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Glutamat-Dehydrogenase

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Glutamat-Dehydrogenase
Synonym(e)
EC 1.4.1.3; GDH; GLDH
Englischer Begriff
glutamate dehydrogenase; GD; GDH
Definition
Die GLDH ist ein vorwiegend in der Leber, dort in den Mitochondrien der Hepatozyten lokalisiertes Enzym der reversiblen oxidativen Desaminierung von 2-Oxoglutarat zu L-Glutamat, dessen Aktivität im Serum diagnostisch als Kenngröße der Leberzellnekrose eingesetzt wird.
Molmasse
350 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
GLDH befindet sich mit relativ hohen spezifischen Aktivitäten in Leber, Myokard und Nieren, mit geringen Aktivitäten in Hirn, Skelettmuskel, Erythrozyten und Leukozyten. Es ist mitochondrial lokalisiert und im Lebergewebe im Azinus-zentralen Läppchenbereich der Zone 3, in der Umgebung der Zentralvene angereichert (im Vergleich zur periportalen Zone 1). GLDH ist ein zur Polymerisierung neigendes, aus 6 Untereinheiten bestehendes, zinkhaltiges Enzym, welches die reversible Reaktion
katalysiert. Statt NAD+ kann auch NADP+ als Elektronenakzeptor wirken. Die Reaktion dient einerseits der Glutamatsynthese, andererseits der vorläufigen Ammonium-Fixierung und somit der Ammoniakentgiftung, da das Gleichgewicht weit auf der Seite von Glutamat und NAD+ liegt.
Halbwertszeit
18 Stunden.
Funktion – Pathophysiologie
Die Freisetzung der GLDH aus den Hepatozyten zeigt wegen dessen Kompartimentierung in den Mitochondrien und hohen Molmasse des Enzyms von 350 kDa eine tiefgreifende Zellschädigung, bevorzugt der Hepatozyten der vulnerablen Leberazinuszone 3, an. Die Halbwertszeit in der Zirkulation beträgt 18 Stunden. Da sich alkoholtoxische Leberschädigungen bevorzugt und frühzeitig in den Hepatozyten der Zone 3 manifestieren, sind isolierte GLDH-Erhöhungen im Serum ein klinisch-chemisches Frühsymptom der alkoholtoxischen Leberschädigung. Gleiches gilt für Stauungsleber bei Rechtsherzinsuffizienz, die bevorzugt die Freisetzung der GLDH aus den zentralvenösen Hepatozyten bewirkt.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Heparin-, EDTA-Plasma.
Probenstabilität
Der Aktivitätsverlust beträgt bei Raumtemperatur und bei 4 °C 30 % pro Woche, bei –20 °C ist die Aktivität bis zu 4 Wochen stabil.
Präanalytik
Hämolyse und Lipämie stören die Bestimmung.
Analytik
Die Aktivitätsbestimmung erfolgt im einfachen optischen Test nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie (Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie e.V. (DGKC)) (Schmidt et al. 1992) mit folgender Reaktion:
Die pro Zeiteinheit gemessene Abnahme der Absorption bei 334, 340 oder 366 nm durch Oxidation von NADH zu NAD+ ist der GLDH-Aktivität proportional. Die Methode ist präzise (VK <1,6 %), praktikabel und gut mechanisierbar.
Referenzbereich – Frauen
Bei 37 °C: ≤4,8 U/L (0,08 μkat/L).
Referenzbereich – Männer
Bei 37 °C: ≤6,4 U/L (0,11 μkat/L).
Referenzbereich – Kinder
Bei 37 °C:
Alter
Glutamatdehydrogenaseaktivität (U/L; kat/L)
Neugeborene bis 30 Tage
<9,8; 0,17
Kinder 1–6 Monate
<6,4; 0,11
Kinder 7–12 Monate
<5,2; 0,09
Kinder 13–24 Monate
<4,2; 0,07
Kinder 2–3 Jahre
<3,8; 0,06
Jugendliche 13–15 Jahre
<4,8; 0,08
Indikation
Diagnose und Verlaufskontrolle von Leberzellschädigungen.
Interpretation
Die Serumaktivität der GLDH ist praktisch leberspezifisch. Der GLDH-Transaminasenquotient kann die Aussagekraft erhöhen:
$$ \frac{\mathrm{AST}+\mathrm{ALT}}{\mathrm{GLDT}} $$
Je tiefgreifender die Zellnekrose, desto kleiner der Quotient. Starke Erhöhungen treten bei akuter Hepatitis, akuten toxischen Leberschädigungen (z. B. durch Halothan und Phalloidin), mäßige Erhöhungen bei Leberzirrhosen, Stauungsleber (bei Rechtsherzinsuffizienz) und Mononucleosis infectiosa mit Leberbeteiligung auf. Geringe Erhöhungen sind bei Myokardinfarkt, akuter Pankreatitis und Lebertumoren festzustellen.
Diagnostische Wertigkeit
Da alkoholische Leberschädigungen (Alkoholhepatitis) primär Hepatozyten der Zone 3 des Leberazinus betreffen, sind alkoholtoxische Lebererkrankungen frühzeitig durch relativ hohe GLDH-Anstiege gekennzeichnet. Ein selektiver und frühzeitiger GLDH-Anstieg im Serum hat deshalb eine besonders auf alkoholische Leberschädigung hinweisende Bedeutung.
Literatur
Schmidt E, Working Group on Enzymes (1992) Proposal of standard methods for the determination of enzyme catalytic concentrations in serum and plasma at 37   °C. III. Glutamate dehydrogenase. Eur J Clin Chem Clin Biochem 30:493–502