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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 11.09.2015

Anomalien der Vena cava inferior

Verfasst von: Peter Klein-Weigel
Anomalien der Vena cava inferior sind angeborene Lage- und Verlaufsvarianten der unteren Hohlvene, die klinisch asymptomatisch bleiben können oder zum Auftreten von Obstruktionssymptomen oder Thrombosen prädisponieren. Bei verminderter venöser Rückflusskapazität resultieren Spannungs- und Schweregefühl und eine Claudicatio venosa der unteren Extremitäten. Zur Diagnostik werden Magnetresonanzangiographie und computertomographische Angiographie eingesetzt. Thrombotische Komplikationen werden in der Regel konservativ behandelt. Bei ausgeprägter Schwellung und drohender Phlegmasie kann u. a. eine Katheterlyse indiziert sein.

Definition

Anomalien der Vena cava inferior sind angeborene Lage- und Verlaufsvarianten der unteren Hohlvene, die klinisch asymptomatisch bleiben können oder zum Auftreten von Obstruktionssymptomen oder Thrombosen prädisponieren (Porhassan 2009; Obernosterer et al. 2002).

Ätiologie

Die Vena cava und die Iliakalvenen entwickeln sich zwischen der sechsten und zehnten Embryonalwoche aus den paarig angelegten posterioren Kardinal-, den Subkardinal- und den Suprakardinalvenen. Die Beckenvenen entstehen aus den posterioren Kardinalvenen. Aus den entwicklungsgeschichtlichen Vorgängen zur Ausbildung der Vena cava inferior heraus können ein hepatisches, ein renales und ein infrarenales Segment der Vena cava inferior unterschieden werden. Die komplexen Entwicklungsvorgänge bilden die Grundlage der anatomischen Varianten und Anomalien der Vena cava inferior (Porhassan 2009).

Epidemiologie

Die Angaben zur Häufigkeit schwanken zwischen 0,2 und 3 % (Porhassan 2009; Obernosterer et al. 2002). Am häufigsten findet sich eine Doppelung durch Persistenz beider Suprakardinalvenen. Wenn die rechte Suprakardinalvene regrediert und die linke persistiert, entsteht eine linksaszendierende Vena cava inferior. Weitere Anomalien umfassen die Agenesie der Vena cava inferior, die Azygoskontinuität mit fehlendem hepatischen Segment, die Doppelung mit retroaortaler rechter Nierenvene und Hemiazygoskontinuität sowie die Doppelung mit retroaortaler linken Nierenvene und Azygoskontinuität (Porhassan 2009).

Klinik

Solange der venöse Rückstrom aus der unteren Körperhälfte ausreicht, resultieren keine klinischen Symptome. Bei verminderter venöser Rückflusskapazität resultieren Spannungs- und Schweregefühl und eine Claudicatio venosa der unteren Extremitäten (Porhassan 2009). Häufig in zeitlichem Zusammenhang zu körperlichen Aktivitäten oder bei gleichzeitigem Vorliegen anderer thrombophiler Einflüsse kann es auch zum Auftreten von zumeist bilateral in die Beckenvenen deszendierenden Thrombosen kommen (Porhassan 2009; Obernosterer et al. 2002).

Diagnostik

Die meisten Anomalien der Vena cava inferior werden heute zufällig, z. B. bei abdominellen Sonographien, entdeckt. Insbesondere die Magnetresonanzangiographie und computertomographische Angiographie können die anatomische Situation übersichtlich visualisieren (Porhassan 2009). Die Phlebographie/Cavographie wird nur noch selten angewandt.

Therapie

Eine asymptomatische Vena-cava-Anomalie bedarf keiner spezifischen (prophylaktischen) Therapie.
Eine obstruktionsbedingte Symptomatik sollte zunächst konservativ mit Kompressions- und Übungsbehandlung therapiert werden. Thrombotische Komplikationen werden in der Regel ebenfalls konservativ behandelt. Meist wird man dabei eine Langzeitantikoagulation anstreben (Porhassan 2009; Obernosterer et al. 2002).
Bei ausgeprägter Schwellung und drohender Phlegmasie kann eine Katheterlyse alleine oder in Kombination mit anderen endoluminalen Therapieverfahren oder eine operative Thrombektomie in Kombination mit einer intraoperativen Lysetherapie oder gar ein Gefäßersatz indiziert sein (Porhassan 2009).
Literatur
Obernosterer A, Aschauer M, Schnedl W, Lipp RW (2002) Anomalies of the inferior vena cava in patients with iliac venous thrombosis. Ann Intern Med 136:37–41CrossRefPubMed
Porhassan S (2009) Venöse Gefäßmissbildungen. In: Cissarek T, Kröger K, Santosa F, Zeller T (Hrsg) Gefäßmedizin – Therapie und Praxis. ABW Wissenschaftsverlag GmbH, Berlin