberculum laterale das Ligamentum fibulotalare posterius an. Zwischen beiden Tubercula zieht die Sehne des Flexor hallucis longus in ihrem Sulcus entlang (Rammelt 2014).
Abzugrenzen von Frakturen des Processus posterior tali sind ein accessorisches Os trigonum. Ebenso können der seltende Talus bipartitus im Bereich des Processus posterior mit einer Pseudarthrose nach Fraktur in diesem Bereich verwechselt werden (Rammelt 2014; Rammelt et al. 2011). Ein wichtiger Teil des Talus stellt darüber hinaus der Taluskopf dar, der mit seiner großen, konvex geformten Gelenkfläche zum Os naviculare das funktionell wichtige Talonaviculargelenk bildet. Darüber hinaus artikuliert er an seiner Unterseite mit dem Calcaneus und bildet so das sogenannte Coxa pedis, das Talocalcaneonaviculargelenk.

Klassifikation

Für Talusfrakturen liegen viele unterschiedliche Klassifikationen vor, die teilweise nur einen bestimmten Subtyp an Frakturen betreffen (z. B. Talushalsfrakturen) oder die alle Talusfrakturen einbeziehen, jedoch für die peripheren Talusfrakturen eine schwierige Zuordnung zu einem bestimmten Typ darstellen.
Frakturen des Processus posterior, Taluskopf und Processus lateralis können generell nach der OTA-Klassifikation der amerikanischen Orthopaedic Trauma Association klassifiziert werden. In dieser Klassifikation werden die peripheren Frakturen des Talus als 81-Typ-A-Frakturen eingeteilt, wobei die Avulsionen (81-A1) von den Processus lateralis und posterior Frakturen (81-A2) und den Kopffrakturen (81-A3) unterschieden werden (Abb. 2a). Jedoch können, obwohl in der OTA-Klassifikation als extraartikuläre Frakturen klassifiziert, die peripheren Frakturen intraartikuläre Komponenten aufweisen. Eine andere Klassifikation nach Zwipp et al. unterteilt die Talusfrakturen anhand der beteiligten Gelenke, Dislokation und Destruktion von Knorpel und Knochen (AO/ICI-Klassifikation). Unterschieden werden extraartikuläre Typ A-Frakturen, intraartikuläre Typ B, Luxationsfrakturen Typ C und rein ligamentäre Verletzungen Typ D, die jeweils sehr detailliert in weitere Subgruppen unterteilt werden (Zwipp et al. 2004).
Eine einfache und praxisnahe Klassifikation bietet die Hawkins-Klassifikation von Processus lateralis Frakturen in einfache Typ-A-Frakturen, mehrfragmentäre Frakturen Typ-B-Frakturen und „Chip fractures“ Typ C, die nur das Subtalargelenk, nicht aber das Talofibulargelenk betreffen (Abb. 2b) (Hawkins 1965). Mittlerweile wurde diese von Boack et al. mit Einbeziehung von Destruktion von Knorpel und Knochen sowie Instabilitäten modifiziert (Boack und Manegold 2004).
In der englisch sprachigen Literatur werden Frakturen des Tuberculum mediale des Processus posterior als Cedell fracture und das Tuberculum laterale des Processus posterior als Stieda process bezeichnet. Darüber hinaus existiert eine Frakturklassifikation des Procussus posterior nach Shepherd, wobei angemerkt werden sollte, dass sowohl Shepherd als auch Stieda in ihre Original-Publikationen ein symptomatisches Os trigonum als Pseudarthrose fehlgedeutet haben (Cedell 1974; Stieda 1869).

Unfallmechanismus und Epidemiologie peripherer Talusfrakturen

Talusfrakturen sind seltene Frakturen und umfassen ca. 0,32 % aller Frakturen des Menschen, wobei sie ca. 3–4 % aller Fußfrakturen ausmachen. Hochrasanztraumata wie zum Beispiel bei Verkehrsunfällen oder Stürzen aus großer Höhe sind häufige Unfallmechanismen und umfassen ca. 90 % aller Fälle. Dabei machen periphere Talusfrakturen weniger als 20 % aller Talusfrakturen aus und man nimmt an, dass es eine hohe Dunkelziffer an übersehenen Verletzungen gibt, da selbst die in der Literatur beschriebenen Serien in der Hälfte der Fälle zunächst übersehen worden sind (Langer und DiGiovanni 2008; Parsons 2003; Heckman und McLean 1985).
Processus lateralis-Frakturen treten durch eine forcierte Dorsalextension im oberen Sprunggelenk bei supiniertem Rückfuß auf, einem Unfallmechanismus, der beim Snowboarden gehäuft auftritt und diese Frakturen daher auch „Snowboarder’s fracture“ oder auch „Snowboarder’s ankle“ genannt werden (Horterer et al. 2018). Experimentell konnten Processus lateralis-Frakturen sowohl durch eine Kombination aus Dorsalextension, Supination und Außenrotation als auch aus Pronation und axialer Belastung erzeugt werden (Funk et al. 2003; Boon et al. 2001).
Hingegen entstehen Frakturen des Processus posterior bei maximal plantar flektiertem Fuß und ggf. mit zusätzlicher Supination des Rückfußes. Dadurch wird der Processus posterior zwischen Tibiahinterkante und Calcaneus gedrückt und durch die Kompression frakturiert (Nyska et al. 1998). Frakturen des Processus posterior tali sind oft mit medialen subtalaren Luxationen assoziiert.
Bei Diagnosestellung ohne bekanntes Luxationsereignis sollte unbedingt der Unfallmechanismus exakt erfragt werden und klinisch das Subtalar- und Talonaviculargelenk auf eine mögliche Instabilität hin untersucht werden. Taluskopffrakturen umfassen etwa nur 10 % aller Talusfrakturen und treten sowohl bei medialen subtalaren Luxationen als auch bei Chopart-Gelenksluxationen auf, weshalb bei Auftreten immer an mögliche begleitende Instabilitäten des Calcaneocuboidalgelenkes als auch des Subtalargelenkes gedacht werden sollte. Rammelt et al. analysierten den Unfallmechanismus von Taluskopffrakturen und fanden heraus, dass es häufig durch Adduktions- oder Abduktionstraumata zu einer Verdrehung zwischen Mittelfuß und Rückfuß und anschließender Frakturierung des Taluskopfes kommt (Rammelt et al. 2002).

Klinik

Eine exakte Anamneseerhebung vom Unfallmechanismus, ggf. primärer Fehlstellung und initialer Reposition durch Ersthelfer ist unabdingbar für das Verständnis des Verletzungsausmaßes. Klinisch treten eine Schwellung des Fußes insbesondere des Rückfußes mit Hämatom normalerweise bei allen Frakturen des Talus in unterschiedlicher Ausprägung auf. Es sollte darauf geachtet werden, ob Frakturfragmente durch die Haut palpabel sind und ggf. einen erheblichen Fragmentdruck auf die Haut ausüben. Darüber hinaus müssen natürlich Fehlstellungen bei Luxationen/Luxationsfrakturen mit Kompromittierung der Weichteile schnellstmöglich erfasst und behandelt werden. An die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms des Fußes, insbesondere bei polytraumatisierten und ggf. intubierten Patienten muss gedacht werden. Treten die Verletzungen des Talus in Zusammenhang mit offenen Wunden auf, sollte nach initialer steriler Verbandsanlage am Unfallort die weitere Beurteilung erst im Operationssaal erfolgen. Mittlerweile liegt normalerweise aufgrund der leichten Verfügbarkeit immer eine Fotodokumentation durch den Rettungsdienst vor Verbandsanlegung vor.

Diagnostik

Initial sollte eine konventionelle Röntgendiagostik des Sprunggelenkes ap, Fußes seitlich und Fuß schräg erfolgen. Darin zeigen sich bereits Luxationen und Subluxationen. Jedoch können insbesondere periphere Talusfrakturen leicht in konventionellen Röntgenaufnahmen übersehen werden. Heute stellt die Computertomografie (CT) den Standard zur Beurteilung von Verletzungen des Rückfußes dar und sollte unbedingt durchgeführt werden, je nach weiterer Therapie vor- oder nach Reposition einer möglichen Luxation, wobei die schnellstmögliche Reposition im Vordergrund steht. Häufige knöcherne Begleitverletzungen von subtalaren Luxationen wie Talus- oder Calcaneusfrakturen können erst exakt im CT analysiert werden. Geachtet werden sollte auch auf kleine knöcherne Bandausrisse, die indirekt Aufschluss über das Ausmaß der Instabilität geben und ggf. bei der operativen Therapie berücksichtigt werden müssen.
Eine Kernspintomografie (MRT) kann bei unklarem Unfallmechanismus, subtilen Bandverletzungen und insbesondere bei subtalaren Luxationen mit Verdacht auf veritable Verletzungen der Weichteile ergänzend sinnvoll sein, ist aber nicht in jedem Fall notwendig. Bei unkomplizierten, geschlossen reponierten subtalaren Luxationen kann darauf verzichtet werden. Generell gibt ein MRT Aufschluss über mögliche wesentliche Begleitverletzungen der Weichteile, insbesondere des Bandapparates, der Tibialis-posterior-Sehne und den Peronealsehnen sowie dem Gefäß-Nerven-Bündel mit N. tibialis und Art. tibialis posterior.

Therapie

Wesentliche Ziele der Primärtherapie von subtalaren Luxationen und peripheren Talusfrakturen sind die Reposition von Luxationen bzw. Subluxationen, das Verhindern einer chronischen Instabilität der beteiligten Gelenke sowie das Verhindern von symptomatischen Pseudarthrosen. Im Detail wird nachfolgend Schritt für Schritt das Vorgehen erläutert:

Subtalare Luxationen

Reposition

  • Geschlossene Reposition:
    Die schnellstmögliche Reposition der Luxation steht im Vordergrund der primären Therapie einer subtalaren Luxation, um durch Druck und Spannung ausgelöste Schäden der neuro-vaskulären Bündel sowie von Hautnekrosen zu minimieren. Es wird ähnlich wie bei Luxationen oder Luxationsfrakturen des oberen Sprunggelenkes vorgegangen: Ein Helfer beugt das Kniegelenk, um den Musculus triceps surae zu entspannen. Um die Luxation zu reponieren, muss man die Umkehr des Luxationsmechanismus vollziehen und greift dafür den Fuß im „Stiefelgriff“ nach Böhler. Wichtig für das Gelingen der Reposition ist das korrekte Verständnis der Art der Luxation: Mediale Luxationen können in der Regel geschlossen reponiert werden. Es empfiehlt sich, Zug auf den Fuß und den Calcaneus auszuüben und mit einer dosierten Dorsalextension im oberen Sprunggelenk zu kombinieren (Freund 1989; DeLee und Curtis 1982). Zusätzlich kann ein dosierter Druck auf Taluskopf und Os naviculare sinnvoll sein, um das Talonaviculargelenk zu reponieren. Bei lateralen Luxationen empfiehlt sich ebenfalls das Tasten von Taluskopf und Os naviculare zur Reposition, kombiniert mit einem Zug am Calcaneus und Plantarflexion. Bei den seltenen anterioren und posterioren Luxationen sollte der Fuß in die entgegengesetzte Richtung gezogen werden. Generell empfiehlt sich eine unterstützende Analgosedierung zum Repositionsversuch. Bei Irreponibilität, die häufig bei lateralen Luxationen auftritt, sollten keinesfalls mehrfache Repositionsversuche erfolgen, sondern zügig ein offenes Verfahren angestrebt werden. Die seltenen anterioren und posterioren Luxationen werden ebenfalls bei gebeugtem Kniegelenk und der Luxationsrichtung entgegengesetztem Zug am Fuß/Calcaneus reponiert.
  • Offene Reposition:
    Eine offene Reposition wird in Narkose und unter Bereitschaft für eine Osteosynthese, die Anlage eines Fixateurs externe oder einer K-Draht Transfixation durchgeführt. Bei medialen subtalaren Luxationen wird der Zugang lateral über dem tastbaren Taluskopf gewählt. Häufiges Repositionshindernis ist die Interposition des Taluskopfes zwischen den Muskelbäuchen des Musculus extensor digitorum brevis, der sich wie ein „Knopf im Knopfloch“ durch das Retinaculum extensorum einklemmt und so eine geschlossene Reposition verhindern kann (Abb. 3a) (Wagner und Weckbach 1995). Weitere Repositionshindernisse können die eingeschlagene Kapsel des Talonaviculargelenkes, die Peronealsehnen oder eine Inkarzeration der Muskelbäuche des Musculus extensor digitorum brevis sein (Abb. 3b). Sowohl über einen antero-lateralen als auch über einen Ollier-Ducroquet-Zugang kann die Reposition vorgenommen werden.
    Bei lateralen Luxationen stellt die Sehne des M. tibialis posterior ein häufiges Repositionshindernis, weshalb sich ein medialer Zugang empfiehlt (Abb. 3c) (DeLee und Curtis 1982; Wagner und Weckbach 1995). Die seltener interponierenden Sehnen des Musculus flexor hallucis longus und flexor digitorum longus können bei Wahl dieses Zugangs ebenfalls gut exponiert werden. Jedoch werden in der Literatur auch anterolaterale Inzisionen bei lateralen subtalaren Luxationen beschrieben, die vom Musculus extensor digitorum longus bis distal an die Peronealsehnen reichen (Rammelt 2014).
Zusätzliche operative Hilfsmaßnahmen bei erschwerter offener Reposition bei z. B. irreponiblen posterioren Luxationen können die Innenknöchelosteotomie oder die Anlage eines Femur-Distraktors an Tibia und Calcaneus sein. Forcierten Zug am Fuß kann man ebenfalls durch einen Steinmann-Nagel im Calcaneus auf die Gelenke ausüben.
Nach Reposition der Luxation müssen die betroffenen Gelenke einer Stabilitätsprüfung unterzogen werden und je nach Instabilität abgewogen werden, ob die temporäre Transfixation mit Kirschner-Drähten und/oder die Anlage eines Fixateur externe sinnvoll erscheint.
Bei offenen Luxationen sollte ein sorgfältiges Debridement der Weichteile und eine ausgiebige Spülung erfolgen. Es empfiehlt sich die Anlage eines Fixateur externe sowohl bei offenen Luxationen als auch bei stark kompromittierten Weichteilen nach geschlossenen Luxationen. Falls notwendig kann bei offenen Luxationen eine temporäre Weichteildeckung mit Kunsthaut oder einer Vakuum-Versiegelung sinnvoll sein.

Algorithmus

Der „Akut-Therapie-Algorithmus subtalarer Luxationen“ ist im Folgenden dargestellt (Abb. 4).

Therapie nach Reposition

Nach gelungener geschlossener Reposition einer subtalaren Luxation sollte auf eine gravierende Gelenksinstabilität geachtet werden. Nur in Ausnahmefällen muss eine Transfixation der betroffenen Gelenke (insbesondere talo-navicular) erfolgen. Normalerweise können diese „unkomplizierten“ subtalaren Luxationen jedoch nach geschlossener Reposition konservativ ausbehandelt werden (siehe Punkt 4 Nachbehandlung), sofern keine relevanten Begleitverletzungen wie Talus- oder Calcaneusfrakturen vorliegen.
Bei offener Reposition können mögliche Begleitverletzungen in der Regel direkt mitversorgt werden, wenn diese im Zugangsbereich liegen: Verletzungen der Sehnen des Musculus tibialis posterior, Flexor hallucis longus, Flexor digitorum longus sowie der Peronealsehnen können direkt genäht werden. Als Techniken kommen alle Nahttechniken für Sehnenrupturen infrage, die insbesondere in der Handchirurgie beschrieben und deren Vor- und Nachteile ausführlich untersucht wurden. Als persönliche Präferenz bietet sich bei kaliberstarken Sehnen die 4-Strang-Kernnaht nach Kirchmeyer-Kessler an, modifiziert nach Zechner mit zusätzlicher Ringnaht, und bei Längsrupturen die fortlaufende Nahttechnik. Bänder, z. B. das dorsale talo-naviculare Band, können durch subperiostale oder transossäre Nähte refixiert werden, wodurch die Stabilität der Gelenke deutlich verbessert werden kann und ggf. von zusätzlich transfixierenden Kirschner Drähten abgesehen werden kann.
Begleitfrakturen der Malleolengabel, des Calcaneus oder des Mittel- und Vorfußes werden wie in den entsprechenden Kapiteln beschrieben operativ oder konservativ behandelt. Insbesondere bei sehr komplexen Mehretagenverletzungen des Fußes und Sprunggelenkes muss jedoch nicht selten eine „damage control“ Strategie erfolgen und es können Frakturen aufgrund der ausgeprägten Weichteilkontusion nur geschlossen reponiert und über Kirschner Drähte adressiert werden.

Periphere Talusfrakturen

Periphere Talusfrakturen sind häufig übersehene Verletzungen und selbst in den veröffentlichten Patientenkollektiven wurden die Verletzungen initial in der Hälfte der Fälle nicht erkannt. Die Literatur zu Therapieempfehlungen ist daher rar und konservative und operative Therapiemaßnahmen werden kontrovers diskutiert. Im Konsens verschiedener Autoren können sehr kleine Avulsionsfrakturen oder minimal dislozierte Frakturen < 1 mm Dislokation konservativ 6 Wochen im Unterschenkelgips oder einer Unterschenkelorthese mit 15–20 kg Teilbelastung behandelt werden (Rammelt 2014; Shank et al. 2017; Perera et al. 2010). Die konservative Therapie ist jedoch nur den genannten Indikationen vorbehalten.
Operative Therapiemaßnahmen mit rigider Fixierung der Frakturen über Schraubenosteosynthesen verbessern das Langzeit-Outcome und verzögern Komplikationen wie z. B. eine Arthrose der betroffenen Gelenke.
Taluskopffrakturen können über einen antero-medialen oder dorso-medialen Zugang in Rückenlage offen reponiert werden. Wichtig ist die Wiederherstellung der Kongruenz des Talonaviculargelenkes. Bei Impaktion der Gelenkfläche kann eine Unterfütterung mit einer Spongiosatransplantation oder bei größeren Knochendefekt die Interposition eines Knochenspans notwendig sein (Rammelt 2014), um einen sekundären Repositionsverlust mit Einsinken der medialen Säule zu verhindern. Liegt eine begleitende Instabilität talonavicular z. B. nach subtalarer Luxation vor, kann der Taluskopf medial aus dem Talonaviculargelenk subluxiert und so gut eingesehen werden. In Abhängigkeit der Frakturmorphologie sollte das Osteosynthesematerial individuell ausgesucht werden.
Prinzipiell empfiehlt sich bei ausreichend großen Fragmenten eine Schraubenosteosynthese, z. B. mit Doppelgewindeschrauben, die subchondral versengt werden können und in sehr kleinen Größen verfügbar sind (Abb. 5). Bei kleinen, eher osteochondralen Fragmenten kann alternativ eine Verschraubung mit kopftragenden Schrauben, die subchondral versenkt werden, erfolgen oder eine Fixierung über resorbierbare Pins vorgenommen werden. Man sollte eine Versorgung mit zwei Schrauben zur Sicherung der Rotation anstreben, wobei nicht selten die 2. Schraube retrograd durch das Os naviculare einzubringen ist.
Praxistipp
Für die laterale Schraube auf Höhe der Basis des Os metatarsale II eine kleine Inzision anlegen, sicheres Präparieren des Gefäß-Nerven-Bündels mit Art. dorsalis pedis und Weghalten aus dem OP-Gebiet. Wahl einer kanülierten Schraube. Einbringen des Führungsdrahtes in sehr flachem Winkel über das Os naviculare, um den Taluskopf optimal von lateral zu fassen. Über den Draht dann Einbringen der Schraube. Beim Taluskopf Empfehlung des Vorbohrens der Schraube, auch bei selbstbohrenden Schrauben.
Processus lateralis-Frakturen
Die Therapie von Processus lateralis-Frakturen orientiert sich zurzeit an der Hawkins-Klassifikation: In Abhängigkeit von der Dislokation (> 1 mm (von Knoch et al. 2007) bzw. > 2 mm (Rammelt 2014; Valderrabano et al. 2005)) sollten Typ I- und II-Frakturen operativ mittels offener Reposition und Fixierung über Schraubenosteosynthesen versorgt werden. Die Versorgung kann hierfür über einen anterolateralen Zugang (Außenknöchel bis zur Basis des Os metatarsale IV) oder einen Ducroquet-Ollier-Zugang (schräg über dem Sinus tarsi verlaufend) erfolgen (Abb. 6a), wobei auf eine Schonung der Peronealsehnen als auch der Nervenendäste (N. cutaneus dorsalis intermedius und lateralis) zu achten ist. Größere Fragmente können über Kleinfragmentschrauben oder kleine Doppelgewindeschrauben refixiert werden (Abb. 6). Falls sehr kleine, nicht mehr zu rekonstruierende Fragmente vorliegen, ist eine Resektion und Glättung der Frakturränder sinnvoll.
Praxistipp
  • Persönliche Präferenz: Ducroquet-Ollier-Zugang, Reposition der Fragmente mit dem Zahnarzthaken und temporäre Fixierung über 1,0 mm K-Draht, je nach Frakturmorphologie Wahl einer Doppelgewindeschraube 2,2 mm (Vorteil: der Führungsdraht kann statt des K-Drahtes direkt für die Frakturreposition verwendet werden) oder einer Leibinger Schraube (Vorteil: flacher Schraubenkopf -> Herandrücken einer Mehrfragmentfraktur/gute subchondrale Versenkung möglich).
  • Bei komplexen Talusfrakturen mit notwendigem medialem und lateralem Zugang ist auf eine ausreichende Hautbrücke zwischen beiden Zugängen zu achten. Die Kombination von anteromedialem Zugang und Ducroquet-Ollier-Zugang ist dann problemlos möglich (Abb. 5).
Typ III-Frakturen nach Hawkins können eher als die Typ I- und Typ II-Verletzungen konservativ therapiert werden (Perera et al. 2010; von Knoch et al. 2007; Valderrabano et al. 2005). Nach eigenen Erfahrungen ist jedoch auf eine exakte CT-Analyse und eine möglich Subluxationsstellung im Subtalargelenk zu achten. Liegt diese vor, ist ein operatives Vorgehen zu empfehlen.
Neben den genannten möglichen Zugängen zum Processus lateralis tali gibt es auch die Möglichkeit, den Zugang minimal-invasiv zu wählen und die Reposition arthroskopisch-assistiert (Arthroskopie des Subtalargelenkes) vorzunehmen (Boack et al. 2004).
Processus posterior-Frakturen
Frakturen des Processus posterior werden in der Regel operativ versorgt, wenn keine Kontraindikationen für eine operative Therapie oder eine entsprechende Lagerung des Patienten vorliegen. In Bauchlage wird ein postero-lateraler Zugang (Gallie-Zugang) längs zwischen Achillessehnenrand und Peronealsehnen bzw. Außenknöchelhinterkante für Frakturen des Tuberculum laterale gewählt. N. suralis, Vena saphena parva und die Peronealsehnen werden nach lateral retrahiert. Es ist darauf zu achten, die FHL-Sehne sicher aufzusuchen und streng lateral davon in die Tiefe zu präparieren. Dann wird das Gefäß-Nerven-Bündel medial der FHL-Sehne sicher geschont. Über ein postero-laterales Kapselfenster des oberen und unteren Sprunggelenkes kann das Tuberculum laterale Fragment kontrolliert reponiert und mit einer Schraubenosteosynthese adressiert werden. Bei Tuberculum mediale Frakturen des Processus posterior wird in Bauchlage ein postero-medialer Zugang gewählt. Streng paraachillär medial wird die FHL-Sehne mit Gefäß-Nerven-Bündel nach medial weggehalten. Alternativ kann ein etwas medialerer Zugang (Zugang nach Thompson und Loomer) zwischen FHL (lateral) und den Sehnen des M. flexor digitorum longus/tibialis posterior (medial) gewählt werden (Abb. 7). Bei Patienten, die keine Bauchlage tolerieren (z. B. bei begleitendem Schädel-Hirn-Trauma oder Thorax-Trauma), kann eventuell eine Halbseitenlage gewählt werden, um den Zugang medial oder lateral zum Talus zu präparieren. Jedoch sind sowohl Reposition des Fragmentes als auch die Einbringung der Schrauben in dieser Position deutlich schwerer und es muss eine individuelle Fallentscheidung zwischen Nutzen und Risiko für den Patienten abgewogen werden.
Merke: posteromedialer Zugang zum Talus
  • sichere Präparation des Gefäß-Nerven-Bündels mit N. tibialis und Art. tibialis posterior
  • Präparation des Zugangs, wenn möglich unter Lupenbrillenvergrößerung (persönliches Vorgehen)
  • Leitstruktur FHL-Sehne aufsuchen
  • Insgesamt schlechte Übersicht auf den Talus
  • schwierige Einstellung der Rotation des Tuberculum-mediale Fragmentes
Neben anspruchsvoller Reposition stellt die intraoperative Bildgebung zur Kontrolle von Reposition und Osteosynthese den Operateur nicht selten vor eine Herausforderung. Gerade die peripheren Talusfrakturen sind schwierig im Bildwandler zu beurteilen und bedürfen einiger Erfahrung. Falls verfügbar empfiehlt sich eine intraoperative 3D-Bildgebung, um sofort Reposition, Gelenkstellung als auch Lage des Osteosynthesematerials zu überprüfen.

Nachbehandlung

Nach geschlossener Reposition einer subtalaren Luxation sollte bis zur ausreichenden Weichteilkonsolidierung ein gespaltener Unterschenkelgips angelegt werden und die betreffende Extremität konsequent hochgelagert werden. Es ist darauf zu achten, dass sich kein Fußkompartment (insbesondere bei komplexen Begleitverletzungen) entwickelt und dass radiologisch die korrekte Gelenkstellung im Gips kontrolliert wird. Bei einfachen, geschlossen reponierten subtalaren Luxationen, die CT-morphologisch keine wesentlichen Begleitverletzungen aufweisen, kann dann im Verlauf auf einen geschlossenen Unterschenkelcast oder alternativ auf eine Unterschenkelorthese (z. B. einen Vacoped-Stiefel) gewechselt werden. Eine Ruhigstellung sollte nicht mehr als 6 Wochen in unkomplizierten Fällen erfolgen. Die früher empfohlenen Immobilisationszeiten von 4 Monaten sind verlassen. Im Gegenteil: Die Ergebnisse des eigenen nachuntersuchten Patientenkollektivs unserer Klinik sprechen für eine möglichst frühzeitige Nachbehandlung in den unkomplizierten Fällen, weshalb z. B. bei medialen subtalaren Luxationen ohne offene Reposition und wesentliche Begleitverletzungen mit einem Beginn der Dorsalextension und Plantarflexion im oberen Sprunggelenk in der Unterschenkelorthese nach 4 Wochen begonnen wird. Zusätzlich zur Ruhigstellung sollte eine Teilbelastung für 6 Wochen mit 15–20 kg eingehalten werden.
Luxationen mit ausgeprägtem Weichteilschaden, die die primäre Anlage eines Fixateur externe notwendig machen, sollten im Fixateur für 6 Wochen ausbehandelt werden. Der Zeitpunkt zur Entfernung von transfixierenden Kirschner-Drähten kann normalerweise zwischen 6–8 Wochen gewählt werden. Fälle mit komplexen Begleitverletzungen müssen individuell nachbehandelt werden.
Postoperatives Nachbehandlungsschema
Subtalare Luxation
  • Geschlossene Reposition, keine wesentlichen Begleitverletzungen, keine operative Therapie notwendig
    • 6 Wochen Unterschenkelorthese oder zirkulärer Gipsverband
    • 15–20 kg Teilbelastung
    • ggf. ab 5. Woche Beginn der Dorsalextension/Plantarflexion
  • Fixateur externe- Anlage -> 6 Wochen Ausbehandlung im Fixateur, dann Abnahme
  • K-Draht Transfixation -> 6–8 Wochen 15–20 kg Teilbelastung in Orthese/Gips, dann Drahtentfernung
  • Frakturen des Talus/Calcaneus als Begleitverletzungen: 12 Wochen 15–20 kg Teilbelastung, Dauer der Orthese von der Frakturmorphologie und Komplexität des gesamten Verletzungsmusters abhängig
Die Nachbehandlung peripherer Talusfrakturen richtet sich nach der Frakturmorphologie und intraoperativ gewonnenen Stabilität. Eine frühfunktionelle Nachbehandlung insbesondere des oberen und unteren Sprunggelenkes zur Wiedererlangung der essenziellen Gelenkfunktion ist anzustreben, z. B. mit passiven Bewegungsübungen auf einer Motorschiene (CPM). Eine Mobilisation erfolgt in der Unterschenkel-Orthese mit einer Teilbelastung von 15–20 kg für 6 Wochen (Shank et al. 2017; Swords et al. 2018). Bei einfachen Frakturen kann zu einer Vollbelastung nach 8–10 Wochen übergegangen werden, wohingegen Trümmerfrakturen und kombinierte Talusfrakturen unterschiedlicher Lokalisation einer längeren Entlastung von insgesamt 12 Wochen bedürfen (Rammelt 2014). Generell gilt, dass so früh wie möglich eine frühfunktionelle Nachbehandlung begonnen werden sollte. Entlastungsphasen über 12 Wochen sind heute nicht mehr aktuell, da Studien keine Vorteile hinsichtlich einer Talusnekrose gezeigt haben (Rammelt et al. 2000). Bei Entfernung kleiner Frakturfragmente z. B. bei Processus lateralis-Frakturen kann eventuell bereits nach 3 Wochen Teilbelastung eine Aufbelastung erfolgen (Perera et al. 2010). Bei Processus lateralis-Frakturen, speziell bei Tuberculum mediale-Frakturen, ist nach operativer Versorgung auf eine frühzeitige Mobilisation der Großzehe, im Speziellen auf die Flexion der Großzehe zu achten, um Verklebungen und dadurch bedingte Rupturen der FHL Sehne vorzubeugen.
Konservativ behandelte Talusfrakturen werden mit eine Teilbelastung von maximal 15–20 kg für 6 Wochen konsequent ruhiggestellt und die Frakturstellung engmaschig kontrolliert.

Komplikationen

Typische akute allgemeine Komplikationen nach subtalaren Luxationen und peripheren Talusfrakturen sind Hautnekrosen durch Fehlstellungen oder Fragmentdruck von innen, Wundheilungsstörungen sowie Weichteil- und Knocheninfektionen. Bei operativ versorgten Frakturen kann es zu sekundären Repositionsverlusten durch Osteosyntheseversagen kommen. Generell haben die rein ligamentären subtalaren Luxationen ohne notwendige operative Versorgung eine gute Prognose hinsichtlich des Langzeit-Outcomes. Akute und späte Komplikationen nehmen hingegen mit steigender Komplexität der Begleitverletzungen bzw. des gesamten Verletzungsmusters zu. Insbesondere offene Luxationen oder Talusfrakturen haben ein deutlich höheres Risiko für Komplikationen.
Avaskuläre Talusnekrosen als auch posttraumatische Arthrosen sind Spätkomplikationen von subtalaren Luxationen als auch von Talusfrakturen, wobei insbesondere bei zentralen Talusfrakturen die Talusnekrosenrate mit steigendem Dislokationsgrad zunimmt. Jedoch ist das Risiko für periphere Talusfrakturen deutlich geringer als für Korpus oder Halsfrakturen und wird mit 0–5 % in der Literatur angegeben (Rammelt et al. 2011). Die Arthroseraten der betroffenen Gelenke variiert stark und liegt für das Subtalargelenk zwischen 12–78 %, für das Talonaviculargelenk zwischen 6–8 % der Fälle. Jedoch werden in den beschriebenen Patientenkollektiven eher die häufigeren Talushals- und Korpusfrakturen einbezogen und nicht die peripheren Talusfrakturen als eigene Entität aufgeführt (Freund 1989; Bohay und Manoli 1996; Comfort et al. 1985; Schuind et al. 1985; Sanders et al. 1992; Vallier et al. 2003).
Pseudarthrosen sind bei peripheren Talusfrakturen eine nicht seltene Komplikation, da diese Frakturen häufig initial übersehnen werden. Mills und Horne gaben bereits 1987 eine Pseudarthrosenrate bei Processus lateralis Frakturen von 60 % an (Mills und Horne 1987). Auch bei den Processus posterior-Frakturen muss von einer hohen Rate ausgegangen werden, wobei hier die Unterscheidung von einem symptomatischen Os trigonum wichtig ist.
Weitere Spätkomplikationen sind Bewegungseinschränkungen des unteren und oberen Sprunggelenkes sowie chronische Instabilität im Subtalargelenk als auch einer chronischen Peronealsehnenluxation bei Processus lateralis-Frakturen.
Wichtige Komplikationen von subtalaren Luxationen und peripheren Talusfrakturen
  • Hautnekrosen
  • Weichteil- und Knocheninfektionen
  • Talusnekrosen
  • Symptomatische Pseudarthrosen
  • Arthrose des Subtalar- und Talonaviculargelenkes
  • Chronische Instabilität des Subtalargelenkes
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