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Autoantikörper gegen Acetylcholinrezeptoren

Verfasst von: W. Stöcker und C. Krüger
Autoantikörper gegen Acetylcholinrezeptoren
Synonym(e)
Acetylcholinrezeptor-Antikörper; Anti-AChR-Antikörper; ACHRAB
Englischer Begriff
acetylcholine receptor antibodies; anti-AChR antibodies; ACHRAB
Definition
Autoantikörper gegen Acetylcholinrezeptoren.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Das korrespondierende Autoantigen ist auf der motorischen Endplatte der Skelettmuskelfasern lokalisiert. Die Acetylcholinrezeptoren der Skelettmuskulatur sind aus zwei α- sowie je einer β-, δ- und γ- bzw. ε-Einheit zusammengesetzt. Gegen alle Untereinheiten können Autoantikörper gebildet werden, die meisten sind jedoch gegen eine Region des extrazellulären Teils der α-Ketten gerichtet. Die α-Ketten enthalten auch die Bindungsstellen für den Neurotransmitter Acetylcholin bzw. seine Agonisten wie Nikotin oder Toxine wie α-Bungarotoxin.
Von den Acetylcholinrezeptoren der motorischen Endplatte sind muskarinische Acetylcholinrezeptoren des parasympathischen Nervensystems zu unterscheiden. Diese werden ebenfalls durch Acetylcholin aktiviert, aber auch durch Muscarin; s. a. Autoantikörper gegen ganglionische Acetylcholinrezeptoren.
Funktion – Pathophysiologie
Die korrespondierenden Autoantikörper binden an die Acetylcholinrezeptoren der motorischen Endplatte und behindern die neuromuskuläre Reizübertragung. Die Antikörper-beladenen Rezeptoren werden darüber hinaus in die Zellen aufgenommen und abgebaut, wodurch sich ihre Anzahl reduziert. Es stehen nicht mehr ausreichend viele Acetylcholinrezeptoren für die neurogene Muskelaktivierung und damit die Muskelkontraktion zur Verfügung. Wiederholte Nervenimpulse verschlimmern die Situation, da die verbliebenen Acetylcholinrezeptoren hierdurch noch desensitiviert werden. Das Resultat sind Muskelschwäche und extreme Ermüdbarkeit der Skelettmuskeln. Die ausgeprägte Schwäche lebenswichtiger Muskeln kann zum Tode führen. Das entsprechende Krankheitsbild wird als Myasthenia gravis (MG) bezeichnet.
Untersuchungsmaterial
Probenstabilität
Autoantikörper sind bei +4 °C bis zu 2 Wochen, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig.
Analytik
Anti-Acetylcholinrezeptor-Antikörper können mittels Radiorezeptorassays bestimmt werden: Nach Inkubation des Patientenserums mit 125I-Bungarotoxin-markierten, gereinigten Acetylcholinrezeptoren wird durch einen Sekundärantikörper präzipitiert und die Radioaktivität im Präzipitat gemessen. Enzyme-linked Immunosorbent Assay-Systeme mit rekombinantem Antigen stehen ebenfalls zur Verfügung, für die indirekte Immunfluoreszenz (Immunfluoreszenz, indirekte) gibt es mit spezifischem Antigen transfizierte humane Zelllinien.
Referenzbereich – Erwachsene
Negativ: <0,25 nmol/L; grenzwertig: 0,25–0,40 nmol/L; positiv: ≥0,40 nmol/L.
Referenzbereich – Kinder
S. Erwachsene.
Indikation
Interpretation
Autoantikörper gegen Acetylcholinrezeptoren gelten als pathognomonisch für die MG. Bei 75–90 % der Patienten mit aktiver und generalisierter MG und bei 45–70 % der Personen mit okulärer Myasthenie sind die Autoantikörper nachweisbar. Bei Patienten mit erblichen Formen der MG (etwa 5–10 % aller Fälle) werden keine Autoantikörper gefunden. Die diagnostische Spezifität der ACHRAB für die MG ist nahezu 100 %, auch gegenüber anderen muskulären Erkrankungen. Die Bestimmung der ACHRAB eignet sich gut zur Überwachung des individuellen Krankheitsverlaufs, da ihre Serumkonzentration mit der Intensität der Muskelschwäche korreliert.
Literatur
Lindstrom JM (2000) Acetylcholine receptors and myasthenia. Muscle Nerve 23:453–477CrossRefPubMed
McConville J, Vincent A (2002) Diseases of the neuromuscular junction. Curr Opin Pharmacol 2:296–301CrossRefPubMed