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Klinische Neurologie
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Publiziert am: 27.07.2017

Anatomie: Blutversorgung

Verfasst von: Cindy Richter, Elke Brylla und Ingo Bechmann
Um zerebrovaskuläre Erkrankungen zu verstehen, ist das Wissen der physiologischen Blutversorgung unabdingbar. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die wichtigen Stromgebiete des Gehirns und Rückenmarks unter Berücksichtigung der klinischen Abschnittseinteilungen der Gefäße. Der Blutfluss des Gehirns unterliegt einer Autoregulation. Die A. carotis interna und das vertebrobasiläre System sind über den Circulus arteriosus cerebri verbunden. Der Blutabfluss des Gehirns erfolgt über oberflächliche und tiefe Venen in die Sinus durae matris, welche hauptsächlich in die V. jugularis interna münden. Die Versorgung des Rückenmarks wird über längs verlaufende Anastomosengefäße aus der A. spinalis anterior und den Aa. spinales posteriores gewährleistet. Der venöse Abfluss ist segmental über Vv. radiculares und Venenplexus mit Abfluss über das Azygossystem in die V. cava superior organisiert.

Autoregulation des zerebralen Blutflusses (CBF)

Das Gehirn hat einen hohen Energiebedarf bei einer sehr beschränkten Speicherkapazität, wodurch der CBF entscheidend für seine Arbeitsfähigkeit wird. Aus diesem Grund findet zwischen 50 und 180 mmHg des peripheren Blutdrucks eine zerebrale Autoregulation durch das vegetative Nervensystem und lokale Signalmoleküle statt. Die zuführenden Gefäße sind durch ein Geflecht aus noradrenergen, cholinergen, peptidergen und sensorischen Fasern umgeben, wodurch der Blutzufluss über den Gefäßtonus reguliert wird. Darüber hinaus kann die Durchblutung an die Aktivität einzelner Hirnbereiche mittels vasoaktiver Substanzen wie Stickstoffmonoxid (NO) angepasst werden. Zusätzlich erlaubt der Circulus arteriosus cerebri (Abb. 1) durch Kurzschlüsse der Stromgebiete untereinander eine Umverteilung des Blutflusses zwischen den Hemisphären.
Klinischer Bezug
Angewendet wird das Wissen zur Autoregulation bei der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT). Da sauerstoffreiches und sauerstoffarmes Blut unterschiedliche Magnetisierungseigenschaften (Suszeptibilität) besitzen, können funktionell aktive Hirnzentren durch ihren hohen Sauerstoffbedarf kenntlich gemacht werden.

Arterien des Gehirns

Die Gefäßnamen sind meist schon sehr alt und orientieren sich nur an auffallenden topografischen Merkmalen, sodass nur ein Teilversorgungsgebiet daraus abgeleitet werden kann. Die sog. Kleinhirnarterien versorgen beispielsweise ebenfalls Anteile des Hirnstamms, weshalb ein proximaler Verschluss durchaus zu Hirnstammsyndromen führen kann. Die Abkürzungen der Gefäßnamen stammen häufig aus dem Englischen, z. B. steht PICA für „posterior inferior cerebellar artery“. Für die Lokalisation von Gefäßveränderungen ist es wichtig, den betroffenen Abschnitt genau anzugeben. In der internationalen Einteilung beschreibt 0 den Abgangsbereich der Gefäße und die höchste Zahl den am weitesten distal gelegenen Abschnitt eines Gefäßes. Die zuführenden Gefäße werden in Segmente unterteilt, wohingegen deren Äste üblicherweise in Partes gegliedert werden. In diesem Abschnitt werden die klinisch-relevanten Einteilungen der zerebralen Gefäße mit wichtigen Versorgungsgebieten vorgestellt. Im Sinne der Übersichtlichkeit wurde auf eine detaillierte Aufzählung aller zerebralen Gefäßäste verzichtet.

Stromgebiet der A. carotis interna (ACI)

Die ACI versorgt den gesamten Frontal- und Parietallappen, den anterolateralen Temporallappen, die Hypophyse und das Auge. In ca. 30 % treten anatomische Variationen der ACI auf, welche meist zufällig diagnostiziert werden. Die Karotisbifurkation liegt in den meisten Fällen (ca. 60 %) am oberen Schilddrüsenpol auf Höhe von Halswirbelkörper (HWK) 4. Im Verlauf des Gefäßes kann es zu ausgedehnten Windungen und/oder Schleifenbildungen kommen. Bei der Einteilung der Gefäßabschnitte ist die klinische Einteilung nach Bouthillier (Bouthillier et al. 1996) mit 7 Segmenten (C1–C7, Abb. 2) wesentlich detaillierter als die Terminologia anatomica (1998) mit 4 Abschnitten (Partes cervicalis, petrosa, cavernosa et cerebralis).
  • C1 – zervikales Segment:
    • Häufige Erweiterung zum Bulbus caroticus im Anfangsabschnitt
    • Verlauf mediodorsal der Mandibula zum Canalis caroticus
    • Astlos
  • C2 – petröses Segment:
    • Enge topografische Beziehung zur rostralen Wand der Paukenhöhle (Paries caroticus)
    • Rostromedialer Bogen – „Karotisknie“
  • C3 – Foramen-lacerum-Segment:
    • Lage auf dem Foramen lacerum
  • C4 – kavernöses Segment:
    • S-förmiger Verlauf im Sinus cavernosus („Karotissiphon“)
    • Äste zur Hypophyse (A. hypophysialis inferior), zum Ganglion trigeminale (Rr. ganglionares trigeminales) und zur Dura mater (R. meningeus)
Klinischer Bezug
Rupturiert ein Aneurysma in diesem Abschnitt, entsteht durch die intrasinusoidale Lage eine arteriovenöse Fistel, die einen Exophthalmus verursachen kann.
  • C5 – Klinoid-Segment:
    • Durchbruch durch die Dura mater mediodorsal des Proc. clinoideus anterior
    • Sehr kurzer astloser Abschnitt
  • C6 – ophthalmisches Segment/supraklinoidales Segment:
    • Abgang der A. ophthalmica (gemeinsamer Eintritt mit dem N. opticus in den Canalis opticus)
  • C7 – terminales Segment:
    • Abgang der A. communicans posterior (PCoA) als Verbindung zum vertebrobasilären Stromgebiet
    • Abgang der A. hypophysialis superior
    • Abgang der A. choroidea anterior mit Versorgung von Tractus opticus, Crus posterius der Capsula interna, Uncus, Hippocampus und Basalganglien
    • T-förmige Verzweigung lateral des Chiasma opticum in die A. cerebri anterior und A. cerebri media
Klinischer Bezug
Die A. cerebri posterior geht entwicklungsgeschichtlich aus der ACI hervor und die PCoA ist ursprünglich der Anfangsteil der A. cerebri posterior. Bei ca. 10 % der Bevölkerung bleibt dieser Direktabgang aus der ACI als „fetaler Versorgungstyp“ erhalten, sodass ein P1-Segment auf dieser Seite fehlt oder nur hypoplastisch als PCoA ausgebildet ist.
A. cerebri anterior (ACA)
Die ACA versorgt den medialen Frontal- und medialen Parietallappen sowie die basalen Vorderhirnstrukturen. Die ACA verläuft als dünnerer Ast der ACI medial über dem N. opticus nach rostral und tritt in die Fissura longitudinalis ein, wo beide ACA über die A. communicans anterior (ACoA) miteinander verbunden sind. Die ACoA ist eine häufige Prädilektionsstelle für Aneurysmen und die Grenze zur klinischen Einteilung in das A1- und A2-Segement. Dieses Anastomosengefäß gibt selbst feine Äste zum Chiasma opticum, Infundibulum und zur präoptischen Region des Hypothalamus ab.
  • A1 – Pars praecommunicalis:
    • Kurzer Abschnitt (14 mm lang)
    • Aa. centrales breves für die Versorgung des Chiasma opticum, des N. opticus, des vorderen Teils des Hypothalamus und des vorderen Schenkels der Capsula interna
  • A2 – Pars postcommunicalis:
    • Abgang der rückläufigen A. centralis longa (Heubner-Arterie) mit Eintritt über die Substantia perforata anterior ins frontobasale Gehirn
    • Fortsetzung als A. pericallosa über dem Corpus callosum
    • Abgang von meist 5 großen terminalen Ästen mit Verzweigung auf dem medialen frontoparietalen Kortex, 1–2 cm über die Mantelkante hinweg
Klinischer Bezug
Bei einem Verschluss der ACA sind die Gyri prae- und postcentralis mit ihren medialen Anteilen betroffen, was überwiegend eine beinbetonte Parese und Hypästhesie bedingt. Das Caput nuclei caudati wird meist von der A. cerebri anterior versorgt und gilt bei ischämischen Infarkten als wichtige territoriale Grenze.
A. cerebi media (MCA)
Die MCA versorgt die Basalganglien (ohne Caput nuclei caudati), das Knie der Capsula interna, die Inselrinde, große laterale Anteile des Frontal-, Parietal- und Temporallappens. Sie setzt als stärkstes Gefäß die Verlaufsrichtung der ACI fort, indem sie nach lateral in den Sulcus lateralis (Sylvische Fissur) zieht. Es werden anatomisch und klinisch 4, teilweise 5 Gefäßabschnitte (M1–M4, Abb. 3) unterschieden, wobei das M5-Segment eine unklar abgegrenzte Unterteilung der Pars terminalis darstellt.
  • M1 – Pars sphenoidalis:
    • Abgang von 8–10 dünnen lenticulostriatalen Ästen über der Substantia perforata anterior zu den Basalganglien und zum Knie der Capsula interna
  • M2 – Pars insularis:
    • „Mediaknie“: Aufteilung in zwei (20 %) oder mehr Äste am Limen insulae (Grenze zur Substantia perforata anterior)
  • M3 – Pars opercularis:
    • Änderung der Verlaufsrichtung zur Oberfläche des frontalen und parietalen Operculums
  • M4 – Pars terminalis:
    • Kortikale Äste nach Verlassen des Sulcus lateralis auf dem superolateralen Frontal- und Parietallappen, oberen Temporal- und vorderen Okzipitallappen
Klinischer Bezug
Infarkte und ischämische Attacken betreffen wesentlich häufiger die MCA als die ACA und PCA. Ein M1-Verschluss hat durch die Beteiligung der Capsula interna eine kontralaterale Hemiparese zur Folge. Die M4-Äste versorgen den Gyrus praecentralis und den Gyrus postcentralis fast bis zur Mantelkante, was bei einer Schädigung eine kontralaterale brachiofazial betonte Parese bzw. Hypästhesie verursacht. Die Gratiolet-Sehstrahlung zählt ebenfalls zum hinteren Mediastromgebiet und kann bei Schädigung zu einer kontralateralen homonymen Hemianopsie führen.

Vertebrobasiläres Stromgebiet

Das vertebrobasiläre System versorgt den Hirnstamm mit dem Kleinhirn sowie anteilig das Großhirn und das Rückenmark.
A. vertebralis (VA)
Die VAs besitzen häufig anlagebedingt einseitige Hypoplasien ohne krankhaften Wert. Es werden anatomisch und klinisch 4 Gefäßabschnitte (V1–V4, Abb. 2) unterschieden.
  • V1 – extrakanalikuläres Segment:
    • Abgang aus der A. subclavia, selten direkt aus dem Aortenbogen
    • Verlauf nach dorsal in Richtung auf den Proc. transversus des 7. Halswirbels (HW)
  • V2 – intrakanalikuläres Segment:
    • Verlauf in Foramina transversaria (HW 6–2)
    • Sehr enge topografische Beziehung zu den Nervenwurzeln
  • V3 – atlantoaxiales Segment – Atlasschleife:
    • Austritt aus dem Foramen transversarium des Axis und Verlauf nach lateral zum Foramen transversarium des Atlas
    • Verlauf dorsal der Massa lateralis (seitliche Verstärkung des Atlasbogens) im Sulcus arteriae vertebralis
    • Die Atlasschleife stellt eine wichtige Reserveschlinge für die Kopfbewegungen dar.
  • V4 – terminales Segment:
    • Durchbruch durch die Membrana atlantooccipitalis posterior
    • Durchtritt durch die Dura und Arachnoidea auf Höhe des Foramen magnum
    • Subarachnoidaler Verlauf mit Abgang der A. cerebelli inferior posterior und A. spinalis anterior
    • Vereinigung der paarigen VA zur A. basilaris
Klinischer Bezug
In der Sonografie wird die A. vertebralis abgangsnah häufig mit der A. thyroidea inferior verwechselt, welche aus dem Truncus thyrocervicalis hervorgeht.
A. basilaris
Die VAs vereinigen sich zur A. basilaris überwiegend am Ponsunterrand, selten schon auf Höhe der Medulla oblongata. Klinisch und anatomisch werden keine Segmente unterschieden. In ihrem Verlauf gibt sie die paarige A. cerebelli inferior anterior (AICA), die Aa. pontis und die paarige A. cerebelli superior (SUCA) ab. Die A. labyrinthi zur Versorgung des Innenohrs kann direkt aus der A. basilaris oder aus der AICA hervorgehen. Am pontomesenzephalen Übergang erfolgt die Aufteilung der A. basilaris in die paarige A. cerebri posterior (ca. 90 %).
A. cerebri posterior (PCA)
Die PCA versorgt den Okzipitallappen und den basalen Teil des Temporallappens sowie kaudale Abschnitte von Striatum und Thalamus. Sie verzweigt sich an der medialen Fläche des Okzipitallappens und an der mediobasalen Fläche des Temporallappens. Der Thalamus wird vollständig aus dem vertebrobasilären Stromgebiet durch Äste der PCoA (vordere Anteile) und der PCA (P1–P2, mittlere und hintere Anteile) versorgt. Durchblutungsstörungen des Thalamus und der Capsula interna können zu kontralateralen Hemihypästhesien und Hemiparesen führen. In ca. 90 % der Fälle ist die PCA nur über eine dünne PCoA mit der ACI verbunden. Eine häufige Gefäßvariation ist der entwicklungsgeschichtlich bedingte Abgang der PCA aus der ACI (ca. 10 %).
Es werden drei Abschnitte (P1–P3, Abb. 4) der PCA unterschieden.
  • P1 – Pars precommunicalis:
    • Sehr kurzes Segment
    • Äste zur Substantia perforata posterior mit anteiliger Versorgung des Mesencephalons und des Thalamus
  • P2 – Pars postcommunicalis:
    • Abgang der PCoA
    • Bogenförmiger Verlauf durch die Cisterna ambiens in Begleitung der V. basalis (Rosenthal)
    • Abgang der Äste für den medialen und basalen Temporallappen am dorsalen Rand des Mesencephalons
  • P3 – Pars quadrigemina:
    • Gefäßabschnitt zwischen der Hinterkante des Hirnstamms und dem Sulcus calcarinus
    • Bifurkation in meist 2 gleich große Hauptäste, A. occipitalis medialis (A. parietooccipitalis und A. calcarina) und A. occipitalis lateralis (A. temporalis inferior posterior), häufig auch als P4-Segment bezeichnet
Klinischer Bezug
Ein ischämischer Schlaganfall im Posteriorstromgebiet kann zu einer kontralateralen homonymen Hemianopsie führen, da die A. calcarina die Area striata in 25 % allein versorgt. Meist wird die Sehrinde partiell von Nachbararterien mitversorgt.

Arterien des Hirnstamms und des Kleinhirns

Die Medulla oblongata wird hauptsächlich aus Seitenästen der A. spinalis anterior, Aa. spinales posteriores, VA und A. cerebelli inferior posterior (PICA) versorgt. Kurz vor dem pontomedullären Übergang kommen Äste der A. basilaris und A. cerebelli inferior anterior (AICA) hinzu. Für den Pons sind im Wesentlichen Äste der A. basilaris, AICA und A. cerebelli superior (SUCA) von Bedeutung. Das Mesencephalon wird hingegen überwiegend von proximalen Ästen aus der PCA versorgt. Weiterhin beteiligen sich die A. choroidea anterior und Gefäßäste der SUCA.
Das Cerebellum wird von seinen drei paarigen Arterien mit hoher interindividueller Variabilität versorgt (Abb. 5):
  • A. cerebelli inferior posterior (PICA) ← A. vertebralis
  • A. cerebelli inferior anterior (AICA) ← A. basilaris
  • A. cerebelli superior (SUCA) ← A. basilaris
Die PICA teilt sich in einen medialen und einen lateralen Ast, um den inferioren Vermis cerebelli, die laterale Medulla oblongata und die posteroinferioren Kleinhirnhemisphären zu versorgen. Die AICA vaskularisiert den Pedunculus cerebellaris medius und inferior, den unteren lateralen Pons und Teile des ventralen Cerebellums mit dem paarigen Flocculus. Die SUCA besitzt einen medialen und einen lateralen Ast. Ihre Versorgungsgebiete sind der obere laterale Pons, der obere Vermis cerebelli, der Pedunculus cerebellaris superior und die obere Kleinhirnhemisphäre. Kleinhirninfarkte können als Folge der sehr variablen Gefäßversorgung unterschiedliche Territorien betreffen.
Klinischer Bezug
Die PICA kann in geringen Prozentsätzen auch einseitig oder beidseitig fehlen. Als „PICA ending“ wird eine meist hypoplastische VA bezeichnet, die als PICA endet und keine Verbindung zur A. basilaris aufweist. Bei proximalen Stenosen der VA kommt es häufig zu einer retrograden Füllung der PICA über die Gegenseite.
Während der Fetalperiode gibt es sog. Primitivarterien, die das Stromgebiet der späteren ACI und VA (karotidobasiläre Anastomosen) miteinander verbinden. Sie obliterieren der Reihe nach, wenn sich die PCoA ausbildet: A. otica → A. hypoglossica → A. proatlantica → A. trigemina. Bleiben sie bestehen, stellen sie Prädilektionsstellen für Aneurysmen dar.

Venen und Sinus durae matris des Gehirns

Das Blut verlässt passiv ohne spezielle Regulation das Gehirn vorwiegend über Venen, welche in venöse Sinus münden und letztlich das Blut in die paarige V. jugularis interna überleiten. Hirnvenen und die venösen Sinus besitzen keine Klappen. Sie sind immer geöffnet.
Kleinere Venen aus dem Parenchym speisen zwei Systeme. Das oberflächliche System im Subarachnoidalraum auf der Hirnoberfläche (Vv. cerebri superficiales) nimmt das Blut hauptsächlich aus den Rindengebieten des Cerebrums und Cerebellums auf. Von diesen Venen gehen kleine „Brückenvenen“ ab, die in Sinusnähe die Arachnoidea mater durchbrechen, kurzzeitig im Subduralraum verlaufen und in die Sinus durae matris einmünden. Sie können bei Traumata leicht verletzt werden und zu einer subduralen Blutung zwischen Arachnoidea und Dura führen.
Das tiefe System hingegen sammelt das Blut aus den tiefen medullären und nukleären Hirnanteilen in die paarige V. cerebri interna und die paarige V. basalis (Rosenthal). Diese 4 Venen fließen in der V. magna cerebri (Galeni) zusammen, welche nach kurzem Verlauf in den Sinus rectus mündet. Hirnvenen verlaufen räumlich unabhängig von den Hirnarterien. Die tiefen Venen stellen radiologische Landmarken dar, wohingegen es wenige oberflächliche Venen gibt, die eine konstante Lokalisation haben:
  • Bildung der V. media superficialis cerebri nahe dem Sulcus lateralis → Sinus sphenoparietalis
  • V. media superficialis cerebri → V. anastomotica superior (Trolard) → Sinus sagittalis superior
  • V. media superficialis cerebri → V. anastomotica inferior (Labbé) → Sinus transversus
Klinischer Bezug
Die Vv. emissariae verbinden durch Öffnungen im Schädel die Sinus durae matris mit Diploevenen und äußeren Kopfvenen. Durch fehlende Klappen ist ein Blutfluss in beide Richtungen möglich, sodass sie intrakranielle Druckschwankungen ausgleichen können. Sie stellen aber auch eine Eintrittspforte für Infektionen dar.

Arterien des Rückenmarks

Das Rückenmark wird durch 3 längs orientierte Gefäße (A. spinalis anterior und Aa. spinales posteriores) und ein quer verlaufendes Gefäßnetz versorgt, die aus segmentalen Zuflüssen gespeist werden. Die A. spinalis anterior verläuft in der Fissura mediana anterior als unpaarer Stamm. Dieses durchgehende Gefäß endet stark verjüngt am Filum terminale.
Zum Stromgebiet der A. spinalis anterior zählen das motorische Vorderhorn, die Basis der Hinterhörner und der Vorderseitenstrang. Die Aa. spinales posteriores versorgen die dorsalen Anteile der grauen Substanz und den Hinterstrang. Diese Längsanastomosen sind in Angiogrammen teils über zarte Gefäßnetze verbunden.
Die segmentalen Zuflüsse für das Rückenmark lassen sich in 3 Versorgungsterritorien unterteilen.
  • Zervikal: A. subclavia → Aa. vertebrales, A. cervicalis profunda et ascendens
  • Thorakal: Aorta thoracica → Aa. intercostales posteriores
  • Lumbal: Aorta abdominalis → Aa. lumbales
Ursprünglich existieren 31 paarige Aa. medullares segmentales als segmentale Zuflüsse, von denen sich in der Entwicklung etwa ¾ zurückbilden.
Klinischer Bezug
Der Lumbosakralbereich wird durch die bis zu 2 mm starke A. radicularis magna (Adamkiewicz) gespeist, welche in variabler Höhe BWK 9–LWK 1 das Rückenmark erreicht. Eingriffe bei Bauchaortenaneurysmen können zu spinalen Ischämien führen, wenn große segmentale Zuflüsse verlegt werden (Estrera 2016).

Venen des Rückenmarks

Über intramedulläre Venen gelangt das Blut in Vv. perimedullares auf die piale Oberfläche des Rückenmarks. Es bilden sich zwei durchgehende venöse Längsstämme, die V. spinalis anterior in der Fissura mediana anterior und die V. spinalis posterior im Sulcus medianus posterior. Aus dem pialen Venengeflecht wird das Blut durch Vv. radiculares in den Plexus venosus vertebralis internus und anschließend über Vv. intervertebrales in den Plexus venosus vertebralis externus weitergeleitet. Die Vv. intervertebrales besitzen Klappen und verhindern damit einen Rückfluss aus dem Körperkreislauf.
Klinischer Bezug
Die Vv. radiculares verlassen in enger topografischer Beziehung zu den Nervenwurzeln den Durasack. Gestaute venöse Plexus können daher die abgehenden Nervenwurzeln komprimieren.

Facharztfragen

  • Wie wird der zerebrale Blutfluss reguliert?
  • Welche Veränderungen sehen Sie bei einem Patienten mit einem fetalen Versorgungstyp und ipsilateraler Karotisstenose in der zerebralen Perfusion?
  • Durch welche Gefäße wird die Capsula interna versorgt?
  • In welchen Symptomen unterscheiden sich ein linksseitig vorderer und ein linksseitig hinterer ischämischer Mediainfarkt?
Literatur
Bouthillier A, van Loveren HR, Keller JT (1996) Segments of the internal carotid artery: a new classification. Neurosurgery 38:425–432; discussion 432–423PubMed
Estrera AL (2016) The artery of Adamkiewicz: more interesting than practical? J Thorac Cardiovasc Surg 151:129–130CrossRefPubMed
FCAT (Federative Committee on Anatomical Terminology) (1998): Terminologia Anatomica. Thieme. Stuttgart-New York.