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5-α-Reduktase-Genmutation

Verfasst von: M. Bidlingmaier
5-α-Reduktase-Genmutation
Synonym(e)
Steroid-5-alpha-Reduktase-Genmutation
Englischer Begriff
5-alpha reductase gene mutation
Definition
Sammelbezeichnung für Mutationen in den Genen der Isoenzyme der 5-α-Reduktase. Klinisch relevant sind insbesondere Mutationen im Gen der 5-alpha-Reduktase Typ 2 (SRD5A2).
Beschreibung
Die 5-α-Reduktase ist ein Enzym aus der Gruppe der Oxidoreduktasen. Im Steroidmetabolismus katalysiert es die Reduktion von 3-Oxo-Δ4,5-Steroiden, insbesondere die Reduktion von Testosteron zum biologisch aktiveren Dihydrotestosteron (DHT). Es sind 3 Isoenzyme beschrieben (SRD5A1, SRD5A2 und SRD5A3), deren Gene auf unterschiedlichen Chromosomen liegen. Die Isoenzyme unterscheiden sich hinsichtlich Gewebsdistribution und Affinität zum Testosteron. Im Gen der 5-α-Reduktase Typ 2 sind über 50 autosomal rezessiv vererbte Mutationen beschrieben.
Der resultierende 5-α-Reduktase-Mangel stellt eine seltene Form der 46,XY-Varianten der Geschlechtsentwicklung („disorders of sex development“, DSD) dar, bei der es bei betroffenen männlichen Nachkommen abhängig vom Grad der Inaktivierung des Enzyms zum teilweisen oder kompletten Ausbleiben der normalen Entwicklung des männlichen Genitales kommt (männlicher Pseudohermaphroditismus). Die phänotypisch weiblichen Neugeborenen mit 46,XY-Karotyp haben häufig eine Pseudovagina, einen Mikropenis oder eine Hypospadie (pseudovaginale perineoskrotale Hypospadie), jedoch sind die aus dem Wolff-Gang abgeleiteten Strukturen (Samenblase, Ductus deferens und Epidymidis) entwickelt. Im Verlauf der Pubertät kommt es in testosteronsensitiven Geweben durch die stark gestiegene Testosteronproduktion zu einer teilweisen Virilisierung mit Stimmbruch und muskelanabolen Effekten. Der Behaarungstyp bleibt jedoch aufgrund der DHT-Abhängigkeit der Haarwurzelzellen weiblich, ebenso besteht eine Prostatahypoplasie, die normale postpubertäre Vergrößerung bleibt aus. Labordiagnostisch finden sich hohe Testosteronkonzentrationen bei erniedrigtem DHT, der Nachweis einer DNA-Mutation erfolgt durch die komplette Sequenzierung des aus 5 Exons bestehenden SRD5A2-Gens.
Eventuelle therapeutische Interventionen hängen stark vom Zeitpunkt der Diagnosestellung und von der Geschlechtsidentität der betroffenen Männer ab. Wachsen sie als Mädchen auf, kann die operative Entfernung der Gonaden zur Verhinderung einer weiteren Virilisierung und ggf. die operative Korrektur des äußeren Genitales erwogen werden. Bei bereits entwickelter klar männlicher Geschlechtsidentität kann die Virilisierung mit DHT-Präparaten unterstützt werden. Homozygote Frauen mit 5-α-Reduktase-Mangel zeigen eine unauffällig weibliche Entwicklung, die Fertilität ist nicht beeinträchtigt.
Literatur
Maimoun L, Philibert P, Cammas B, Audran F, Bouchard P, Fenichel P, Cartigny M, Pienkowski C, Polak M, Skordis N, Mazen I, Ocal G, Berberoglu M, Reynaud R, Baumann C, Cabrol S, Simon D, Kayemba-Kay's K, De Kerdanet M, Kurtz F, Leheup B, Heinrichs C, Tenoutasse S, Van Vliet G, Grüters A, Eunice M, Ammini AC, Hafez M, Hochberg Z, Einaudi S, Al Mawlawi H, Nuñez CJ, Servant N, Lumbroso S, Paris F, Sultan C (2011) Phenotypical, biological, and molecular heterogeneity of 5α-reductase deficiency: an extensive international experience of 55 patients. J Clin Endocrinol Metab 96(2):296–307. https://​doi.​org/​10.​1210/​jc.​2010-1024CrossRefPubMed